US-Präsident Donald Trump hat bei seiner virtuellen Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos erneut fragwürdige Behauptungen über die Handelsbeziehungen der USA mit Kanada, Europa und China aufgestellt. Ein Faktencheck zeigt: Viele seiner Aussagen sind schlichtweg falsch oder irreführend.
Falschbehauptung: „Die EU kauft keine US-Produkte“
Trump behauptete, die Europäische Union würde „im Grunde genommen“ keine US-Landwirtschaftsprodukte und keine US-Autos kaufen. Doch laut offiziellen US-Regierungsdaten kaufte die EU allein im Fiskaljahr 2023 Agrarprodukte im Wert von 12,3 Milliarden Dollar – sie war damit der viertgrößte Abnehmer von US-Agrarerzeugnissen.
Auch der europäische Automarkt nimmt US-Fahrzeuge ab: Laut der European Automobile Manufacturers’ Association importierte die EU im Jahr 2022 rund 271.000 US-Fahrzeuge im Wert von fast 9 Milliarden Euro.
Übertrieben: Das Handelsdefizit mit China
Trump kritisierte erneut das Handelsdefizit der USA mit China und behauptete, es sei unter Biden auf 1,1 Billionen Dollar gestiegen. Tatsächlich lag das gesamte US-Handelsdefizit (Waren und Dienstleistungen) mit China im Jahr 2023 bei rund 252 Milliarden Dollar – niedriger als in jedem Jahr von Trumps erster Amtszeit. Zum Vergleich: Das größte Defizit unter Trump lag 2018 bei 378 Milliarden Dollar.
Falsch: „200 bis 250 Milliarden Dollar Handelsdefizit mit Kanada“
Trump behauptete, die USA hätten mit Kanada ein Handelsdefizit von 200 bis 250 Milliarden Dollar – eine komplette Fehlangabe. Laut der US-Regierungsbehörde für Wirtschaftsanalyse (BEA) betrug das tatsächliche Defizit 2023 rund 40,6 Milliarden Dollar.
Selbst wenn man nur den Warenhandel betrachtet und den für die USA vorteilhaften Dienstleistungssektor ignoriert, lag das Defizit bei 72,3 Milliarden Dollar – weit entfernt von Trumps Zahlen. Der Hauptgrund dafür ist der Import von günstigem kanadischem Öl, das für US-Raffinerien unerlässlich ist. Ohne dieses Öl müssten viele Raffinerien in den USA ihren Betrieb einstellen.
Falsch: Höchste Inflation in der US-Geschichte unter Biden
Trump behauptete, die Inflation unter Biden sei „wahrscheinlich die höchste in der Geschichte der USA“ gewesen. Tatsächlich erreichte die Inflationsrate in Bidens Amtszeit im Juni 2022 einen Höchststand von 9,1 % – ein 40-Jahres-Hoch, aber nicht annähernd ein historischer Rekord. Der höchste jemals gemessene Inflationswert in den USA war 1920 bei 23,7 %.
Auch über einen längeren Zeitraum betrachtet, war die Inflation unter Biden nicht außergewöhnlich hoch. Während seiner Amtszeit stieg sie insgesamt um rund 21 % – weit unter den 49 % Inflation während der Amtszeit von Jimmy Carter (1977–1981).
Übertrieben: Trumps Steuersenkungen
Trump lobte erneut seine Steuerpolitik und behauptete, er habe die Unternehmenssteuer von 40 % auf 21 % gesenkt. Tatsächlich lag der höchste Unternehmenssteuersatz vor Trumps Steuerreform von 2017 bei 35 %, nicht 40 %. Trump könnte dabei mit der höchsten Einkommensteuer (damals 39,6 %) durcheinandergekommen sein.
Die Senkung der Unternehmenssteuer auf 21 % war eine bedeutende Änderung, aber Trumps Angabe war dennoch übertrieben. Zudem kündigte er an, die Steuer für Unternehmen, die in den USA produzieren, weiter auf 15 % zu senken.
Fazit: Trump hält es mit den Fakten nicht so genau
Trumps Auftritt in Davos war geprägt von dramatischen Aussagen über die Weltwirtschaft – doch viele seiner Behauptungen halten einem Faktencheck nicht stand. Ob Handel mit Europa, Kanada oder China, Inflation oder Steuern – Trump neigt dazu, Zahlen stark zu übertreiben oder sie einfach falsch darzustellen.
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