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alanajordan (CC0), Pixabay
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Von Marokko bis Madagaskar: Wie die „Generation Z“ ihren digitalen Protest auf die Straße trägt

Ob in Marokko, Madagaskar, Nepal oder Peru – immer mehr junge Menschen der „Generation Z“ (geboren zwischen 1997 und 2012) verwandeln Online-Wut in handfesten Protest. Was auf Discord, TikTok oder Telegram beginnt, endet zunehmend auf der Straße – und bringt ganze Regierungen ins Wanken.

Digitale Wut wird zu Straßenprotest

In Marokko protestieren unter dem Slogan „GenZ 212“ – angelehnt an die internationale Telefonvorwahl des Landes – Zehntausende Studierende und arbeitslose Akademiker gegen marode Bildung, überlastete Krankenhäuser und soziale Ungleichheit. Auslöser waren mehrere Todesfälle von Frauen nach Routineoperationen. Während die Regierung Milliarden in Infrastrukturprojekte für die Fußball-WM 2030 steckt, fühlen sich junge Menschen abgehängt. Die Arbeitslosenquote unter Jugendlichen liegt bei 36 Prozent.

Die Reaktion der Regierung fiel hart aus: Drei Tote, Hunderte Verletzte und zahlreiche Festnahmen. Premierminister Aziz Akhannouch versprach zwar „Dialog“, doch die Bewegung fordert inzwischen seinen Rücktritt.

Ähnliche Szenen spielen sich tausende Kilometer südlich in Madagaskar ab. Dort eskalierten Proteste über Stromausfälle und Wassermangel zu landesweiten Demonstrationen gegen Präsident Andry Rajoelina. Dieser löste zwar die Regierung auf, um „den Ruf der Jugend zu hören“, ließ aber zugleich hart durchgreifen. Nach UN-Angaben kamen mindestens 22 Menschen ums Leben.

Auch in Peru wächst der Unmut. Eine umstrittene Rentenreform brachte Ende September Zehntausende auf die Straße. Die Proteste weiteten sich rasch zu einem Generalangriff auf Korruption und Polizeigewalt aus. Präsidentin Dina Boluarte steht mit Zustimmungswerten von nur 2,5 Prozent am Abgrund.

Der Dominoeffekt aus Nepal

Das jüngste Beispiel für erfolgreiche Jugendbewegungen stammt aus Nepal: Dort führten Proteste gegen ein Social-Media-Verbot binnen 48 Stunden zum Sturz der Regierung. Ähnliche Bewegungen hatten zuvor in Bangladesch und Sri Lanka jahrzehntelange Machtstrukturen beendet.

Der Politikwissenschaftler Subir Sinha von der Londoner SOAS sieht einen klaren Zusammenhang: „Die Eliten kümmern sich um Prestigeprojekte, während junge Menschen in Armut und Unsicherheit leben.“ Hinzu kommen Klimakrise, Arbeitslosigkeit und der Eindruck, dass demokratische Systeme versagen. „Für viele fühlt sich die Zukunft schlicht gestrichen an“, sagt Sinha.

Global vernetzt – aber lokal wütend

Die Gen Z nutzt soziale Medien als Waffe. In Marokko wuchs der Discord-Server von „GenZ 212“ binnen Tagen von 3.000 auf 130.000 Mitglieder. Auch in Madagaskar und Peru organisieren sich Gruppen über Facebook und TikTok, ehe sie mit Gewerkschaften und zivilen Initiativen gemeinsame Sache machen.

Politikforscher Bart Cammaerts von der London School of Economics erklärt den Erfolg so: „Diese Generation braucht keine klassischen Parteien oder Anführer mehr. Ihre digitale Infrastruktur macht sie spontan, dezentral – und schwer kontrollierbar.“

Was einst virtuelle Empörung war, wird so zu einem grenzüberschreitenden Aufschrei einer Generation, die sich um ihre Zukunft betrogen fühlt – und die Demokratie mit neuen, digitalen Mitteln verteidigt.

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