Der türkische Fußball steht vor einem Skandal historischen Ausmaßes. Wie Verbandspräsident Ibrahim Haciosmanoglu bekannt gab, sollen Hunderte Schiedsrichter in der Türkei illegal auf Fußballspiele gewettet haben – darunter auch Unparteiische, die in den höchsten Ligen des Landes aktiv sind. Die Enthüllungen werfen ein Schlaglicht auf ein tiefes Vertrauensproblem im türkischen Profifußball und drohen, das Ansehen der Liga schwer zu beschädigen.
„Wir sind entschlossen, den Fußball von jeglicher Spur von Korruption zu befreien. Es wird keine Ausnahmen geben“, erklärte Haciosmanoglu am Montag. Noch am selben Tag sollten erste Sanktionen verhängt werden. Namen nannte der Verbandschef bislang nicht, doch das Ausmaß der Vorwürfe ist gewaltig.
Laut den Ergebnissen einer internen Untersuchung wurden 571 aktive Schiedsrichter überprüft. Bei 371 von ihnen fand der Verband Wettkonten, 152 sollen nachweislich aktiv gewettet haben. Besonders brisant: Zehn der Referees hätten mehr als 10.000 Wetten platziert, einer sogar über 18.000. Insgesamt 42 Schiedsrichter sollen auf mehr als 1.000 Fußballspiele gesetzt haben.
Zwar betreffen die meisten Wetten laut Verband Spiele ausländischer Ligen, doch 22 der betroffenen Schiedsrichter sind auch auf nationaler Ebene tätig – also in Wettbewerben, in denen sie selbst im Einsatz stehen könnten. Ob einige von ihnen auf eigene Spiele gewettet haben, ließ Haciosmanoglu offen. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, stünde der türkische Fußball vor einer Krise, wie sie das Land bislang nicht erlebt hat.
Wetten sind Schiedsrichtern in den türkischen Ligen grundsätzlich untersagt, um jede Form von Befangenheit oder Manipulation auszuschließen. Dennoch hat das Thema immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Bereits im Frühjahr 2024 hatte der türkische Fußballverband nach massiven Manipulationsvorwürfen entschieden, für mehrere Partien der Süper Lig ausländische Video-Schiedsrichter einzusetzen – ein Schritt, der damals als Versuch gewertet wurde, Vertrauen zurückzugewinnen.
Der aktuelle Verdacht droht nun, diesen Bemühungen ein abruptes Ende zu setzen. Experten warnen vor einem tiefen Vertrauensverlust bei Fans, Vereinen und Sponsoren. Sollte sich das volle Ausmaß der Vorwürfe bestätigen, könnte der türkische Fußball vor einer umfassenden Neuordnung stehen – von der Schiedsrichteraufsicht bis hin zur Verbandsstruktur.
Für den Moment aber herrscht vor allem eines: Fassungslosigkeit. Ein System, das eigentlich für Fairness sorgen sollte, steht nun selbst im Zentrum massiver Manipulationsvorwürfe. Der türkische Fußball steht damit vor seiner größten Bewährungsprobe seit Jahrzehnten.
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