„Wenn ein Anbieter angeblich 97 % Erfolgsquote hat, aber kein Impressum – dann sollten alle Alarmglocken schrillen.“
Frau Bontschev, immer wieder tauchen im Internet Anbieter auf, die angeblich hochprofessionelle Hilfe bei Krypto‑ und Online-Betrug anbieten. Aktuell sorgt eine Seite namens Orion für Aufmerksamkeit. Was ist Ihnen an dieser Seite zuerst aufgefallen?
Bontschev:
Das Auffälligste ist sofort sichtbar: Die Seite hat kein Impressum.
Das ist in der EU – und damit auch in Deutschland – gesetzlich vorgeschrieben, sobald ein Unternehmen geschäftsmäßig Dienstleistungen anbietet. Fehlt ein Impressum, weiß niemand:
- Wer steckt dahinter?
- Wer ist verantwortlich?
- Wo sitzt das Unternehmen?
- Welche Rechtsordnung gilt?
Für Verbraucher ist das ein massives Warnsignal.
Der Anbieter wirbt mit „97 % Erfolgsquote“, „Geld zurück in 14 Tagen“ und „6.400 zufriedenen Kunden“. Wie bewerten Sie solche Versprechen?
Bontschev:
Das sind typische Marketingbehauptungen, die sich nirgendwo nachprüfen lassen. Gerade im Umfeld von angeblichen „Recovery‑Dienstleistern“ sehen wir häufig:
- erfundene Erfolgsgeschichten
- nicht verifizierbare Zahlen
- künstlich erzeugter Vertrauensdruck
Seriöse Rechtsdienstleister geben keine Erfolgsquoten an – schon gar nicht im Bereich von Kryptobetrug, wo Ermittlungen oft Monate, nicht „14 Tage“ dauern.
Die Webseite gibt auch keinen Firmensitz an. Wie problematisch ist das?
Bontschev:
Extrem problematisch.
Ohne Transparenz über den Sitz des Unternehmens gibt es keine Möglichkeit, den Anbieter rechtlich zu greifen. Bei echten Kanzleien und Inkassodienstleistern finden Sie:
- Handelsregistereinträge
- Steuer- oder Registernummern
- vollständige Adressen
- Namen der Verantwortlichen
Hier fehlt alles.
Wenn ich nicht einmal weiß, in welchem Land die Firma sitzt, ist jede Vertragsbeziehung ein Blindflug.
Kann man herausfinden, ob die Firma überhaupt gewerblich tätig ist oder eine Historie hat?
Bontschev:
Mir liegen keine nachweisbaren Informationen über eine registrierte Firma, keine Unternehmensgeschichte und keine offiziellen Zulassungen vor.
Wenn ein Anbieter von „Blockchain‑Experten“, „Zertifikaten“ und „Rechtsvertretung“ spricht, aber keinen einzigen Namen eines Juristen nennt, sollte man sehr vorsichtig sein.
Es ist typisch für Fake-Recovery-Firmen, sich als „Anwälte“ auszugeben, ohne dass tatsächlich Anwälte beteiligt sind.
Die Seite beschreibt einen Prozess: Kontaktformular → Vertrag → sofortige Bearbeitung. Muss der Kunde vorher bezahlen?
Bontschev:
Sehr wahrscheinlich.
Viele Recovery-Betrüger nutzen Modelle wie:
- Vorkasse, oft mehrere hundert Euro
- angebliche „Blockchain-Analyse-Gebühren“
- prozentuale Erfolgsbeteiligung, die fällig wird, bevor etwas passiert
- „Rückerstattungsgarantie“, die nie eingehalten wird
Da kein Impressum und keine rechtsverbindlichen Angaben existieren, ist eine Rückforderung fast unmöglich.
Die Seite behauptet: „Wir erstatten Ihnen innerhalb von 14 Werktagen den gesamten Betrag zurück.“ Ist das realistisch?
Bontschev:
Nein.
Eine solche Garantie ist juristisch völlig absurd.
Die Rückholung von Geldern aus:
- Kryptowährungsüberweisungen
- internationalen Scam-Plattformen
- betrügerischen Brokern
… dauert realistisch Monate oder Jahre – und häufig ist sie gar nicht mehr möglich.
Wer „100 % Rückzahlung in 14 Tagen“ verspricht, vermittelt eine Sicherheit, die niemand seriös geben würde.
Viele Opfer fragen sich: Wie erkenne ich, ob ein Recovery-Service seriös ist?
Bontschev:
Ein seriöser Anbieter hat IMMER:
✓ vollständiges Impressum
✓ klaren Firmensitz
✓ nachprüfbare Eintragung im Handels- oder Anwaltsregister
✓ echte Ansprechpartner
✓ keine Erfolgsversprechen
✓ keine Druckmethoden
✓ keinen sofortigen Vertragsabschluss
Fehlt nur einer dieser Punkte, sollte man Abstand nehmen.
Fehlen gleich mehrere – wie hier – rate ich dringend davon ab, persönliche Daten oder Geld zu übermitteln.
Ihr abschließender Rat an Betroffene von Krypto- oder Brokerbetrug?
Bontschev:
Wenden Sie sich sofort an:
- eine reale, greifbare Kanzlei
- die Polizei
- Ihre Bank, wenn Chargebacks möglich sind
- die BaFin, falls Finanzdienstleister betroffen sind
Und ganz wichtig:
Gehen Sie nicht auf „Geld-zurück-in-14-Tagen“-Versprechen ein.
Sie könnten sonst ein zweites Mal Opfer werden – diesmal eines sogenannten Recovery-Scams, der das ursprüngliche Problem noch verschlimmert.
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