Erweiterungsbeschluss 20 Kap 2/17 Porsche Automobil Holding SE

Oberlandesgericht Stuttgart
20. ZIVILSENAT

Beschluss

In Sachen

Wolverhampton City Council, vertreten durch das Pensions Comittee, West Midlands, WV13NB Wolverhampton, Vereinigtes Königreich
– Musterklägerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Nieding + Barth, An der Dammheide 10, 60486 Frankfurt am Main

gegen

Porsche Automobil Holding SE, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch, Porscheplatz 1, 70435 Stuttgart
– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Hengeler Mueller, Bockenheimer Landstraße 24, 60323 Frankfurt

Nebenintervenientin:
Volkswagen AG, vertreten durch den Vorstand, Berliner Ring 2, 38440 Wolfsburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Göhmann, Ottmerstraße 1 – 2, 38102 Braunschweig,

wegen Kapitalmarktinformationshaftung

hat das Oberlandesgericht Stuttgart – 20. Zivilsenat – durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Vatter,
den Richter am Oberlandesgericht Bernhard und
die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schlecht
am 29.06.2022 beschlossen:

A. Das Musterverfahren wird um folgende Feststellungsziele erweitert:

I. Auf Antrag der Musterbeklagten (Schriftsatz vom 15.10.2021, eA 715 Rn. 65):

Feststellungsziel B.II.1.a: Es wird festgestellt, dass die Kenntnis des Emittenten von einer vermeintlich ad-hoc-veröffentlichungspflichtigen Insiderinformation objektive Tatbestandsvoraussetzung eines Anspruchs aus § 37b Abs. 1 WpHG a.F. ist.

II. Auf Antrag der Musterklägerin (Schriftsatz vom 15.10.2021, eA 806; Schriftsatz vom 7.2.2022, eA 941 ff.):

Feststellungsziel A.I.1a: Einer ad hoc-Veröffentlichungspflicht der Musterbeklagten als Holdinggesellschaft ohne operatives Geschäft über Ereignisse aus der Geschäftstätigkeit der Volkswagen AG steht nicht schon entgegen, dass diese selbst gegebenenfalls hierüber ad hoc-pflichtig ist.

Feststellungsziel C.I.1.a: Die Übergabe der ICCT-Studie an die Volkswagen AG am 15.04.2014 und der hieraus folgende Umstand, dass aufgrund der in der Studie aufgezeigten erheblichen Abweichungen zwischen den Zertifizierungs- bzw. Typprüfwerten für Stickoxide und den tatsächlichen Emissionswerten im Alltagsbetrieb der Dieselfahrzeuge der Volkswagen AG um das fünf- bis 35-fache die Aufdeckung des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung drohte, stellt eine Insiderinformation dar.

Feststellungsziel C.I.1.b: Die Musterbeklagte ist von dem Ereignis, dass der Volkswagen AG am 15.04.2014 die ICCT-Studie übergeben wurde und dem hieraus folgenden Umstand, dass aufgrund der Entdeckung von erheblichen Abweichungen zwischen den Zertifizierungs- bzw. Typprüfwerten für Stickoxide und den tatsächlichen Emissionswerten im Alltagsbetrieb der Dieselfahrzeuge der Volkswagen AG um das fünf- bis 35-fache die Aufdeckung des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung drohte, unmittelbar betroffen.

Feststellungsziel C.I.1.c: Die Musterbeklagte hat es mindestens grob fahrlässig unterlassen, diese Insiderinformation unverzüglich im Sinne von § 15 Abs. 1 WpHG in der bis 01.07.2016 geltenden Fassung zu veröffentlichen.

Feststellungsziel C.I.2.a: Die Einleitung einer freiwilligen Rückrufaktion im Dezember 2014 in den Vereinigten Staaten von Amerika durch die Volkswagen AG, vorgeblich um eine Neukalibrierung der Motorsteuerungssoftware zur Absenkung der Stickstoffemissionen auf ein für die US-Behörden akzeptables Niveau vorzunehmen, obschon die hierfür neu entwickelte Software dazu diente, die Genauigkeit des Defeat Device zu verbessern, stellt eine Insiderinformation dar.

Feststellungsziel C.I.2.b: Die Musterbeklagte ist von dem Umstand, dass die Volkswagen AG eine freiwillige Rückrufaktion in den Vereinigten Staaten von Amerika einleitete, um vorgeblich eine Neukalibrierung der Motorsoftware zur Absicherung der Stickstoffemissionen auf ein für die US-Behörden akzeptables Niveau vorzunehmen, obschon die hierfür neu entwickelte Software dazu diente, die Genauigkeit des Defeat Device zu verbessern, unmittelbar betroffen.

Feststellungsziel C.I.2.c: Die Musterbeklagte hat es mindestens grob fahrlässig unterlassen, diese Insiderinformation unverzüglich im Sinne von § 15 Abs. 1 WpHG in der bis 01.07.2016 geltenden Fassung zu veröffentlichen.

Feststellungsziel D.I.1: Herr Prof. Dr. Winterkorn hatte durch das Schreiben des Herrn Frank Tuch vom 23.05.2014 Kenntnis oder hätte Kenntnis davon haben müssen, dass die West Virginia University unter Mitwirkung von CARB und dem ICCT Emissionstests im realen Fahrbetrieb u.a. mit Fahrzeugen der Volkswagen AG durchgeführt hat, bei denen die NOx-Grenzwerte bei VW-Fahrzeugen der Gen 1 um den Faktor 15-35 bzw. bei VW-Fahrzeugen der Gen 2 um den Faktor 5-18 überschritten wurden, dass diese Überschreitungen nicht erklärt werden können, die Aufdeckung einer in der Motorsteuerung-Software implementierten Testerkennung droht und auch mit einer geänderten Software die Grenzwerte nicht eingehalten werden können.

III. Auf Antrag des Beigeladenen Dr. Heimann (Schriftsatz vom 31.1.2022, eA 880 Rn. 135):

Feststellungsziel B.I.1.a: Der objektive Tatbestand des § 37b Abs.1 WpHG (in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung) setzt keine Kenntnis des Emittenten von den eine Insiderinformation im Sinne des § 13 WpHG (in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung) bildenden Umständen voraus.

IV. Auf Antrag der Beigeladenen Dr. Andreas Gehrt, Wilhelm Menke, Maik Upgang, Hanna und Dr. Hermann Best, Theo Breil, Günter Heubach, Burghard Gude, Gerhard Schmidt-Delavant, Michael Rüb, Wolfgang Schröder, Karla Simons, Udo Bungard, Friedrich Kalle und ITAS AG (eA 1100):

Feststellungsziel C.I.3.a: Der Umstand, dass die CARB der Volkswagen AG am 08.07.2015 mitteilte, sie habe im Rahmen von Nachtests festgestellt, dass die Softwareupdates nicht ausreichend seien, um die Emissionswerte auf ein für die US-Umweltbehörden akzeptables Niveau abzusenken, die Zulassung für das Modelljahr 2016 gefährdet sei und infolge dieser Nachtests die Aufdeckung der Abschalteinrichtung und der bisherigen Täuschung der Behörden drohte, stellt eine Insidertatsache dar.

Feststellungsziel C.I.3.b: Die Musterbeklagte ist von dem Umstand, dass die CARB der Volkswagen AG am 08.07.2015 mitteilte, sie habe im Rahmen von Nachtests festgestellt, dass die Softwareupdates nicht ausreichend seien, um die Emissionswerte auf ein für die US-Umweltbehörden akzeptables Niveau abzusenken, die Zulassung für das Modelljahr 2016 gefährdet sei und infolge dieser Nachtests die Aufdeckung der Abschalteinrichtung und der bisherigen Täuschung der Behörden drohte, unmittelbar betroffen.

