Frage:
Herr Reime, Angebote wie dieses werben mit rund 7,5 % Rendite, steuerlichen Vorteilen, IAB-Auflösung und „Rundum-Sorglos-Paketen“. Wie bewerten Sie solche Aussagen grundsätzlich?
Reime:
Solche Angebote sind nicht per se unseriös, aber sie sind hoch erklärungsbedürftig. Sobald Renditeversprechen, Steueroptimierung und angeblich garantierte Erträge kombiniert werden, sollten Anleger besonders aufmerksam sein. Steuervorteile sind kein Ertrag, sondern lediglich eine zeitliche Verschiebung oder Reduzierung der Steuerlast – und sie funktionieren nur unter sehr konkreten Voraussetzungen.
Frage:
Es wird betont, dass Anleger „echtes Eigentum“ an einer PV-Anlage erwerben. Klingt zunächst sicher, oder?
Reime:
„Echtes Eigentum“ ist ein gern genutzter Begriff, sagt aber wenig über das wirtschaftliche Risiko aus. Entscheidend ist nicht, dass man Eigentümer einer Anlage ist, sondern
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wo sie steht,
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wer sie betreibt,
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wie lange Pacht-, Wartungs- und Betriebsverträge laufen,
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und wie diese Verträge kündbar sind.
Viele Anleger unterschätzen, dass sie trotz Eigentum voll unternehmerisch haften, etwa bei Mindererträgen, technischen Problemen oder Vertragsstörungen mit Dienstleistern.
Frage:
Die EEG-Vergütung wird als „staatlich garantiert“ und als Absicherung nach unten dargestellt. Ist das korrekt?
Reime:
Das ist verkürzt. Das EEG garantiert einen Vergütungssatz pro eingespeister Kilowattstunde, aber keine bestimmte Strommenge.
Wenn die Anlage weniger produziert – durch Wetter, technische Defekte, Verschattung oder Netzabschaltungen – sinken die Einnahmen trotzdem.
Zudem gilt: Die Garantie greift nur, wenn alle EEG-Voraussetzungen dauerhaft erfüllt bleiben.
Frage:
Wie bewerten Sie das beworbene Mehrerlöspotenzial durch Börsenstromvermarktung?
Reime:
Das ist spekulativ. Börsenstrompreise schwanken stark. In manchen Jahren kann das Zusatzerträge bringen, in anderen nicht. Entscheidend ist, wer das Risiko trägt – der Anleger oder der Betreiber.
In der Praxis werden solche Mehrerlöse häufig optimistisch kalkuliert, während die Risiken eher kleingedruckt bleiben.
Frage:
Ein zentrales Verkaufsargument ist die Auflösung eines Investitionsabzugsbetrags (IAB). Was sollten Anleger dazu wissen?
Reime:
Der IAB ist kein Geschenk, sondern eine steuerliche Vorverlagerung von Abschreibungen.
Wenn das Investment nicht wie geplant läuft oder später verkauft wird, können Nachversteuerungen drohen. Außerdem funktioniert der IAB nur, wenn die Anlage tatsächlich unternehmerisch genutzt wird und die formalen Voraussetzungen exakt eingehalten werden.
Viele Anleger verwechseln hier Steuerstundung mit echter Rendite – das ist gefährlich.
Frage:
Das Angebot spricht von „Rundum-Sorglos-Paketen“ inklusive Wartung, Versicherung und Verwaltung. Entlastet das den Anleger nicht?
Reime:
Organisatorisch ja, rechtlich nein.
Der Anleger bleibt Unternehmer, mit allen Pflichten und Risiken. Wenn der Betreiber oder Verwalter ausfällt, schlecht arbeitet oder insolvent wird, trägt der Eigentümer das Risiko.
Gerade bei langfristigen Pacht- und Betriebsverträgen sollte man genau prüfen, wie austauschbar diese Partner sind.
Frage:
Was halten Sie von der Aussage, der Einstieg sei auch mit geringem Eigenkapital und Fremdfinanzierung möglich?
Reime:
Das erhöht das Risiko deutlich. Fremdfinanzierung funktioniert nur bei stabilen Cashflows. Schon kleinere Ertragsabweichungen können dazu führen, dass Darlehensraten nicht mehr bedient werden können.
Dann wird aus einer „soliden Sachwertanlage“ schnell ein Liquiditätsproblem.
Frage:
Ihr Fazit für Anleger?
Reime:
Photovoltaik-Direktinvestments können sinnvoll sein – aber sie sind keine Selbstläufer.
Wer investiert, sollte verstehen, dass er ein unternehmerisches Projekt kauft, kein Sparprodukt.
Ich rate dringend:
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alle Verträge vollständig prüfen zu lassen,
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Ertragsprognosen konservativ zu hinterfragen,
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steuerliche Effekte nicht mit Rendite zu verwechseln
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und nur Kapital einzusetzen, dessen zeitweiser oder vollständiger Verlust verkraftbar ist.
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