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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: Was Verbraucher jetzt nach der Insolvenz der voltonic Solarsysteme GmbH tun sollten

geralt (CC0), Pixabay
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Redaktion: Herr Reime, das Amtsgericht Hagen hat am 5. Dezember 2025 das vorläufige Insolvenzverfahren über die voltonic Solarsysteme GmbH eröffnet. Was bedeutet dieser Schritt konkret für Kundinnen und Kunden?

Rechtsanwalt Jens Reime: Das bedeutet, dass das Unternehmen insolvent ist und derzeit ein sogenannter vorläufiger Insolvenzverwalter – in diesem Fall Dr. Martin Plappert – eingesetzt wurde, um die wirtschaftliche Lage zu prüfen und das Vermögen zu sichern. Kundinnen und Kunden, die beispielsweise Anzahlungen für Solaranlagen geleistet oder offene Forderungen gegen die Gesellschaft haben, müssen jetzt schnell reagieren, um ihre Rechte zu sichern.

Redaktion: Viele Verbraucher fragen sich jetzt: Ist mein Geld verloren? Was raten Sie Betroffenen?

Reime: Noch ist es zu früh für ein endgültiges Urteil. Aber klar ist: Wer bereits bezahlt hat, aber noch keine oder nur teilweise Leistungen erhalten hat, zählt im Insolvenzverfahren in der Regel zu den sogenannten „einfachen Insolvenzgläubigern“. Das bedeutet, dass ihre Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet werden müssen – mit der realistischen Aussicht, nur einen Bruchteil des Betrags zurückzubekommen. Wichtig ist, dass dies form- und fristgerecht geschieht.

Redaktion: Wie gehen Betroffene jetzt konkret vor?

Reime: Zunächst sollten alle Unterlagen gesammelt werden: Verträge, Rechnungen, Zahlungsnachweise, Kommunikation mit voltonic. Diese Dokumente bilden die Grundlage für die Forderungsanmeldung. Sobald das Insolvenzverfahren offiziell eröffnet ist – das ist noch nicht der Fall, wir befinden uns derzeit in der vorläufigen Phase – wird der Insolvenzverwalter die Gläubiger anschreiben und zur Anmeldung ihrer Forderungen auffordern.

Ich empfehle dringend, sich frühzeitig anwaltlich beraten zu lassen, um die rechtlichen Möglichkeiten auszuloten und Fehler bei der Forderungsanmeldung zu vermeiden.

Redaktion: Können Kundinnen und Kunden auch Eigentum an bereits gelieferten Modulen oder Komponenten geltend machen?

Reime: Das ist eine sehr gute Frage. Wenn Solarmodule oder Teile der Anlage bereits geliefert, aber noch nicht vollständig bezahlt oder installiert wurden, kommt es auf die vertraglichen Regelungen an – insbesondere auf sogenannte Eigentumsvorbehalte. In manchen Fällen kann hier ein Aussonderungsrecht bestehen, also das Recht, gelieferte Ware aus der Insolvenzmasse heraus zu verlangen. Das muss im Einzelfall geprüft werden.

Redaktion: Was ist mit neuen Kunden, die gerade einen Vertrag mit voltonic abgeschlossen haben?

Reime: Diese Personen sollten keine weiteren Zahlungen leisten, bevor nicht geklärt ist, wie es mit dem Unternehmen weitergeht. Durch die Anordnung des Gerichts dürfen nur noch Zahlungen an den vorläufigen Insolvenzverwalter erfolgen, nicht mehr direkt an das Unternehmen. Wer jetzt unbedacht überweist, riskiert den Totalverlust.

Redaktion: Wie bewerten Sie den Fall insgesamt aus Sicht des Verbraucherschutzes?

Reime: Der Fall zeigt leider erneut, wie wichtig es ist, Anbieter im Bereich erneuerbare Energien sorgfältig zu prüfen. Die Branche boomt – aber nicht jeder Anbieter arbeitet wirtschaftlich solide. Gerade bei Vorkasse-Zahlungen oder Ratenmodellen sollten Verbraucherinnen und Verbraucher auf Sicherheiten achten, etwa durch Bürgschaften, Treuhandkonten oder Zahlungspläne mit Absicherung.

Redaktion: Haben Betroffene eine Chance, über andere Wege – etwa über Versicherungen oder Vermittler – doch noch zu ihrem Recht zu kommen?

Reime: In Einzelfällen ja. Wenn etwa ein Vermittler oder Installationspartner in die Vertragsanbahnung involviert war und Fehler gemacht hat, könnte unter Umständen auch hier ein Schadensersatzanspruch bestehen. Das muss aber immer im Detail geprüft werden.

Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Reime.

Reime: Sehr gerne. Und mein Rat an alle Betroffenen: Bewahren Sie Ruhe, aber handeln Sie rechtzeitig. Wer seine Rechte kennt, kann sie besser durchsetzen.

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