Tech-Milliardär Elon Musk greift erneut eines der großen Internet-Urgesteine an: die Online-Enzyklopädie Wikipedia. Auf seiner Plattform X (ehemals Twitter) kündigte der Unternehmer an, über seine KI-Firma xAI eine eigene Wissensplattform namens „Grokipedia“ zu entwickeln. Ziel sei es, eine objektivere und „wahrheitsgetreuere“ Alternative zu schaffen.
Musk, der bereits durch Projekte wie SpaceX, Tesla und zuletzt durch die Entwicklung des Chatbots Grok von sich reden machte, wirft Wikipedia seit Jahren eine politische Schlagseite vor. Die Plattform sei laut ihm „von Aktivisten gekapert“ und spiegle eine einseitige, „linke“ Weltsicht wider. Mit Grokipedia wolle er „Fakten und Wissen frei von Ideologie“ anbieten – ein Anspruch, den viele Beobachter skeptisch sehen.
Eine KI als Wissenswächter
Laut Musk soll Grokipedia die Technologie von xAI nutzen, um Inhalte automatisiert zu prüfen, zu verknüpfen und aktuell zu halten. Anders als Wikipedia, deren Beiträge von Freiwilligen erstellt und bearbeitet werden, soll Grokipedia laut Musks Vision auf KI-generierte Inhalte setzen, die sich ständig anhand neuer Daten anpassen.
Kritiker warnen jedoch, dass gerade Künstliche Intelligenz anfällig für Verzerrungen ist – je nachdem, mit welchen Daten sie trainiert wird. „Wenn Musk behauptet, er wolle die Wahrheit finden, muss er zunächst definieren, was er darunter versteht“, kommentiert der Informatiker Dr. Arjun Patel von der Universität Stanford. Schon bei seinem KI-Chatbot Grok wurde deutlich, dass Musks Systeme Inhalte mit humorvoller oder provokativer Note versehen – was der Objektivität nicht unbedingt dient.
Konkurrenz oder Kontrolle?
Ob Grokipedia tatsächlich ein ernstzunehmendes Gegenprojekt zu Wikipedia wird, bleibt fraglich. Wikipedia gehört mit über 60 Millionen Artikeln in fast 300 Sprachen zu den meistgenutzten Wissensquellen der Welt. Ihr Erfolg basiert auf einem gemeinnützigen Modell, das durch die Zusammenarbeit von Millionen Freiwilligen lebt. Musk hingegen verfolgt bei seinen Projekten in der Regel kommerzielle oder politische Ziele.
Beobachter werten die Ankündigung daher auch als Teil von Musks Strategie, sein eigenes Technologie-Ökosystem rund um X und xAI zu erweitern. So könnte Grokipedia künftig mit Grok und der Plattform X verknüpft werden – und Nutzern direkt dort „Wissen“ liefern, wo sie ohnehin aktiv sind.
Gefahr einer Echokammer?
Die Ankündigung stößt auch auf Kritik aus der Open-Source-Community. Viele befürchten, dass Musk mit Grokipedia ein geschlossene Wissensplattform schaffen könnte, die Daten zentral steuert – im Gegensatz zum offenen Ansatz von Wikipedia. „Wenn Wissen von einer Firma kontrolliert wird, die einer einzelnen Person gehört, ist das keine Demokratisierung, sondern das Gegenteil“, sagt Katherine Maher, ehemalige Chefin der Wikimedia Foundation.
Tatsächlich hat Musk in der Vergangenheit mehrfach versucht, bestehende Medienstrukturen zu hinterfragen oder zu umgehen – sei es durch seine eigenen Informationskanäle auf X oder durch die Förderung alternativer Nachrichtendienste.
Fazit
Mit Grokipedia will Elon Musk den Kampf um die Deutungshoheit im digitalen Raum eröffnen. Ob daraus eine neue Wissensplattform oder nur ein weiterer Marketing-Gag wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist: Der Streit um Wahrheit, Objektivität und Kontrolle über Informationen geht damit in die nächste Runde.
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