Feststellungsziel C.I.3.c: Die Musterbeklagte hat es mindestens grob fahrlässig unterlassen, diese Insiderinformation unverzüglich im Sinne von § 15 Abs. 1 WpHG in der bis 01.07.2016 geltenden Fassung zu veröffentlichen.

V. Auf Antrag der Beigeladenen Dr. Andreas Gehrt, Hanna Best, Dr. Hermann Best und Karla Simons (eA 1105):

Feststellungsziel C.I.4.a: Die Einräumung der Verwendung einer Manipulationssoftware seitens der Volkswagen AG gegenüber den US-Umweltbehörden am 3.9.2015 stellt eine Insiderinformation dar.

Feststellungsziel C.I.4.c: Die Musterbeklagte hat es mindestens grob fahrlässig unterlassen, diese Insiderinformation unverzüglich im Sinne von § 15 Abs. 1 WpHG in der bis 01.07.2016 geltenden Fassung zu veröffentlichen.

B. …

Gründe:

Der Erweiterungsantrag der Musterbeklagten ist zulässig, die Erweiterungsanträge der Musterklägerin, des Beigeladenen Dr. Heimann und der weiteren genannten Beigeladenen sind nur im aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zulässig.

1. Gem. § 15 Abs. 1 KapMuG erweitert das Oberlandesgericht auf Antrag eines Beteiligten das Musterverfahren um weitere Feststellungsziele (a), soweit die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits von den weiteren Feststellungszielen abhängt (b), die Feststellungsziele den gleichen Lebenssachverhalt betreffen, der dem Vorlagebeschluss zugrunde liegt (c), und das Oberlandesgericht die Erweiterung für sachdienlich erachtet (d).

a) Ein „weiteres“ Feststellungsziel im Sinne des § 15 Abs. 1 KapMuG ist nur dann gegeben, wenn es nicht bereits Gegenstand des Musterverfahrens ist. Es ist deshalb zu prüfen, ob es nicht bereits – ggf. mit anderer Formulierung oder anders eingebettet – geltend gemacht worden ist (OLG Braunschweig, Beschluss vom 23.9.2020 – 3 Kap 1/​16 – juris Rn. 12; Gängel/​Huth/​Gansel, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., § 15 KapMuG Rn. 7).

b) Die Entscheidungserheblichkeit gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KapMuG setzt voraus, dass der Individualrechtsstreit des Antragstellers von dem zusätzlich zu klärenden Feststellungsziel abhängt. Sie ist bereits dann gegeben, wenn für das Oberlandesgericht zumindest plausibel ist, dass die Klärung des Feststellungsziels für den Ausgang des Verfahrens erheblich werden kann, auch wenn der Erfolg der Klage noch von weiteren Voraussetzungen abhängig ist (OLG Köln, Beschluss vom 15.1.2019 – 24 Kap 1/​18 – juris Rn. 3; Vollkommer in KölnKomm/​KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 14). Insofern gilt grundsätzlich derselbe Prüfungsmaßstab wie bei §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 1 KapMuG (Kotschy in Vorwerk/​Wolf, KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 6).

c) Der maßgebliche Lebenssachverhalt im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG ist in natürlicher Weise nach dem Kernpunkt der zugrunde liegenden Rechtsstreitigkeiten zu erfassen (OLG Braunschweig, Beschluss vom 23.10.2018 – 3 Kap 1/​16 – juris Rn. 33; Vollkommer in KölnKomm/​KapMuG, 2. Aufl., § 6 Rn. 8; vgl. auch Haufe, Das Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz 2012, S. 85, wonach es einer natürlich-normativen Betrachtungsweise bedarf, die sich auf den Kern der betroffenen Rechtsstreitigkeiten bezieht). Er ist weit zu verstehen, da das KapMuG dem Musterverfahren einen möglichst weiten Anwendungsbereich verschaffen wollte (OLG Braunschweig, Beschluss vom 23.10.2018 – 3 Kap 1/​16 – juris Rn. 33; Vollkommer in KölnKomm/​KapMuG, 2. Aufl., § 6 Rn. 8). Insbesondere umfasst er alle Tatsachen, die aufgrund ihrer Kollektivierbarkeit Eingang in das Musterverfahren finden und bei natürlicher, vom Standpunkt der Beteiligten ausgehender Betrachtungsweise zu dem durch den Vorlagebeschluss sowie den Vortrag der Musterverfahrensbeteiligten zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören oder – im Falle eines lückenhaften Vortrags – zur Substantiierung gehört hätten (Haufe, Das Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz 2012, S. 83; Reuschle in KölnKomm/​KapMuG, 2. Aufl., § 4 Rn. 96; Riedel in Vorwerk/​Wolf, KapMuG, 2. Aufl. § 4 Rn. 12; Winter in Wieczorek/​Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 4 KapMuG Rn. 39).

Für die Frage, ob die Feststellungsziele gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG den gleichen Lebenssachverhalt betreffen, ist von Relevanz, ob die Feststellungsziele, die Gegenstand des Erweiterungsantrags sind, auch von Anfang an in einem Vorlagebeschluss hätten zusammengefasst werden können. Es muss sich mithin um gleichgerichtete Feststellungsziele im Sinne der §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 1 KapMuG handeln (OLG Braunschweig, Beschluss vom 23.10.2018 – 3 Kap 1/​16 – juris Rn. 33; Kruis in Wieczorek/​Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 15 KapMuG Rn. 14; Vollkommer in KölnKomm/​KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 13, 15). Dem entsprechend kann mit einem Erweiterungsantrag kein Sachverhalt in das Verfahren „hineingetragen“ werden, der nicht bereits in den Feststellungszielen des Vorlagebeschlusses oder in der darin gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 KapMuG enthaltenen Darstellung des den Musterverfahrensanträgen zugrunde liegenden gleichen Lebenssachverhalts angelegt ist. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG verlangt einen Gleichlauf zwischen dem Vorlagebeschluss und der Erweiterung des Musterverfahrens (OLG Braunschweig, Beschluss vom 23.10.2018 – 3 Kap 1/​16 – juris Rn. 33; OLG Frankfurt, Beschluss vom 6.7.2009 – 23 W 32/​09 – juris Rn. 5; Vollkommer in KölnKomm/​KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 15).

Von einem einheitlichen Lebenssachverhalt kann auch dann ausgegangen werden, wenn mehrere (verschiedene) öffentliche Kapitalmarktinformationen betroffen sind, sofern diese in einem inneren Zusammenhang stehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich in einem gestreckten Sachverhalt unterschiedliche Anknüpfungspunkte für Ad-hoc-Mitteilungspflichten ergeben (Kruis in Wieczorek/​Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 15 KapMuG Rn. 15; Riedel in Vorwerk/​Wolf, KapMuG, 2. Aufl., § 4 Rn. 13; zweifelnd Schneider/​Heppner, BB 2011, 2947, 2950; Söhner, ZIP 2013, 7, 10; offen gelassen von BGH, Beschluss vom 16.6.2020 – II ZB 10/​19 – juris Rn. 25). Für diese Sichtweise spricht bereits, dass in § 15 Abs. 1 Satz 2 KapMuG im Plural von der Angabe „der öffentlichen Kapitalmarktinformationen“ die Rede ist (Kruis in Wieczorek/​Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 15 KapMuG Rn. 15). Zudem spricht dafür, dass der Lebenssachverhalt weit zu fassen ist.

d) Die Erweiterung ist nur dann sachdienlich im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KapMuG, wenn davon auszugehen ist, dass den weiteren Feststellungszielen für eine unbestimmte Anzahl gleich gelagerter Rechtsstreitigkeiten Bedeutung zukommt. Hierfür ist als ausreichend anzusehen, wenn die Feststellung des weiteren Feststellungszieles potentiell über das Verfahren des Antragstellers hinaus Bedeutung hat (OLG Köln, Beschluss vom 15.1.2019 – 24 Kap 1/​18 – juris Rn. 5; Vollkommer in KölnKomm/​KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 18; Kruis in Wieczorek/​Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 15 KapMuG Rn. 17).

