Mehrere mutmaßliche Opfer des verstorbenen Finanzinvestors und verurteilten Sexualstraftäters Jeffrey Epstein haben bei einer Pressekonferenz am 3. September vor dem US-Kongress die vollständige Offenlegung sämtlicher Ermittlungsakten gefordert. Sie werfen der US-Regierung und dem Justizministerium vor, wichtige Informationen über das weitreichende Missbrauchsnetzwerk Epsteins zurückzuhalten.
Die Forderungen stoßen auf politische Widerstände – insbesondere aus dem Umfeld von Ex-Präsident Donald Trump, dessen Name in mehreren Ermittlungsakten auftauchen soll. Trump sprach im Zusammenhang mit der Debatte von einem „demokratischen Schwindel“.
33.000 Seiten veröffentlicht – aber wenig Neues
Das US-Repräsentantenhaus hatte am 2. September rund 33.295 Seiten an Unterlagen aus dem Justizministerium veröffentlicht. Kritiker bemängeln jedoch, dass der Großteil der Dokumente bereits zuvor öffentlich war. Enthüllungen über mögliche Unterstützer oder Komplizen blieben weitgehend aus – eine sogenannte „Klientenliste“ sei nicht enthalten, erklärte das Justizministerium.
Betroffene berichten – Emotionale Anhörung im Kongress
Mehrere Überlebende, darunter Marina Lacerda, Anouska De Georgiou und Liz Stein, schilderten ihre Erlebnisse mit Epstein und seiner Vertrauten Ghislaine Maxwell, die derzeit eine 20-jährige Haftstrafe verbüßt. Lacerda, die laut eigener Aussage im Alter von 14 Jahren missbraucht wurde, forderte: „Das Mindeste, was man uns geben kann, sind unsere eigenen Unterlagen.“
Die republikanische Abgeordnete Nancy Mace, selbst Opfer sexueller Gewalt, verließ ein Treffen mit den Überlebenden unter Tränen. Sie sprach später öffentlich von einem „Panikzustand“ nach den Berichten der Opfer.
Politischer Streit über Offenlegung eskaliert
Ein parteiübergreifendes Gesetzesvorhaben von Thomas Massie (Republikaner) und Ro Khanna (Demokraten) will das Justizministerium zur vollständigen Veröffentlichung aller relevanten Dokumente zwingen – darunter auch Flugprotokolle, Absprachen mit Kooperationspartnern und Namen mutmaßlicher Unterstützer.
Massie erklärte, ihm fehlten noch zwei republikanische Unterschriften, um eine Abstimmung im Repräsentantenhaus zu erzwingen. Die Parteiführung der Republikaner lehnt eine solche Offenlegung jedoch ab. House Speaker Mike Johnson erklärte, das Gesetz sei „nicht mehr notwendig“.
Militärflug sorgt für Irritationen
Während der Pressekonferenz am Kapitol unterbrach ein US-Militärflug das Statement mehrerer Opfer. Laut Weißem Haus handelte es sich um einen Überflug zu Ehren eines verstorbenen polnischen Piloten – dennoch äußerten Opfer den Verdacht, es handele sich um eine bewusste Störung. „Es war entwürdigend“, schrieb eine Teilnehmerin auf der Plattform X (ehemals Twitter).
Trump erneut in der Kritik
Trump war in den 1990er-Jahren mit Epstein befreundet und mehrfach mit ihm öffentlich aufgetreten. Er bestreitet jedoch, je dessen Privatinsel besucht zu haben oder in den Missbrauch verwickelt gewesen zu sein. Medienberichte nennen ihn dennoch in verschiedenen Kontexten der Ermittlungen. Trump sprach zuletzt von einer „politisch motivierten Kampagne“, um von seiner Präsidentschaft abzulenken.
Die Generalstaatsanwältin Pam Bondi hatte bereits im Mai gegenüber Trump bestätigt, dass sein Name in den Ermittlungsakten mehrfach auftauche. Sie lehnt jedoch die Veröffentlichung weiterer Daten ab und verweist auf den Schutz der Opfer und pornografisches Material, das nicht veröffentlicht werden könne.
Opferanwälte fordern vollständige Transparenz
Mehrere Opferanwälte fordern indes die kompromisslose Offenlegung aller Dokumente. Anwalt Bradley Edwards sagte: „Wenn die Öffentlichkeit sieht, was wirklich in diesen Akten steht, wird sie schockiert sein.“ Auch die Vertuschung mutmaßlicher Mitwisser oder Komplizen aus Politik und Wirtschaft müsse aufgeklärt werden.
Hintergrund:
Jeffrey Epstein war 2019 in Untersuchungshaft gestorben. Offiziell wurde sein Tod als Suizid eingestuft. Er war wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und Menschenhandels angeklagt. Seine engste Vertraute, Ghislaine Maxwell, wurde 2021 in einem separaten Prozess schuldig gesprochen.
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