Stell dir vor, du siehst deinen Sohn das letzte Mal auf einem Musikfestival. Er tanzt, lacht, feiert das Leben. Stunden später ist er verschwunden – entführt, verschleppt, in den Gazastreifen gebracht. Seitdem: Stille.
So begann das neue Leben der Familie Bohbot. Ein Leben voller Warten, voller Angst – und voller Fragen, auf die es keine Antworten gibt.
Elkana Bohbot war 34 Jahre alt, als er am 7. Oktober 2023 beim Terroranschlag der Hamas auf das Supernova-Festival entführt wurde. Zusammen mit ihm verschwand auch der damals 23-jährige Yosef-Chaim Ohana. Seitdem wurden sie als Geiseln in Gaza festgehalten. Über 17 Monate lang gab es kein Lebenszeichen – bis jetzt.
In einem neuen Video, veröffentlicht von der Hamas, tauchten beide plötzlich wieder auf. Abgemagert, barfuß, in schlichten Gefängniskleidern, die Haare kurz geschoren. Sie sitzen in einem dunklen Raum, sprechen mit ruhiger, fast leiser Stimme – und flehen um ihr Leben.
Die Familie Bohbot hat das Video gesehen. Ihre Worte treffen mitten ins Herz:
„Stellen Sie sich vor, das wäre Ihr Sohn. Der Vater Ihres Enkels. Er lebt seit anderthalb Jahren in Dunkelheit, hört täglich Bomben, hat Angst – jede Sekunde.“
Elkana leidet an Asthma, an Haut- und Atemproblemen, sagen sie. Sein Zustand sei erschreckend. Er habe stark abgenommen, sei gesundheitlich angeschlagen. Und noch viel schlimmer: Er habe längst die Hoffnung verloren.
Im Video sprechen Elkana und Yosef-Chaim von der kurzen Waffenruhe im Januar. Sie sagen, dass in dieser Zeit mehr Hilfe nach Gaza kam, dass das Leben für sie ein klein wenig erträglicher wurde. Dann aber endete die Waffenruhe – Israel begann eine neue Offensive. Am 18. März, so erzählen sie, seien sie bei einem Luftangriff fast getötet worden.
Ihre letzten Worte richten sich an Ohad Ben Ami – einen ehemaligen Mitgefangenen, der im Februar im Rahmen eines Geiselabkommens freikam. „Bitte, sag der Welt, was wir hier durchmachen“, bitten sie ihn.
Und Ben Ami? Er hört ihren Ruf. In einer öffentlichen Erklärung sagt er: „Ich liebe euch. Ich vermisse euch. Ich werde alles tun, um euch nach Hause zu holen – auch wenn das bedeutet, dass die Kämpfe sofort aufhören müssen.“
Ben Ami erzählt, dass Hamas die Lebensbedingungen der Geiseln verschärft, sobald die Luftangriffe wieder beginnen. Weniger Essen, weniger Wasser, mehr Angst. Er weiß, wovon er spricht.
Währenddessen geht der Krieg weiter. Israel führt erneut Boden- und Luftangriffe durch, nachdem Gespräche über eine Verlängerung der Waffenruhe gescheitert sind. Ägypten und Katar versuchen zu vermitteln. Doch die Zeit für die Geiseln läuft.
Und so bleibt die Frage, die die Familie Bohbot an Premierminister Netanyahu und Präsident Trump richtet, im Raum stehen – eindringlich, verzweifelt, menschlich:
„Was würden Sie tun, wenn es Ihr Sohn wäre?“
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