Zudem ist infolge des erforderlichen Gleichlaufs zwischen dem Vorlagebeschluss und der Erweiterung die Sachdienlichkeit zu verneinen, wenn hinsichtlich des Erweiterungsantrags die Voraussetzungen für die Verwerfung eines Musterverfahrensantrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 KapMuG gegeben sind. Insbesondere ist ein Erweiterungsantrag nicht sachdienlich, wenn – im Falle einer streitigen Tatsachengrundlage – die im Erweiterungsantrag angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind (Vollkommer in KölnKomm/​KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 17; Kotschy in Vorwerk/​Wolf, KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 8; Gängel/​Huth/​Gansel, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., § 15 KapMuG Rn. 11; vgl. auch LG Frankfurt, Beschluss vom 18.7.2008 – 2/​21 OH 9/​08 – juris Rn. 31).

Die Sachdienlichkeit ist im Wege einer Gesamtabwägung zu prüfen. Hierbei ist wegen des mit dem KapMuG verfolgten Zieles, eine möglichst umfassende Klärung aller Tat- und Rechtsfragen herbeizuführen, ein großzügiger Maßstab anzulegen (Vollkommer in KölnKomm/​KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 20). Für die Sachdienlichkeit spricht insbesondere, wenn durch die neuen Feststellungsziele noch bestehende Streitpunkte miterledigt werden können und dadurch ein weiteres Musterverfahren vermieden wird. Sie ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil weiteres Parteivorbringen und ggf. Beweisaufnahmen erforderlich werden und sich damit der Abschluss des Musterverfahrens verzögert (Kruis in Wieczorek/​Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 15 KapMuG Rn. 18). Jedoch kann die Sachdienlichkeit im Einzelfall zu verneinen sein, wenn ein neuer Streitgegenstand eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung die bisher erzielten Ergebnisse nicht verwertet werden können (Kruis in Wieczorek/​Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 15 KapMuG Rn. 18). Ebenso kann gegen die Sachdienlichkeit die Entscheidungsreife des Musterverfahrens sprechen oder der Umstand, dass mit dem neuen Feststellungsziel erhebliche zusätzliche Kosten verbunden sind (Vollkommer in KölnKomm/​KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 21; Kotschy in Vorwerk/​Wolf, KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 8).

Im Rahmen der Gesamtabwägung gegen die Sachdienlichkeit kann sprechen, wenn lediglich eine Erweiterung des Musterverfahrens um rechtliche oder tatsächliche Vorfragen eines Tatbestandsmerkmals erfolgen soll, über das ohnehin mit bindender Wirkung entschieden wird. Die bloß abstrakte, nicht näher konkretisierte Möglichkeit, dass die begehrte Feststellung in einem Ausgangsverfahren zukünftig Relevanz entfalten könnte, genügt nicht, um eine Sachdienlichkeit der Erweiterung zu begründen (OLG Braunschweig, Beschluss vom 23.9.2020 – 3 Kap 1/​16 – juris Rn. 43 ff.; vgl. auch OLG München, Beschluss vom 15.12.2014 – Kap 3/​10 – LS 2 und juris Rn. 873).

Anderes gilt, sofern mit einem Erweiterungsantrag lediglich das kontradiktorische Gegenteil dessen festgestellt werden soll, was bereits Gegenstand eines verfahrensgegenständlichen Feststellungsziels ist. Dies ergibt sich aus dem Gleichlauf zwischen dem Vorlagebeschluss und der Erweiterung des Musterverfahrens. Wäre das fragliche Feststellungsziel dem Vorlagegericht von Anfang an unterbreitet worden, wäre es im Vorlagebeschluss aufzunehmen gewesen, da insofern kein Anlass bestanden hätte, einem der kontradiktorisch formulierten Feststellungsziele den Vorzug zu geben (a.A. KG, Beschluss vom 3.3.2009 – 4 Sch 2/​06 KapMuG – juris Rn. 196; anders auch die Musterbeklagte eA 1053 Rn. 285 f. und die Nebenintervenientin eA 1083).

An der Sachdienlichkeit eines Erweiterungsantrags fehlt es entgegen der Auffassung der Musterbeklagten (eA 716 f. Rn. 70 ff.; eA 1054 Rn. 289 f.) nicht bereits dann, wenn es nach den bisherigen Ergebnissen des Musterverfahrens für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits auf die Beantwortung der weiteren Feststellungsziele nicht mehr ankommt (so aber Kruis in Wieczorek/​Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 15 KapMuG Rn. 20). Ergebnisse des Musterverfahrens stehen frühestens mit dem Erlass des Musterentscheids fest. Dieser kann nicht teilweise im Rahmen einer vorausgehenden und nicht rechtsmittelfähigen Entscheidung über die Erweiterung nach § 15 KapMuG vorweggenommen werden.

2. Eine Erweiterung setzt zudem voraus, dass das Feststellungsziel, um das das Musterverfahren erweitert werden soll, hinreichend bestimmt gefasst ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss jedes Feststellungsziel bestimmt bezeichnen, welcher Umstand bzw. welches Ereignis Gegenstand der rechtlichen Prüfung im Musterverfahren sein soll. Ein Feststellungsziel darf nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO, § 11 Abs. 1 Satz 1 KapMuG) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Musterbeklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was mit Bindungswirkung für die Ausgangsverfahren feststeht (§ 22 Abs. 1 KapMuG), letztlich den Prozessgerichten der ausgesetzten Verfahren überlassen bleibt (BGH, Beschluss vom 17.12.2020 – II ZB 31/​14 – juris Rn. 66 mwN).

Für die Frage des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs gem. §§ 37b, c WpHG a.F. wegen der Veröffentlichung einer unwahren Insiderinformation oder wegen der Unterlassung der Veröffentlichung einer Insiderinformation ist entscheidend, welcher konkrete Umstand oder welches konkrete Ereignis Anknüpfungspunkt für eine Haftung sein soll (BGH, Beschluss vom 17.12.2020 – II ZB 31/​14 – juris Rn. 71). So muss das Feststellungsziel die Insiderinformation, hinsichtlich der eine Pflicht zur Veröffentlichung bestanden haben soll, bestimmt bezeichnen (BGH, Beschluss vom 17.12.2020 – II ZB 31/​14 – juris Rn. 243 mwN). Jedenfalls ist erforderlich, dass die unmittelbare Betroffenheit des Emittenten und die aus ihr abgeleiteten Folgen für die (veränderte) Bewertung der betroffenen Finanzinstrumente, d.h. das Kursbeeinflussungspotential, deutlich werden (BGH, Beschluss vom 17.12.2020 – II ZB 31/​14 – juris Rn. 245).

