Der US-Frauenfußball und der Vorwurf der sexuellen Nötigung gegenüber Schutzbefohlenen

Die Olympischen Spiele wurden von ca. 776 v. Chr. bis 393 n. Chr. abgehalten. Nach der Schließung des olympischen Heiligtums wurden die Spiele knapp bis ins 6. Jahrhundert, allerdings in weit kleinerem Umfang, fortgeführt. An die Tradition knüpfte man erst wieder im Jahre 1894 an und führte die sog. Olympischen Spiele der Neuzeit ein.

Im 20. Jahrhunderts begann der Sport schließlich den finalen Siegeszug anzutreten. Seine Verbreitung war nicht mehr aufzuhalten. Die Kultur des Sports war geboren. Sport prägt unsere Alltagskultur. Sport ist ein Massengeschäft. Sport ist auf das engste mit beinahe allen gesellschaftlichen Systemen verknüpft. Sport ist ein Werbeträger. Sport wurde zum Idol.

Sport hat eine Vorbildwirkung. Sport hat aber auch seine, viel zu oft vertuschten, Kehrseiten.

Nach den schon beschriebenen Vorfällen um die ehemalige Weltklasseturnerin Simone Biles ist nun wieder eine Sportart – die Fußballliga der Frauen (NWSL) –  nicht nur mit Vorwürfen der  sexuellen Nötigung, sondern auch damit konfrontiert, dies schon länger gewusst zu haben.

Die Ex-Spielerinnen Sinead Farrelly und Meleana Shim hatten unlängst angebliche Übergriffe seitens ihres Ex-Trainers, über Jahre hinweg, detailliert geschildert. Die Kommissarin der NWSL, Lisa Baird, trat inzwischen zurück. Der Weltverband FIFA und der nationale Verband US-Soccer haben Untersuchungen angekündigt. Die NWSL-Spiele waren zeitweise abgesagt.

Die Namen der Akteure dieser Undinge sind austauschbar. Es drängen sich nicht nur die altbekannten Parallelen zu den ehemaligen DDR-Schwimmerinnen auf, welche schon vor vielen Jahrzehnten ähnliche Problemkonstellationen aufzeigten. Es gibt genug Beispiele aus der noch viel jüngeren Vergangenheit. Zudem beschränken sich Übergriffe nicht nur auf Frauen. Auch junge Burschen und männliche Jugendliche werden und wurden in Sportstätten Opfer derartiger Übergriffe. Es stellt sich vor allem die Frage, warum man aus den Erfahrungen nichts gelernt hat.

Prävention ist bekanntlich die beste Behandlung, da sie von vornherein mögliche Risiken so weit wie möglich reduzieren soll. Doch derartige Bemühungen können in der Praxis noch nicht wirklich nachgezeichnet werden. Überall in der Arbeitswelt entstehen Compliance-Vorgaben. Warum also auch nicht hier? Die Palette der Möglichkeiten dies umzusetzen wäre enorm.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Verhältnis zwischen Schutzbefohlenen und Trainern (oder auch Sportärzten etc.) intensiv und eng sein kann und vielleicht auch muss, um entsprechende Leistungen zu ermöglichen. Dennoch, die Grenzen sind zu wahren. Das Paradigma der körperlichen Selbstbestimmung und körperlichen Integrität muss immer erhalten bleiben.

Als Konsequenz im US-Turnsport hat der Weltverband FIG bereits eine Ethik-Stiftung ins Leben gerufen. Warum richtet man nicht Ombudsstellen auch für andere Sportbereiche ein? Warum versucht man nicht auch hier Vertrauensinstanzen zu etablieren, welche schon von vornherein mögliche Risikoentwicklungen abfangen und korrigieren?

Weltethikbeauftragte von Sportverbänden könnten hier aktiv werden und internationale Umsetzungen ins Leben rufen, welche allen Beteiligten nützen würden.

Es muss eine Kultur der Prävention entwickelt werden, welche derartige Umstände von vorn herein und so weit wie möglich verhindert, problematische  Konstellationen abbaut, Opfern hilft und Verhaltensrichtlinien für alle erarbeitet.

Strafprozesse und Ermittlungsverfahren sind immer die allerletzte Stufe der Eskalation, wenn alle anderen Sicherheitsvorkehrungen schon versagt haben. Der Schaden ist in den meisten Fällen groß und für die Opfer oft jahrelang vorhanden.

Das hier kurz beschriebene Thema gilt selbstredend auch für den Behindertensport. Beginnen wir dies endlich flächendeckend umzusetzen.

 

 

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