Redaktion: Herr Högel, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat heute gleich mehrere Warnungen veröffentlicht – unter anderem zur Website zukunftspartner.digital, zu northcapitalinvest.com sowie zu dubiosen WhatsApp-Gruppen, die mit Krypto-Investments werben. Was bedeuten diese Hinweise für Verbraucherinnen und Verbraucher ganz konkret?
Maurice Högel: Die heutige Vielzahl an Warnmeldungen zeigt, wie aktiv betrügerische Anbieter und Netzwerke derzeit im Finanz- und Kryptomarkt unterwegs sind. Für Verbraucher bedeutet das vor allem eines: höchste Vorsicht. Wer auf solchen Plattformen agiert, riskiert nicht nur, Geld zu verlieren – sondern macht sich möglicherweise sogar strafbar, etwa wenn man, wie im Fall von zukunftspartner.digital, als sogenannter Finanzagent tätig wird.
Redaktion: Was genau ist ein „Finanzagent“ in diesem Zusammenhang?
Högel: Das ist jemand, der über sein privates Bankkonto im Auftrag Dritter Gelder entgegennimmt und weiterleitet – häufig, ohne überhaupt zu wissen, dass er damit Teil eines Geldwäschesystems wird. Die Täter geben vor, es handele sich um eine seriöse Tätigkeit – z. B. eine Art Nebenjob im Homeoffice. Aber derartige Transaktionen sind erlaubnispflichtig nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG). Ohne Lizenz handelt es sich mindestens um eine Ordnungswidrigkeit, oft sogar um Beihilfe zur Geldwäsche oder Betrug.
Redaktion: Was raten Sie Personen, die bereits auf solche Jobangebote hereingefallen sind?
Högel: Ganz klar: Nicht abwarten, sondern sofort aktiv werden. Dokumentieren Sie alle Informationen, die Sie haben – E-Mails, WhatsApp-Nachrichten, Überweisungsbelege. Und dann sollten Sie sich umgehend an die Polizei oder Staatsanwaltschaft wenden. Parallel kann auch eine Meldung bei der BaFin sinnvoll sein. Wer sich passiv verhält, riskiert, selbst juristisch belangt zu werden – und am Ende haften Sie möglicherweise für das Geld, das über Ihr Konto gewaschen wurde.
Redaktion: Bei den anderen Fällen – etwa northcapitalinvest.com oder fusionlots.io – geht es um klassische Finanzdienstleistungen ohne BaFin-Erlaubnis. Worin liegt hier das Hauptproblem?
Högel: Das Hauptproblem ist der fehlende Anlegerschutz. Die Anbieter geben vor, reguliert zu sein – häufig mit gefälschten Lizenzen oder dem Missbrauch echter Finanzaufsichtsnummern. Anleger investieren mitunter hohe Summen, glauben, alles sei sicher – doch im Schadensfall gibt es keine Rückgriffsmöglichkeit. Weder die BaFin noch die Einlagensicherung haften für Geld, das bei einem nicht-lizensierten Anbieter verloren geht.
Redaktion: Was können betroffene Anleger tun, wenn sie bei einem solchen Anbieter Geld investiert haben?
Högel: Zunächst einmal: Sofortiger Kontaktabbruch mit dem Anbieter. Überweisen Sie kein weiteres Geld – auch wenn Ihnen versprochen wird, dass Sie durch eine zusätzliche Zahlung Ihre „Konten wieder freischalten“ oder „Steuern zahlen“ müssen. Das ist eine gängige Masche.
Dann sollten Sie Anzeige erstatten und sich rechtlich beraten lassen – etwa in Hinblick auf zivilrechtliche Rückforderungsansprüche. In einigen Fällen lassen sich Gelder über Banken oder Zahlungsdienstleister zurückverfolgen – aber das Zeitfenster ist eng. Je früher Sie handeln, desto besser.
Redaktion: Und wie kann man sich im Vorfeld schützen?
Högel: Es gibt ein paar einfache Regeln:
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Lizenz prüfen: Nutzen Sie die BaFin-Unternehmensdatenbank, um zu prüfen, ob ein Anbieter tatsächlich zugelassen ist.
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Misstrauisch bei Versprechen: Wenn ein Anbieter außergewöhnlich hohe Gewinne verspricht oder Druck ausübt, ist das immer ein Warnsignal.
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Keine Zahlungen ins Ausland ohne Prüfung: Viele Betrüger verwenden ausländische Konten, Briefkastenfirmen oder Krypto-Wallets.
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Keine Jobs annehmen, die mit Geldtransfer über das eigene Konto zu tun haben.
Redaktion: Die BaFin spricht auch von Identitätsmissbrauch. Wie erkennt man so etwas als Verbraucher?
Högel: Das ist schwierig – weil viele dieser Websites sehr professionell gemacht sind. Es gibt Impressen, Telefonnummern, scheinbare Lizenznummern. Erst beim genaueren Hinsehen erkennt man Widersprüche. Oft hilft es, den angeblichen Unternehmensnamen mit Begriffen wie „BaFin“, „Warnung“ oder „Scam“ zu googeln. Oder man fragt einen Rechtsanwalt oder die Verbraucherzentrale.
Redaktion: Ihr Fazit zu den heutigen Warnungen?
Högel: Die Bandbreite der heutigen BaFin-Hinweise zeigt: Verbraucher müssen heute mehr denn je wachsam sein. Hinter vermeintlich lukrativen Angeboten, sei es als Anleger oder als Jobsuchender, können sich strafbare und ruinöse Strukturen verbergen. Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein – ist es das meist auch.
Redaktion: Herr Högel, vielen Dank für Ihre Einschätzungen.
Högel: Sehr gerne.
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