3. In Anwendung dieser Grundsätze ist zu den einzelnen Erweiterungsanträgen wie folgt auszuführen:

a) Das Musterverfahren ist auf Antrag der Musterbeklagten (eA 715 Rn. 65), der auf eine Anregung des Senats zurückgeht (vgl. S. 4 f. des Verhandlungsprotokolls vom 28.7.2021, eA 661 f.; S. 3, 6 des Hinweisbeschlusses vom 30.7.2021, eA 671, 674) um das Feststellungsziel B.II.1.a zu erweitern. Zu Recht weist die Musterbeklagte (eA 715 f. Rn. 66) darauf hin, dass die Voraussetzungen des § 15 KapMuG vorliegen. Die Entscheidung der Ausgangsverfahren hängt von diesem Feststellungsziel ab. Der gleiche Lebenssachverhalt ist betroffen. Die Erweiterung ist sachdienlich. Bereits die Feststellungsziele B.I.1. und B.II.1. setzen zwar voraus, dass die zurechenbare Kenntnis der Musterbeklagten von einer vermeintlich veröffentlichungspflichtigen Insiderinformation überhaupt objektive Tatbestandsvoraussetzung eines Anspruchs aus § 37b Abs. 1 WpHG a.F. ist. Nachdem insbesondere diese Frage unter den Parteien streitig ist und auch im Vorlagebeschluss verneint wird, erscheint es aber sachdienlich, sie nicht nur inzident als Vorfrage für die Darlegungs- und Beweislast zu behandeln.

b) Weiter ist das Musterverfahren auf Antrag der Musterklägerin (eA 806 Rn. 803), der auf eine Anregung des Senats zurückgeht (vgl. S. 3 des Verhandlungsprotokolls vom 28.7.2021, eA 660; S. 5 des Hinweisbeschlusses vom 30.7.2021, eA 673), um das Feststellungsziel A.I.1.a zu erweitern. Die Entscheidung des Individualrechtsstreits der Musterklägerin hängt von diesem zusätzlichen Feststellungsziel ab. Dass derselbe Lebenssachverhalt betroffen ist, ergibt sich bereits daraus, dass das Feststellungsziel auf dieselbe Fragestellung gerichtet ist wie das vom Landgericht im Vorlagebeschluss unterbreitete Feststellungsziel I.A.1.. Die Sachdienlichkeit ergibt sich bereits daraus, dass das Feststellungsziel A.I.1.a dazu dient, den Bedenken an der Bestimmtheit des Feststellungsziels I.A.1. Rechnung zu tragen.

c) Auf Antrag der Musterklägerin (eA 941 Rn. 947) ist das Musterverfahren außerdem um das Feststellungsziel C.I.1.a zu erweitern.

aa) Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Die Entscheidung des Ausgangsverfahrens der Musterklägerin hängt von der mit dem Feststellungsziel C.I.1.a aufgeworfenen Frage ab. Eine Haftung der Musterbeklagten gem. § 37b WpHG a.F. wegen der unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung bezüglich der Übergabe der ICCT-Studie kommt nur in Betracht, wenn es sich bei diesem Umstand um eine Insiderinformation handelt. Die Musterklägerin macht (auch) Schadensersatzansprüche aufgrund von Transaktionen mit Aktien der Musterbeklagten am 14.5.2015 geltend, weshalb die Frage nach der Einordnung eines im April 2014 erfolgten Vorgangs als Insiderinformation für die Entscheidung ihres Individualrechtsstreits erheblich sein kann. Unschädlich ist insofern, dass die dem Feststellungsziel zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände – Übergabe der Studie an die Nebenintervenientin, Abweichung der Emissionswerte – nicht als zusätzliches Feststellungsziel unterbreitet werden. Wie die Musterklägerin aufzeigt, sind diese Umstände zwischen den Parteien nicht streitig. Ob die Übergabe an die Nebenintervenientin – was diese bestreitet (eA 1081) – „förmlich“ erfolgte, ist insofern unerheblich. Ebenso unschädlich ist, dass die Frage nach der Aufdeckungswahrscheinlichkeit zwischen den Parteien in Streit steht. Gegenstand des unterbreiteten Feststellungsziels sind die Übergabe der Studie und die Ergebnisse der Studie. Die weitere im Feststellungsziel enthaltene Behauptung, dass hierdurch die Aufdeckung der Abgasmanipulation gedroht habe, dient dazu, im Hinblick auf die an die Bestimmtheit zu stellenden höchstrichterlichen Anforderungen das Kursbeeinflussungspotential herauszuarbeiten, das sich aus den als Feststellungsziel unterbreiteten Umständen ergeben soll. Ob die Aufdeckung der Manipulation wahrscheinlich war und ob es auf diese Frage ankommt, wird ggf. im Rahmen einer materiellen Prüfung der Eigenschaft als Insiderinformation zu klären sein.

Der gleiche Lebenssachverhalt ist betroffen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Ereignisse um die ICCT-Studie dem mit Vorlagebeschluss des Landgerichts unterbreiteten Feststellungsziel I.A.2. Spiegelstrich 1 zugrunde liegen.

Schließlich ist die Erweiterung sachdienlich. Dies ist schon deshalb der Fall, weil sich die dem Senat unterbreitete Frage nach der unmittelbaren Betroffenheit bezüglich der Ereignisse um die ICCT-Studie nur dann sinnvoll beantworten lässt, wenn zuvor die Eigenschaft der Ereignisse um die ICCT-Studie als Insiderinformation geprüft und ggf. bejaht wurde (vgl. bereits S. 6 des Hinweisbeschlusses des Senats vom 21.5.2021, eA 197). Im Übrigen ist die Frage nach der Qualifikation als Insiderinformation für eine Vielzahl von Ausgangsverfahren relevant.

bb) Die Formulierung des Feststellungsziels entspricht zudem den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Bestimmtheit. Insbesondere werden die Auswirkungen auf die Musterbeklagte, aus denen sich das Kursbeeinflussungspotential ergeben soll, insofern konkretisiert, als auf das Risiko der Aufdeckung der verwendeten Manipulationssoftware abgestellt wird. Sofern dem Feststellungsziel nicht ausdrücklich zu entnehmen ist, für wen der fragliche Umstand eine Insiderinformation sein soll, steht dies der Bestimmtheit des Feststellungsziels nicht entgegen. Vielmehr ergibt sich im Wege der Auslegung, dass die Frage aufgeworfen ist, ob es sich bei dem genannten Umstand um eine Insiderinformation für die Musterbeklagte handelt.

cc) Die Unzulässigkeit des Erweiterungsantrags ergibt sich nicht aus den Ausführungen der Beigeladenen, wonach zweifelhaft sei, ob die Übergabe der Studie und/​oder der hieraus folgende Umstand der drohenden Aufdeckung des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung tatsächlich eine Insiderinformation sei (eA 976). Dieses Vorbringen betrifft lediglich die Frage der Begründetheit. Sofern die Beigeladenen ausführen, stattdessen sei auf den Gegenstand der Studie bzw. der Aufdeckung abzustellen, also auf den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung und die Überschreitung der Grenzwerte im Realbetrieb, lassen sich diese Umstände dem von der Musterklägerin formulierten Feststellungsziel entnehmen. Von einer „Aufdeckungswahrscheinlichkeit“ ist demgegenüber im Feststellungsziel nicht die Rede. Vielmehr stellt die Musterklägerin zur Verdeutlichung des Kursbeeinflussungspotentials auf das Risiko der Aufdeckung der verwendeten Manipulationssoftware ab.

