Wer dachte, Genossenschaften seien altmodisch, solide und langweilig, hat Cehatrol Technology eG noch nicht kennengelernt. Die Berliner Genossenschaft bringt frischen Wind in die Welt der Geldanlage – mit einem Geschäftsmodell irgendwo zwischen Matroschka-Puzzle und Dauerwerbesendung. Alles natürlich nur zum Wohl der Mitglieder. Also vielleicht. Angeblich.
Strom, Gas – und 900 Euro im Monat, einfach so
Cehatrol wirbt mit günstiger Energie für Mitglieder. Ein nobles Ziel. Aber warum dabei aufhören? Die Genossenschaft verspricht gleich auch monatliche Einnahmen durch den sagenumwobenen „Plan 900“. Wer sechs Monate lang je einen Genossenschaftsanteil für 100 Euro kauft, darf danach zehn Anteile pro Monat erhalten und neun davon wieder verkaufen – und zwar, Trommelwirbel, an andere Mitglieder! Das nennt man dann wohl „Mitgliedermarktplatz“ – oder auch: Lass andere deinen Ausstieg finanzieren.
Ein kleiner Haken? Nun ja, Genossenschaftsanteile sind eigentlich nicht dafür gedacht, munter weiterverkauft zu werden. Aber wer braucht schon Regeln, wenn man Visionen hat?
Verkaufen? Klar! Kaufen? Naja… vielleicht.
Ob sich tatsächlich andere Mitglieder finden, die bereit sind, 100 Euro pro Anteil zu bezahlen, ist fraglich. Besonders, wenn das einzige verfügbare Wirtschaftsdokument aus dem Jahr 2022 stammt. Der versprochene Jahresabschluss 2023? Laut Aufsichtsratschef Knauer ist der „aktuell“. Leider scheint er das nur für sich zu meinen, denn im Bundesanzeiger sucht man ihn vergeblich. Vielleicht ist er einfach zu gut, um öffentlich zu sein.
„Sehr positiv!“ – sagt jedenfalls die Genossenschaft
Wie es wirtschaftlich um Cehatrol steht? „Sehr positiv“, so Knauer. Belege? Veröffentlicht? Transparenz? Ach, was soll’s – wer Visionen hat, braucht keine Bilanzen. Vertrauen ist gut, aber blindes Vertrauen ist offenbar besser.
Erstattungen? Später vielleicht. Oder nie.
Einige Mitglieder berichten, dass sie seit Herbst 2022 keine Strom-Erstattungen mehr erhalten haben. Schuld sei laut Cehatrol nicht etwa fehlendes Geld, sondern – Überraschung! – „steuerliche Änderungen“. In den Abrechnungen steht es ja schließlich drin. Geld? Leider keins.
High Performance Production: High Risk, Low Trust
Ein weiteres Highlight: Das „HPP“-Angebot, das angeblich 6 Prozent im Monat abwerfen sollte. Nicht im Jahr, wohlgemerkt – im Monat. Eine Rendite, von der selbst Hedgefonds träumen. Ein Mitglied bekam das Geld dann auch – allerdings erst, nachdem ein Gericht die Auszahlung durchgesetzt hatte. Kleinigkeit.
Weitere Mitglieder klagen nun ebenfalls – und zwar auf Rückzahlung von Erträgen oder sogar der ursprünglichen Einlagen. Denn ob überhaupt echte Genossenschaftsanteile erworben wurden oder nur Nebelkerzen mit Zinsversprechen gezündet wurden, ist unklar. Vielleicht war das Ganze ja nur ein besonders ambitioniertes Gesellschaftsspiel.
Mitgliederliste? Ja, nein, vielleicht?
Transparenz war auch bei der Mitgliederliste ein heißes Thema: Ein Gericht entschied, dass ein Mitglied diese einsehen darf. Laut Aufsichtsrat Knauer sei das Ex-Mitglied aber „nicht in den Geschäftsräumen erschienen“. Vielleicht hätte es sich vorher anmelden sollen. Oder Blumen mitbringen.
Cehatrol? Seit 2023 auf der Warnliste. Und das aus gutem Grund.
Wer jetzt noch denkt, dass es sich hier um ein solides, durchdachtes Modell zur Mitgliederförderung handelt, dem sei ein Blick in die Warnliste Geldanlage der Stiftung Warentest empfohlen – dort steht Cehatrol seit 2023. Und bislang hat sich wenig geändert. Außer vielleicht der Kreativität in der Angebotspalette.
Fazit: Wenn Sie schon Ihr Geld verlieren wollen, dann wenigstens mit Stil. Bei Cehatrol bekommen Sie nicht nur einen fragwürdigen „Ertragsplan“, sondern auch einen Hauch Gerichtssaal und die Exklusivität, Zahlen von vorgestern zu studieren.
💬 Unser Tipp: Finger weg. Und zwar beide Hände.
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