Der britische Premierminister Keir Starmer steht vor seiner größten außenpolitischen Herausforderung: ein Treffen mit Donald Trump. Seit Monaten hat Starmer versucht, eine freundschaftliche Beziehung zum US-Präsidenten aufzubauen – mit Komplimenten, diplomatischen Gesten und viel Zurückhaltung bei Kritik. Nun ist es Zeit, eine Gegenleistung einzufordern.
Mission: Trump von Putin abbringen
Ein zentrales Thema bei dem Treffen: die Ukraine-Politik der USA. Trump hat sich in den letzten Monaten eher Putin-freundlich gezeigt, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj attackiert und Europa in den Friedensverhandlungen weitgehend ignoriert. Großbritannien und Frankreich wollen eine europäische Friedenstruppe vorbereiten, doch ohne US-Unterstützung bleibt dieses Vorhaben wirkungslos.
Starmer wird versuchen, Trump davon zu überzeugen, Europa nicht im Stich zu lassen und Selenskyj in die Verhandlungen einzubeziehen. Doch das Problem liegt auf der Hand: Trump braucht Starmer nicht – Starmer braucht Trump.
Geschenk vorab: Mehr Geld für Verteidigung
Um Trump zu beeindrucken, hat Starmer bereits vor dem Treffen eine Erhöhung der britischen Verteidigungsausgaben auf 2,5 % des BIP bis 2027 angekündigt – mit einem langfristigen Ziel von 3 %. Eine klare Botschaft: Großbritannien investiert in die NATO und erwartet, dass die USA sich nicht aus der Allianz zurückziehen.
Doch ob Trump diese Geste als Zeichen der „Loyalität“ akzeptiert oder als Schwäche auslegt, bleibt abzuwarten.
Europa gespalten im Umgang mit Trump
Starmer gehört zu jener Gruppe europäischer Politiker – neben Emmanuel Macron und Giorgia Meloni – die glauben, Trump könne durch Diplomatie und kluge Argumente wieder näher an Europa geführt werden.
Andere, wie Deutschlands wahrscheinlicher neuer Kanzler Friedrich Merz, sehen das anders. Merz erklärte nach seinem Wahlsieg, dass Europa unabhängiger von den USA werden müsse. Auch in Brüssel wächst die Skepsis, ob Europa sich weiterhin auf Amerika verlassen kann.
Alte Wunden und heikle Themen
Ein weiteres Problem für Starmer ist seine eigene Vergangenheit mit Trump. Während Trumps erster Amtszeit hatte Starmer als Oppositionspolitiker immer wieder scharfe Kritik an ihm geübt. Trump wiederum beschuldigte Starmer und die Labour-Partei später, sich in die US-Wahlen eingemischt zu haben.
Diese Altlasten könnten für unangenehme Momente sorgen, wenn die beiden Politiker nach ihrem Gespräch gemeinsam vor die Presse treten.
Die Chagos-Inseln: Ein „irrer“ Deal?
Neben der Ukraine steht ein weiteres, für Trump brisantes Thema auf der Agenda: die Zukunft der Chagos-Inseln, einer britischen Kolonie im Indischen Ozean, die an Mauritius zurückgegeben werden soll.
Das Problem: Auf einer der Inseln befindet sich Diego Garcia, ein strategisch wichtiger US-Militärstützpunkt. Starmer will das Gebiet zurückgeben, doch das sorgt in Washington und London für Kritik.
Konservative Politiker in Großbritannien befürchten, dass China seinen Einfluss in der Region ausbauen könnte, wenn Mauritius die Kontrolle übernimmt. Der ehemalige Verteidigungsminister Grant Shapps bezeichnete den Plan als „wahnsinnig“ und warnte davor, dass Peking das Territorium nutzen könnte, um Spionageoperationen gegen westliche Militärbasen durchzuführen.
Trump dürfte ebenfalls wenig begeistert sein – immerhin sieht er sich selbst als Meister der Deals und könnte den Vorschlag als einen schwachen britischen Kompromiss zulasten der US-Sicherheit abtun.
Fazit: Starmer als Vermittler oder Bittsteller?
Starmer versucht, Trump zu umwerben, ohne ihn zu verärgern. Er braucht US-Unterstützung für die Ukraine, die NATO und Großbritanniens Sicherheitspolitik, doch Trump interessiert sich vor allem für Handel, Wirtschaft und Deals, die Amerika bevorzugen.
Während Macron Trump mit offener Konfrontation begegnet, setzt Starmer auf diplomatische Geschicklichkeit. Doch irgendwann wird er wohl mehr als nur Komplimente liefern müssen – sonst bleibt sein „Brückenbau“ zu Trump nur eine gut gemeinte, aber folgenlose Geste.
Kommentar hinterlassen