Ebenso wenig ergibt sich die Unzulässigkeit des Erweiterungsantrags aus den Ausführungen der Nebenintervenientin (eA 1081), wonach der Umstand der Übergabe einer Universitätsstudie für den Kapitalmarkt ebenso wenig von Belang sei wie die in der Studie beschriebenen Emissionsabweichungen im Alltagsbetrieb, und wonach die drohende Aufdeckung an sich nicht kursrelevant sei. Auch diese Ausführungen betreffen lediglich die Frage der Begründetheit.

dd) Soweit die Nebenintervenientin (eA 1080 f.) auf die Eingrenzung des Streitstoffs durch das Vorlagegericht und auf die Zurückweisung von Feststellungsanträgen, die sich auf die Qualifikation als Insiderinformation beziehen, hinweist, ist die durch das Vorlagegericht erfolgte Beschränkung für das Oberlandesgericht nicht bindend. Eine Zurückweisung von Musteranträgen als unzulässig nach § 3 Abs. 1 KapMuG steht der erneuten Stellung des Musterantrags – etwa nach Behebung von Zulässigkeitshindernissen – im Wege eines Erweiterungsantrags beim Oberlandesgericht nicht entgegen (Kruis in KölnKomm/​KapMuG, 2. Aufl., § 3 Rn. 86, 101; Großerichter in Wieczorek/​Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 3 KapMuG Rn. 59, 73). Nichts anderes gilt dann, wenn das Landgericht – wie vorliegend – im Vorlagebeschluss ausgeführt hat, einen Teil der Anträge aus unterschiedlichen Gründen nicht vorzulegen. Das Oberlandesgericht ist nach § 6 Abs. 1 Satz 2 KapMuG nur daran gebunden, dass das Vorlagegericht die Vorlagevoraussetzungen für die vorgelegten Feststellungsziele angenommen, diese also als entscheidungserheblich betrachtet und die ihnen zugrunde liegenden Musteranträge als zulässig angesehen hat.

d) Das Musterverfahren ist auf Antrag der Musterklägerin (eA 941 Rn. 948) um das Feststellungsziel C.I.1.b zu erweitern.

aa) Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Die Entscheidung des Ausgangsverfahrens der Musterklägerin hängt von der mit dem Feststellungsziel C.I.1.b aufgeworfenen Frage ab. Eine Haftung der Musterbeklagten gem. § 37b WpHG a.F. wegen der unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung bezüglich der Übergabe der ICCT-Studie kommt nur in Betracht, wenn die Musterbeklagte von diesem Umstand unmittelbar betroffen ist.

Dass derselbe Lebenssachverhalt betroffen ist, ergibt sich daraus, dass das Feststellungsziel auf dieselbe Fragestellung gerichtet ist wie das vom Landgericht im Vorlagebeschluss unterbreitete Feststellungsziel I.A.2 Spiegelstrich 1. Die Sachdienlichkeit folgt bereits daraus, dass das Feststellungsziel C.I.1.b dazu dient, den Bedenken an der Bestimmtheit des Feststellungsziels I.A.2. Spiegelstrich 1 (vgl. dazu S. 5 des Hinweisbeschlusses vom 30.7.2021, eA 673) Rechnung zu tragen.

bb) Die Formulierung des Feststellungsziels entspricht zudem den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Bestimmtheit. Insofern wird auf die vorstehenden Ausführungen unter c) bb) verwiesen.

e) Das Musterverfahren ist auf Antrag der Musterklägerin (eA 941 f. Rn. 949) um das Feststellungsziel C.I.1.c zu erweitern.

Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Die Entscheidung des Ausgangsverfahrens der Musterklägerin hängt von der mit dem Feststellungsziel C.I.1.c aufgeworfenen Frage ab. Eine Haftung der Musterbeklagten gem. § 37b WpHG a.F. wegen der unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung bezüglich der Übergabe der ICCT-Studie kommt nur in Betracht, wenn die Musterbeklagte es mindestens grob fahrlässig unterlassen hat, die etwaige Insiderinformation unverzüglich im Sinne des § 15 Abs. 1 WpHG a.F. zu veröffentlichen. Da die Musterklägerin (auch) Schadensersatzansprüche aufgrund von Transaktionen mit Aktien der Musterbeklagten am 14.5.2015 geltend macht, kann die Entscheidung des Individualrechtsstreits der Musterklägerin von dem Feststellungsziel abhängen, das einen Vorgang im April 2014 zum Gegenstand hat.

Der gleiche Lebenssachverhalt ist betroffen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Ereignisse um die ICCT-Studie dem mit Vorlagebeschluss des Landgerichts unterbreiteten Feststellungsziel I.A.2. Spiegelstrich 1 zugrunde liegen.

Schließlich ist die Erweiterung sachdienlich, da sie für eine Vielzahl von Ausgangsverfahren relevant ist.

f) Das Musterverfahren ist auf Antrag der Musterklägerin (eA 952 Rn. 1003) um das Feststellungsziel C.I.2.a zu erweitern.

aa) Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Die Entscheidung des Ausgangsverfahrens der Musterklägerin hängt von der mit dem Feststellungsziel C.I.2.a aufgeworfenen Frage ab. Eine Haftung der Musterbeklagten gem. § 37b WpHG a.F. wegen der unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung bezüglich der Rückrufaktion kommt nur in Betracht, wenn es sich bei diesem Umstand um eine Insiderinformation handelt. Die Musterklägerin macht (auch) Schadensersatzansprüche aufgrund von Transaktionen mit Aktien der Musterbeklagten am 14.5.2015 geltend, weshalb die Frage nach der Einordnung eines im Dezember 2014 erfolgten Vorgangs als Insiderinformation für die Entscheidung ihres Individualrechtsstreits erheblich sein kann. Unschädlich ist insofern, dass die dem Feststellungsziel zugrundeliegenden tatsächlichen Umstände – Einleitung einer Rückrufaktion, tatsächlicher Zweck der neu entwickelten Software – nicht als zusätzliches Feststellungsziel unterbreitet werden. Wie die Musterklägerin aufzeigt (eA 952 f. Rn. 1007 ff.), sind diese Umstände zwischen den Parteien nicht streitig.

Die Unzulässigkeit des Erweiterungsantrags ergibt sich nicht aus den Ausführungen der Beigeladenen, wonach maßgebliche Information nicht die Einleitung der Rückrufaktion sein könne (eA 977). Dieses Vorbringen betrifft lediglich die Frage der Begründetheit. Dasselbe gilt für die Argumentation der Nebenintervenientin, die Musterklägerin könne nicht aufzeigen, dass der Rückrufaktion eine eigene Kursrelevanz zukomme, die über diejenige des Grundsachverhalts „Softwareveränderung“ hinausgehe (eA 1082). Sofern die Beigeladenen ausführen, stattdessen sei allenfalls auf die Vertiefung des Betrugs durch Neukalibrierung der Motorsteuerungssoftware im Rahmen der Rückrufaktion abzustellen, lässt sich dieser Umstand dem von der Musterklägerin formulierten Feststellungsziel entnehmen.

Der gleiche Lebenssachverhalt ist betroffen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Ereignisse um die Rückrufaktion dem mit Vorlagebeschluss des Landgerichts unterbreiteten Feststellungsziel I.A.2. Spiegelstrich 3 zugrunde liegen.

