Die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister der 27 EU-Mitgliedstaaten haben sich auf ein umfassendes Maßnahmenpaket geeinigt, um zukünftige Engpässe bei wichtigen Arzneimitteln wirksamer zu verhindern und die Versorgungssicherheit in Europa nachhaltig zu stärken. Hintergrund sind die in den vergangenen Jahren immer häufiger auftretenden Lieferprobleme – insbesondere bei Antibiotika, Kinderfiebersäften, Krebsmedikamenten und anderen essenziellen Arzneimitteln. Die jetzt vereinbarten Schritte sollen die Abhängigkeit von Drittstaaten reduzieren und europäische Gesundheitssysteme widerstandsfähiger machen.
Ein zentraler Bestandteil des Beschlusses ist die Rückverlagerung eines Teils der Arzneimittelproduktion nach Europa. Bisher stammen große Teile der Wirkstoff- und Medikamentenherstellung aus Asien, vor allem aus China und Indien. Störungen in globalen Lieferketten, geopolitische Spannungen oder Produktionsausfälle hatten in der Vergangenheit direkte Auswirkungen auf die medizinische Versorgung europäischer Patienten. Durch den gezielten Ausbau eigener Produktionskapazitäten soll diese Abhängigkeit künftig deutlich verringert werden.
Gleichzeitig soll sich das Vergabeverfahren für Arzneimittel grundlegend ändern. Bisher wurden Medikamente häufig von den Anbietern gekauft, die den niedrigsten Preis boten – ein System, das nach Ansicht vieler Experten zu instabilen Lieferketten beigetragen hat. Künftig sollen weitere Kriterien eine wesentliche Rolle spielen: langfristige Liefergarantien, die Zuverlässigkeit der Hersteller, transparente Lieferbedingungen sowie eine ausreichende Lagerhaltung. Auf diese Weise soll die Versorgung auch dann gesichert bleiben, wenn einzelne Komponenten oder Lieferketten ausfallen.
Ein weiterer Punkt betrifft die strategische Bevorratung. Die Mitgliedstaaten sollen künftig größere Vorräte bestimmter essenzieller Medikamente anlegen, um kurzfristige Schwankungen ausgleichen zu können. Damit will die EU sicherstellen, dass die medizinische Versorgung auch in Ausnahmesituationen – etwa während einer Pandemie oder globalen Lieferstörungen – stabil bleibt.
Die nun vereinbarten Maßnahmen bilden jedoch erst den Anfang eines längeren Prozesses. Bevor sie endgültig in Kraft treten können, müssen die Vorschläge im Europäischen Parlament diskutiert, bewertet und weiter ausgearbeitet werden. Erst danach können die Mitgliedstaaten die konkreten Regelungen in nationales Recht umsetzen.
Mit diesem Vorstoß setzt die EU ein klares Signal: Die Sicherheit der Arzneimittelversorgung soll nicht länger von globalen Marktmechanismen abhängig sein. Stattdessen will Europa stärker selbst in die Verantwortung treten, Produktionsketten resilienter gestalten und Patienten zuverlässig mit lebenswichtigen Medikamenten versorgen.
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