Familienzusammenführung

Familienzusammenführung: Die Ablehnung der Erteilung eines nationalen Visums zum Zweck der Familienzusammenführung an den Elternteil eines während dieses Verfahrens volljährig gewordenen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings verstößt gegen das Unionsrecht
Gleiches gilt für den Fall, dass ein solcher Antrag von einem minderjährigen Kind gestellt wird, das volljährig geworden ist, bevor sein Vater als Flüchtling anerkannt wurde und vor Stellung des Antrags auf Familienzusammenführung SW, BL und BC beantragten als syrische Staatsangehörige die Erteilung von nationalen Visa zum Zweck der Familienzusammenführung mit ihrem jeweiligen, in Deutschland als Flüchtling anerkannten Sohn. XC beantragte ebenfalls als syrische Staatsangehörige die Erteilung eines nationalen Visums zum Zweck der
Familienzusammenführung mit ihrem in Deutschland als Flüchtling anerkannten Vater.
Ihre Anträge wurden mit der Begründung abgelehnt, dass die Söhne von SW, BL und BC sowie XC in der Zwischenzeit volljährig geworden seien.

Ein deutsches Verwaltungsgericht verpflichtete Deutschland dazu, SW, BL und BC sowie XC nationale Visa zum Zweck der Familienzusammenführung zu ertelen, da ihre Söhne und XC nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs1 als Minderjährige zu betrachten seien.

Deutschland legte gegen diese Urteile Revision an das Bundesverwaltungsgericht ein, das dem Gerichtshof Fragen
zur Auslegung von Bestimmungen der Richtlinie betreffend das Recht auf Familienzusammenführung2 zur
Vorabentscheidung vorgelegt hat.

In seinem heutigen Urteil in den verbundenen Rechtssachen C273/20 und C355/20 weist der Gerichtshof darauf
hin, dass das Ziel der Richtlinie betreffend das Recht auf Familienzusammenführung darin besteht, die
Familienzusammenführung zu begünstigen und Drittstaatsangehörigen, insbesondere Minderjährigen, Schutz zu
gewähren. Der Gerichtshof weist auch darauf hin, dass die Richtlinie im Licht des Rechts auf Achtung des Privat und
Familienlebens in Verbindung mit der Verpflichtung zur Berücksichtigung des Kindeswohls auszulegen und
anzuwenden ist.

Nach diesen Hinweisen stellt der Gerichtshof als Erstes fest, dass ein Abstellen auf den Zeitpunkt, zu dem die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats über den Antrag auf Einreise und auf Aufenthalt im
Hoheitsgebiet dieses Staates zum Zweck der Familienzusammenführung entscheidet, als Zeitpunkt, nach dem sich
die Beurteilung des Alters des Antragstellers oder, je nach Fall, des Zusammenführenden für die Gestattung des Nachzugs richtet, weder mit den Zielen der Richtlinie betreffend das Recht auf Familienzusammenführung noch mit den Anforderungen im Einklang stünde, die sich aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergeben

Leave A Comment