Schließlich ist die Erweiterung sachdienlich. Dies ist schon deshalb der Fall, weil sich die dem Senat unterbreitete Frage nach der unmittelbaren Betroffenheit bezüglich der Ereignisse um die Rückrufaktion nur dann sinnvoll beantworten lässt, wenn zuvor die Eigenschaft der Ereignisse um die Rückrufaktion als Insiderinformation geprüft und ggf. bejaht wurde (vgl. bereits S. 6 des Hinweisbeschlusses des Senats vom 21.5.2021, eA 197). Im Übrigen ist die Frage nach der Qualifikation als Insiderinformation für eine Vielzahl von Ausgangsverfahren relevant.

bb) Die Formulierung des Feststellungsziels entspricht zudem den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Bestimmtheit. Insbesondere werden die Auswirkungen auf die Musterbeklagte, aus denen sich das Kursbeeinflussungspotential ergeben soll, hinreichend konkretisiert. Sofern dem Feststellungsziel nicht ausdrücklich zu entnehmen ist, für wen der fragliche Umstand eine Insiderinformation sein soll, steht dies der Bestimmtheit des Feststellungsziels nicht entgegen. Vielmehr ergibt sich im Wege der Auslegung, dass die Frage aufgeworfen ist, ob es sich bei dem genannten Umstand um eine Insiderinformation für die Musterbeklagte handelt.

g) Das Musterverfahren ist auf Antrag der Musterklägerin (eA 952 Rn. 1004) um das Feststellungsziel C.I.2.b zu erweitern.

aa) Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Die Entscheidung des Ausgangsverfahrens der Musterklägerin hängt von der mit dem Feststellungsziel C.I.2.b aufgeworfenen Frage ab. Eine Haftung der Musterbeklagten gem. § 37b WpHG a.F. wegen der unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung bezüglich der Rückrufaktion kommt nur in Betracht, wenn die Musterbeklagte von diesem Umstand unmittelbar betroffen ist.

Dass derselbe Lebenssachverhalt betroffen ist, ergibt sich daraus, dass das Feststellungsziel auf dieselbe Fragestellung gerichtet ist wie das vom Landgericht im Vorlagebeschluss unterbreitete Feststellungsziel I.A.2. Spiegelstrich 3. Die Sachdienlichkeit folgt bereits daraus, dass das Feststellungsziel C.I.2.b dazu dient, den Bedenken an der Bestimmtheit des Feststellungsziels I.A.2. Spiegelstrich 3 (vgl. dazu S. 5 des Hinweisbeschlusses vom 30.7.2021, eA 673) Rechnung zu tragen.

bb) Die Formulierung des Feststellungsziels entspricht zudem den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Bestimmtheit. Insofern wird auf die vorstehenden Ausführungen unter f) bb) verwiesen.

h) Das Musterverfahren ist auf Antrag der Musterklägerin (eA 952 Rn. 1005) um das Feststellungsziel C.I.2.c zu erweitern.

Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Die Entscheidung des Ausgangsverfahrens der Musterklägerin hängt von der mit dem Feststellungsziel C.I.2.c aufgeworfenen Frage ab. Eine Haftung der Musterbeklagten gem. § 37b WpHG a.F. wegen der unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung bezüglich der Rückrufaktion kommt nur in Betracht, wenn die Musterbeklagte es mindestens grob fahrlässig unterlassen hat, die etwaige Insiderinformation unverzüglich im Sinne des § 15 Abs. 1 WpHG a.F. zu veröffentlichen. Da die Musterklägerin (auch) Schadensersatzansprüche aufgrund von Transaktionen mit Aktien der Musterbeklagten am 14.5.2015 geltend macht, kann die Entscheidung des Individualrechtsstreits der Musterklägerin von dem Feststellungsziel abhängen, das einen Vorgang im Dezember 2014 zum Gegenstand hat.

Der gleiche Lebenssachverhalt ist betroffen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Ereignisse um die Rückrufaktion dem mit Vorlagebeschluss des Landgerichts unterbreiteten Feststellungsziel I.A.2. Spiegelstrich 3 zugrunde liegen.

Schließlich ist die Erweiterung sachdienlich, da sie für eine Vielzahl von Ausgangsverfahren relevant ist.

i) Das Musterverfahren ist auf Antrag der Musterklägerin (eA 948 f. Rn. 984) um das Feststellungsziel D.I.1. zu erweitern.

Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Es handelt sich um eine zu treffende tatsächliche Feststellung, die im Ausgangspunkt entscheidungserheblich ist. Der gleiche Lebenssachverhalt ist betroffen.

Ebenso ist die Erweiterung sachdienlich, da sie für eine Vielzahl von Ausgangsverfahren relevant ist. Wie mit Verfügung vom 9.2.2022 ausgeführt wurde, ist unerheblich, ob das Feststellungziel im Hinblick auf weitere Feststellungsziele voraussichtlich gegenstandslos werden wird (so aber die Musterbeklagte eA 716 f. Rn. 69 ff.). Soweit dies in der Literatur mit der Erwägung vertreten wird, die Sachdienlichkeit sei zu verneinen, wenn es nach den bisherigen Ergebnissen des Musterverfahrens für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens nicht mehr auf die Beantwortung der weiteren Feststellungsziele ankomme (Kruis in Wieczorek/​Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 15 Rn. 20), wird übersehen, dass Ergebnisse des Musterverfahrens frühestens mit dem Erlass des Musterentscheids feststehen. Dieser kann nicht teilweise im Rahmen einer vorausgehenden und nicht rechtsmittelfähigen Entscheidung über die Erweiterung nach § 15 KapMuG vorweggenommen werden.

Die Unzulässigkeit des Erweiterungsantrags ergibt sich nicht aus den Ausführungen der Nebenintervenientin (eA 1082), wonach die Informationsverschaffung als solche keine Insiderinformation darstellen könne, sondern die Information selbst entscheidend sei, sowie aus den Ausführungen der Beigeladenen (eA 976), wonach Bedenken daran bestünden, ob es sich bei dem Schreiben von Frank Tuch an Martin Winterkorn um eine Insiderinformation handle. Die Frage nach der Eigenschaft des Schreibens Frank Tuchs als Insiderinformation wird im entsprechenden Erweiterungsantrag nicht aufgeworfen. Ob die von der Musterklägerin begehrte Feststellung nicht zu treffen ist, weil Prof. Dr. Winterkorn – wie die Beigeladenen geltend machen (eA 976) – schon 2007/​2008 Kenntnis von den maßgeblichen Informationen gehabt haben soll, ist eine Frage der Begründetheit.

j) Auf Antrag der Beigeladenen Dr. Andreas Gehrt, Wilhelm Menke, Maik Upgang, Hanna und Dr. Hermann Best, Theo Breil, Günter Heubach, Burghard Gude, Gerhard Schmidt-Delavant, Michael Rüb, Wolfgang Schröder, Karla Simons, Udo Bungard, Friedrich Kalle und ITAS AG (eA 1100) ist das Musterverfahren um das Feststellungsziel C.I.3.a zu erweitern.

aa) Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Die Entscheidung der Ausgangsverfahren der vorgenannten Beigeladenen hängt von der mit dem Feststellungsziel C.I.3.a aufgeworfenen Frage ab. Eine Haftung der Musterbeklagten gem. § 37b WpHG a.F. wegen der unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung bezüglich der Mitteilung der CARB vom 8.7.2015 über die im Feststellungsziel aufgeführten Umstände kommt nur in Betracht, wenn es sich bei dem Umstand der Mitteilung um eine Insiderinformation handelt. Wie sich aus den Aussetzungsbeschlüssen ergibt, die die Ausgangsverfahren der genannten Beigeladenen betreffen, haben sämtliche Beigeladene (auch) nach dem 8.7.2015 Aktien der Musterbeklagten erworben und machen (auch) Schadensersatzansprüche aufgrund dieser nach dem 8.7.2015 erfolgten Transaktionen mit Aktien der Musterbeklagten geltend, die jeweiligen Ausgangsverfahren wurden (auch) im Hinblick auf die nach dem 8.7.2015 erfolgten Aktienerwerbe ausgesetzt. Die Frage nach der Einordnung eines am 8.7.2015 erfolgten Vorgangs als Insiderinformation kann für die Entscheidung ihres Individualrechtsstreits jeweils erheblich sein.

