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Dänemark entschuldigt sich für Zwangsverhütung bei Grönländerinnen

kalhh (CC0), Pixabay
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Die dänische Regierung hat offiziell um Verzeihung gebeten für eine Praxis, die zwischen 1960 und 1992 tausende grönländische Frauen und Mädchen schwer belastete: die systematische und oftmals heimlich durchgeführte Einsetzung von Verhütungsspiralen. Viele Betroffene wussten weder, dass sie ein solches Mittel eingesetzt bekamen, noch konnten sie ihre Zustimmung verweigern. In zahlreichen Fällen führte der Eingriff zu dauerhafter Unfruchtbarkeit. Andere Frauen litten jahrelang unter chronischen Schmerzen, gesundheitlichen Komplikationen oder tiefen psychischen Traumata.

Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sprach in einer Rede von einem „tiefen Unrecht“, das nicht rückgängig zu machen sei. Dennoch sei es Aufgabe des dänischen Staates, Verantwortung zu übernehmen und die betroffenen Frauen nicht länger allein zu lassen. „Wir können das Leid nicht ungeschehen machen. Aber wir können anerkennen, dass es Unrecht war – und wir können uns entschuldigen“, erklärte Frederiksen.

Die Zwangsverhütung war Teil einer Politik, mit der Dänemark das Bevölkerungswachstum in Grönland kontrollieren wollte. Dokumente aus den Archiven zeigen, dass bereits junge Mädchen im schulpflichtigen Alter betroffen waren. Ziel der Maßnahmen war es, die Zahl der Geburten zu senken und die gesellschaftliche Entwicklung in der damals noch stärker abhängigen Inselregion nach dänischen Vorstellungen zu steuern.

Erst in den vergangenen Jahren ist das volle Ausmaß dieser Praxis durch Medienberichte, persönliche Zeugenaussagen und die Auswertung offizieller Unterlagen ans Licht gekommen. Viele Betroffene hatten jahrzehntelang geschwiegen, weil sie Scham empfanden oder Angst hatten, nicht ernst genommen zu werden. Heute treten immer mehr Frauen mit ihren Geschichten an die Öffentlichkeit und schildern, wie sehr die Eingriffe ihr Leben zerstört haben.

Die offizielle Entschuldigung gilt als wichtiger Schritt in der Aufarbeitung. Menschenrechtsorganisationen und Betroffene betonen jedoch, dass sie allein nicht ausreiche. Gefordert werden finanzielle Entschädigungen, psychologische Betreuung sowie eine unabhängige historische Untersuchung, um die Verantwortlichen klar zu benennen. Auch in Grönland selbst wird die Forderung nach Gerechtigkeit lauter. Dort sieht man die Praxis nicht nur als medizinisches Unrecht, sondern auch als Teil einer kolonialen Unterdrückungspolitik Dänemarks gegenüber der Bevölkerung der Insel.

Die Entschuldigung der dänischen Regierung wird von vielen Frauen als ein erster Akt der Anerkennung verstanden. Doch zugleich machen die Betroffenen deutlich, dass der Weg zur wirklichen Wiedergutmachung noch weit ist. Für viele von ihnen bedeutet dieser Schritt immerhin, dass ihr Leid nicht länger geleugnet wird – und dass die Verantwortung endlich dort verortet wird, wo sie hingehört: beim Staat, der sie im Stich gelassen hat.

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