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„Ein Monat ist die Regel, nicht die Ausnahme“

geralt (CC0), Pixabay
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Interview mit dem Fachanwalt für Versicherungsrecht Jens Reime über die neuen Erwartungen der BaFin zur Bearbeitungsdauer von Leistungsanträgen

Redaktion: Herr Reime, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat eine Aufsichtsmitteilung veröffentlicht, in der sie auf lange Bearbeitungszeiten von Versicherungsleistungen eingeht. Was bedeutet das konkret für Verbraucherinnen und Verbraucher?

Jens Reime: Die BaFin hat sehr deutlich gemacht, dass Versicherer Leistungsanträge grundsätzlich innerhalb eines Monats abschließend bearbeiten müssen – vorausgesetzt, der Versicherungsnehmer hat seine Mitwirkungspflichten erfüllt. Das ist ein wichtiges Signal für alle Versicherten, die mit Verzögerungen zu kämpfen haben.

Redaktion: Was ist mit Fällen, in denen Versicherer die Bearbeitung mit Personalmangel oder einem hohen Schadenaufkommen begründen?

Reime: Das lässt die BaFin ausdrücklich nicht als Entschuldigung gelten. Eine funktionierende Geschäftsorganisation gehört zu den gesetzlichen Pflichten eines Versicherers. Das heißt: Ein Unternehmen, das am Markt agiert, muss so aufgestellt sein, dass es auch bei erhöhter Belastung seine Leistungen ordnungsgemäß und fristgerecht erbringen kann.

Redaktion: Wie wird der Begriff „fristgerecht“ in diesem Zusammenhang definiert?

Reime: Die Fälligkeit der Leistung tritt laut Versicherungsvertragsgesetz (§ 14 Abs. 1 VVG) dann ein, wenn der Versicherer die notwendigen Erhebungen zur Feststellung des Versicherungsfalls und seiner Leistungspflicht abgeschlossen hat. Diese Erhebungen müssen sorgfältig, aber zügig erfolgen. In der Praxis bedeutet das: Wenn alle Unterlagen vorliegen und keine weiteren sachlichen Gründe gegen eine Zahlung sprechen, muss die Erstattung unverzüglich erfolgen. Die BaFin setzt hier den Maßstab: In durchschnittlichen Fällen soll das innerhalb eines Monats geschehen.

Redaktion: Gibt es Ausnahmen von dieser Monatsfrist?

Reime: Ja, bei komplexeren Sachverhalten – etwa bei Personenschäden oder wenn Gutachten oder behördliche Ermittlungen erforderlich sind – kann es länger dauern. In solchen Fällen kann eine Bearbeitungszeit von mehr als einem Monat angemessen sein. Aber auch dann gilt: Die Dauer muss verhältnismäßig und sachlich begründet sein, nicht einfach aus organisatorischen Schwächen resultieren.

Redaktion: Was passiert, wenn ein Versicherer sich dennoch nicht an diese Vorgaben hält?

Reime: Die BaFin hat hier weitreichende Möglichkeiten. Sie kann auf Grundlage des § 298 VAG Maßnahmen ergreifen, um Missstände zu beheben. Ein Missstand liegt vor, wenn ein Verhalten gegen die Aufsichtsziele – also unter anderem den Schutz der Versicherten – verstößt. Die Aufsicht kann in solchen Fällen eingreifen, etwa durch Anordnungen oder Sanktionen gegenüber dem Versicherer.

Redaktion: Was raten Sie Versicherten, die das Gefühl haben, ihr Leistungsantrag werde unnötig verzögert?

Reime: Zunächst sollte man die Kommunikation mit dem Versicherer schriftlich dokumentieren und freundlich, aber bestimmt auf die gesetzliche Lage und die Erwartung der BaFin hinweisen. Bleibt die Leistung aus, kann eine Beschwerde bei der BaFin sinnvoll sein. In schwerwiegenden Fällen empfiehlt es sich, rechtlichen Beistand hinzuzuziehen – etwa über einen Fachanwalt oder die Verbraucherzentrale.

Redaktion: Vielen Dank, Herr Reime, für das Gespräch!

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