Unschädlich ist insofern, dass die dem Feststellungsziel zugrundeliegenden tatsächlichen Umstände – Mitteilung der CARB an die Nebenintervenientin darüber, dass die Updates nicht ausreichend seien und die Zulassung für das Modelljahr 2016 gefährdet sei – nicht als zusätzliches Feststellungsziel unterbreitet werden. Wie die vorgenannten Beigeladenen aufzeigen, sind diese Umstände zwischen den Parteien nicht streitig. Ebenso unerheblich ist, ob die Frage nach der Aufdeckungswahrscheinlichkeit zwischen den Parteien in Streit steht. Gegenstand der unterbreiteten Feststellungsziele ist die Mitteilung der CARB an die Nebenintervenientin. Die weitere im Feststellungsziel enthaltene Behauptung, dass hierdurch die Aufdeckung der Abgasmanipulation gedroht habe, dient dazu, im Hinblick auf die an die Bestimmtheit zu stellenden höchstrichterlichen Anforderungen das Kursbeeinflussungspotential herauszuarbeiten, das sich aus den als Feststellungsziel unterbreiteten Umständen ergeben soll. Die Frage, ob die Aufdeckung der Manipulation wahrscheinlich war, wird ggf. im Rahmen der materiellen Prüfung der Eigenschaft als Insiderinformation zu prüfen sein.

Der gleiche Lebenssachverhalt ist betroffen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Ereignisse um die Mitteilung der CARB dem mit Vorlagebeschluss des Landgerichts unterbreiteten Feststellungsziel I.A.2. Spiegelstrich 4 zugrunde liegen.

Schließlich ist die Erweiterung sachdienlich. Dies ist schon deshalb der Fall, weil sich die dem Senat unterbreitete Frage nach der unmittelbaren Betroffenheit bezüglich der Ereignisse um die Mitteilung der CARB nur dann sinnvoll beantworten lässt, wenn zuvor die Eigenschaft der Ereignisse um die Mitteilung der CARB als Insiderinformation geprüft und ggf. bejaht wurde (vgl. bereits S. 6 des Hinweisbeschlusses des Senats vom 21.5.2021, eA 197). Im Übrigen ist die Frage nach der Qualifikation als Insiderinformation für eine Vielzahl von Ausgangsverfahren relevant. Abgesehen hiervon sind die Ereignisse um die Mitteilung der CARB bereits im vom Landgericht vorgelegten Feststellungsziel I.A.2. aufgeführt, die Ausgangsverfahren wurden also – worauf die Musterklägerin zutreffend hinweist (eA 957 f. Rn. 1037) – auch im Hinblick auf dieses Feststellungsziel ausgesetzt.

bb) Die Formulierung des Feststellungsziels entspricht zudem den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Bestimmtheit. Insbesondere werden nunmehr die Auswirkungen auf die Musterbeklagte, aus denen sich das Kursbeeinflussungspotential ergeben soll, insofern konkretisiert, als auf das Risiko der Aufdeckung der verwendeten Manipulationssoftware abgestellt wird. Sofern dem Feststellungsziel nicht ausdrücklich zu entnehmen ist, für wen der fragliche Umstand eine Insiderinformation sein soll, steht dies der Bestimmtheit des Feststellungsziels nicht entgegen. Vielmehr ergibt sich im Wege der Auslegung, dass die Frage aufgeworfen ist, ob es sich bei dem genannten Umstand um eine Insiderinformation für die Musterbeklagte handelt. Entgegen der Auffassung der Nebenintervenientin (eA 1082) steht der Bestimmtheit nicht entgegen, dass die Formulierung des Feststellungsziels offen lasse, ob die bezeichneten Umstände kumulativ oder einzeln eine Insidertatsache darstellen sollen. Vielmehr ergibt die Auslegung des Erweiterungsantrags, dass die Frage aufgeworfen wird, ob die genannten Umstände kumulativ betrachtet als Insiderinformation zu qualifizieren sind.

k) Auf Antrag der Beigeladenen Dr. Andreas Gehrt, Wilhelm Menke, Maik Upgang, Hanna und Dr. Hermann Best, Theo Breil, Günter Heubach, Burghard Gude, Gerhard Schmidt-Delavant, Michael Rüb, Wolfgang Schröder, Karla Simons, Udo Bungard, Friedrich Kalle und ITAS AG (eA 1100) ist das Musterverfahren um das Feststellungsziel C.I.3.b zu erweitern.

aa) Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Die Entscheidung des Ausgangsverfahrens der Musterklägerin hängt von der mit dem Feststellungsziel C.I.3.b aufgeworfenen Frage ab. Eine Haftung der Musterbeklagten gem. § 37b WpHG a.F. wegen der unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung bezüglich der Mitteilung der CARB kommt nur in Betracht, wenn die Musterbeklagte von diesem Umstand unmittelbar betroffen ist.

Dass derselbe Lebenssachverhalt betroffen ist, ergibt sich daraus, dass das Feststellungsziel auf dieselbe Fragestellung gerichtet ist wie das vom Landgericht im Vorlagebeschluss unterbreitete Feststellungsziel I.A.2 Spiegelstrich 4.

Auch die Sachdienlichkeit ist zu bejahen. Zwar ist die Mitteilung der CARB vom 8.7.2015 bereits im Vorlagebeschluss in I.A.2. im Zusammenhang mit der unmittelbaren Betroffenheit als Feststellungsziel aufgeführt, zudem dürfte insofern von einer hinreichenden Bestimmtheit auszugehen sein. Jedoch ist das Feststellungsziel C.I.3.b umfassender formuliert und verdeutlicht die potentielle Kursrelevanz besser als das bloße Schlagwort im Vorlagebeschluss.

bb) Die Formulierung des Feststellungsziels entspricht zudem den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Bestimmtheit. Insofern wird auf die vorstehenden Ausführungen unter j) bb) verwiesen.

l) Auf Antrag der Beigeladenen Dr. Andreas Gehrt, Wilhelm Menke, Maik Upgang, Hanna und Dr. Hermann Best, Theo Breil, Günter Heubach, Burghard Gude, Gerhard Schmidt-Delavant, Michael Rüb, Wolfgang Schröder, Karla Simons, Udo Bungard, Friedrich Kalle und ITAS AG (eA 1100) ist das Musterverfahren um das Feststellungsziel C.I.3.c zu erweitern.

Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Die Entscheidung der Ausgangsverfahren der den Erweiterungsantrag stellenden Beigeladenen hängt von der mit dem Feststellungsziel C.I.3.c aufgeworfenen Frage ab. Eine Haftung der Musterbeklagten gem. § 37b WpHG a.F. wegen der unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung bezüglich der Mitteilung der CARB kommt nur in Betracht, wenn die Musterbeklagte es mindestens grob fahrlässig unterlassen hat, die etwaige Insiderinformation unverzüglich im Sinne des § 15 Abs. 1 WpHG a.F. zu veröffentlichen. Da die Beigeladenen (auch) Schadensersatzansprüche aufgrund von Transaktionen mit Aktien der Musterbeklagten geltend machen, die zeitlich nach dem 8.7.2015 erfolgt sind, kann die Entscheidung der Individualrechtsstreite der Beigeladenen von dem Feststellungsziel abhängen, das einen Vorgang vom 8.7.2015 zum Gegenstand hat.

Der gleiche Lebenssachverhalt ist betroffen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Ereignisse um die Mitteilung der CARB dem mit Vorlagebeschluss des Landgerichts unterbreiteten Feststellungsziel I.A.2. Spiegelstrich 4 zugrunde liegen.

Schließlich ist die Erweiterung sachdienlich, da sie für eine Vielzahl von Ausgangsverfahren relevant ist.

m) Auf Antrag der Beigeladenen Dr. Andreas Gehrt, Hanna Best, Dr. Herrmann Best und Karla Simons (eA 1105) ist das Musterverfahren um das Feststellungsziel C.I.4.a zu erweitern.

Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Die Entscheidung der Ausgangsverfahren der vorgenannten Beigeladenen hängt von der mit dem Feststellungsziel C.I.4.a aufgeworfenen Frage ab. Eine Haftung der Musterbeklagten gem. § 37b WpHG a.F. bezüglich des Einräumens der Verwendung einer Manipulationssoftware gegenüber den US-Umweltbehörden am 3.9.2015 kommt nur in Betracht, wenn es sich bei diesem Umstand um eine Insiderinformation handelt. Wie sich aus den Aussetzungsbeschlüssen ergibt, die die Ausgangsverfahren der genannten Beigeladenen betreffen, haben sämtliche den Erweiterungsantrag C.I.4.a stellenden Beigeladenen (auch) nach dem 3.9.2015 Aktien der Musterbeklagten erworben und machen (auch) Schadensersatzansprüche aufgrund dieser nach dem 3.9.2015 erfolgten Transaktionen mit Aktien der Musterbeklagten geltend, die jeweiligen Ausgangsverfahren wurden (auch) im Hinblick auf die nach dem 3.9.2015 erfolgten Aktienerwerbe ausgesetzt. Die Frage nach der Einordnung eines am 3.9.2015 erfolgten Vorgangs als Insiderinformation kann für die Entscheidung ihres Individualrechtsstreits jeweils erheblich sein.

Unschädlich ist insofern, dass der dem Feststellungsziel zugrundeliegende tatsächliche Umstand – Einräumung der Verwendung einer Manipulationssoftware durch die Nebenintervenientin gegenüber den US-Umweltbehörden – nicht als zusätzliches Feststellungsziel unterbreitet wird. Wie die vorgenannten Beigeladenen aufzeigen (eA 1105 f.), ist dieser Umstand zwischen den Parteien nicht streitig.

Der gleiche Lebenssachverhalt ist betroffen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Ereignisse um die Einräumung der Verwendung einer Manipulationssoftware dem mit Vorlagebeschluss des Landgerichts unterbreiteten Feststellungsziel I.A.2. Spiegelstrich 5 zugrunde liegen.

Schließlich ist die Erweiterung sachdienlich. Dies ist schon deshalb der Fall, weil sich die dem Senat unterbreitete Frage nach der unmittelbaren Betroffenheit bezüglich der Ereignisse um die Einräumung der Verwendung einer Manipulationssoftware durch die Nebenintervenientin gegenüber den US-Umweltbehörden nur dann sinnvoll beantworten lässt, wenn zuvor die Eigenschaft der Ereignisse um die Einräumung der Verwendung einer Manipulationssoftware als Insiderinformation geprüft und ggf. bejaht wurde (vgl. bereits S. 6 des Hinweisbeschlusses des Senats vom 21.5.2021, eA 197). Im Übrigen ist die Frage nach der Qualifikation als Insiderinformation für eine Vielzahl von Ausgangsverfahren relevant. Abgesehen hiervon sind die Ereignisse um die Einräumung der Verwendung einer Manipulationssoftware bereits im vom Landgericht vorgelegten Feststellungsziel I.A.2. aufgeführt, die Ausgangsverfahren wurden also auch im Hinblick auf dieses Feststellungsziel ausgesetzt.

n) Auf Antrag der Beigeladenen Dr. Andreas Gehrt, Hanna Best, Dr. Herrmann Best und Karla Simons (eA 1105) ist das Musterverfahren um das Feststellungsziel C.I.4.c zu erweitern.

Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Die Entscheidung der Ausgangsverfahren der den Erweiterungsantrag stellenden Beigeladenen hängt von der mit dem Feststellungsziel C.I.4.c aufgeworfenen Frage ab. Eine Haftung der Musterbeklagten gem. § 37b WpHG a.F. wegen der unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung bezüglich der Einräumung der Manipulationssoftware gegenüber den US-Umweltbehörden kommt nur in Betracht, wenn die Musterbeklagte es mindestens grob fahrlässig unterlassen hat, die etwaige Insiderinformation unverzüglich im Sinne des § 15 Abs. 1 WpHG a.F. zu veröffentlichen. Da die Beigeladenen (auch) Schadensersatzansprüche aufgrund von Transaktionen mit Aktien der Musterbeklagten geltend machen, die zeitlich nach dem 3.9.2015 erfolgt sind, kann die Entscheidung der Individualrechtsstreite der Beigeladenen von dem Feststellungsziel abhängen, das einen Vorgang vom 3.9.2015 zum Gegenstand hat.

Der gleiche Lebenssachverhalt ist betroffen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Ereignisse um die Einräumung der Verwendung einer Manipulationssoftware dem mit Vorlagebeschluss des Landgerichts unterbreiteten Feststellungsziel I.A.2. Spiegelstrich 5 zugrunde liegen.

Schließlich ist die Erweiterung sachdienlich, da sie für eine Vielzahl von Ausgangsverfahren relevant ist.

o) Auf Antrag des Beigeladenen Dr. Heimann (eA 880 Rn. 135) ist das Musterverfahren um das Feststellungsziel B.I.1.a zu erweitern.

Die Voraussetzungen des § 15 KapMuG sind gegeben.

Die Entscheidung des Ausgangsverfahrens des Beigeladenen Dr. Heimann kann von der mit dem Feststellungsziel B.I.1.a aufgeworfenen Frage abhängen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist offen, ob auf Seiten der Musterbeklagten Kenntnis von den in Rede stehenden Insiderinformationen vorhanden war. Ggf. wird dies erst nach der Durchführung einer Beweisaufnahme beurteilt werden können. Bis dahin besteht die Möglichkeit, dass die Klärung des Feststellungsziels für den Ausgang des Verfahrens erheblich werden kann. Diese Möglichkeit reicht aus, um eine Abhängigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KapMuG zu begründen.

Derselbe Lebenssachverhalt ist betroffen. Zudem ist die Erweiterung sachdienlich. Die aufgeworfene Frage ist für eine Vielzahl von Ausgangsverfahren relevant.

Die fehlende Sachdienlichkeit ergibt sich entgegen der Auffassung der Musterbeklagten (eA 1059 Rn. 315) nicht daraus, dass es sich um das kontradiktorische Gegenteil des von der Musterbeklagten mit Schriftsatz vom 15.10.2021 (eA 715 Rn. 65) beantragten Feststellungsziels handelt. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass zum jetzigen Zeitpunkt sowohl über den Erweiterungsantrag der Musterbeklagten (eA 715 Rn. 65) als auch über den Erweiterungsantrag des Beigeladenen Dr. Heimann (eA 880 Rn. 135) zu befinden ist. Wie vorstehend unter 1c ausgeführt wurde, besteht entgegen der Auffassung der Nebenintervenientin (eA 1083) kein Anlass, einem der kontradiktorisch formulierten Feststellungsziele den Vorzug zu geben.

p) …

Vatter Bernhard Dr. Schlecht
Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht
Richter
am Oberlandesgericht
Richterin
am Oberlandesgericht

 

 

 

Leave A Comment