Kann eine Partei in den Bundestag einziehen, auch wenn sie bundesweit an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert? Ja – dank der sogenannten Grundmandatsklausel. Diese Regelung erlaubt es Parteien, ins Parlament einzuziehen, wenn sie mindestens drei Direktmandate in den Wahlkreisen gewinnen – selbst wenn sie die Fünf-Prozent-Marke bei den Zweitstimmen verfehlen.
Die Klausel sorgte in der Vergangenheit immer wieder für politische Debatten. Die Regierungskoalition hatte sie ursprünglich im Rahmen ihrer Wahlrechtsreform gestrichen, doch das Bundesverfassungsgericht machte dem einen Strich durch die Rechnung. Eine Entscheidung, über die sich vor allem zwei Parteien besonders freuen.
Die Grundmandatsklausel: Ein Einfallstor ins Parlament
Deutschland ist bei der Bundestagswahl in 299 Wahlkreise unterteilt. Dort treten Direktkandidaten gegeneinander an – gewählt mit der Erststimme. Normalerweise benötigt eine Partei mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen, um ins Parlament einzuziehen. Doch die Grundmandatsklausel bietet eine Alternative: Gewinnt eine Partei mindestens drei Wahlkreise direkt, zieht sie mit der vollen Anzahl an Abgeordneten ein, die ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen.
Diese Regelung spielte bereits mehrfach eine entscheidende Rolle. Zuletzt 2021, als Die Linke nur 4,9 Prozent der Zweitstimmen erhielt. Da aber Gregor Gysi, Gesine Lötzsch und Sören Pellmann ihre Wahlkreise direkt gewannen, konnte die Partei dennoch mit 39 Abgeordneten in den Bundestag einziehen. Auch bei der kommenden Wahl hoffen die Linken wieder auf dieses Hintertürchen – diesmal vor allem durch die Kandidaturen von Gregor Gysi, Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow.
Ampel wollte die Grundmandatsklausel kippen – Karlsruhe stoppte sie
Ob die Klausel 2025 noch gelten würde, stand lange auf der Kippe. Die Regierungsparteien hatten in ihrer Wahlrechtsreform geplant, sie abzuschaffen. Besonders die CSU und Die Linke liefen dagegen Sturm, denn für beide könnte es im Ernstfall eng werden. Bei der Bundestagswahl 2021 lag die CSU bundesweit nur knapp über der Fünf-Prozent-Hürde (5,2 Prozent) – ein Abrutschen unter diese Marke hätte den Ausschluss aus dem Bundestag bedeutet.
Sowohl CSU als auch Die Linke zogen deshalb vor das Bundesverfassungsgericht – mit Erfolg. Karlsruhe erklärte die Abschaffung der Grundmandatsklausel für verfassungswidrig, ließ aber andere Teile der Reform bestehen. Damit bleibt es dabei: Wer drei Direktmandate gewinnt, ist sicher im Bundestag vertreten.
Während CSU-Chef Markus Söder das Urteil als „Erfolg für Bayern“ und „Ohrfeige für die Ampel“ feierte, versuchte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann, das Urteil in anderem Licht zu sehen: „Unsere Reform wurde in weiten Teilen bestätigt.“ Die politische Debatte dürfte damit aber nicht beendet sein.
Freie Wähler wittern ihre Chance – gelingt der Bundestagseinzug?
Eine Partei, die sich durch den Richterspruch neue Hoffnungen macht, sind die Freien Wähler (FW). Auf Bundesebene liegen sie in Umfragen zwar nur bei rund zwei Prozent – zu wenig für den regulären Einzug ins Parlament. Doch mit der Grundmandatsklausel rückt ein anderer Weg ins Parlament in den Fokus: Drei Direktmandate könnten reichen.
Parteichef Hubert Aiwanger setzt alles auf diese Karte. Er tritt selbst als Direktkandidat im Wahlkreis Rottal-Inn an und zeigt sich siegessicher: „Ich gehe davon aus, dass wir mindestens drei Mandate holen, das wird klappen.“ Seinen Optimismus teilt die Parteispitze – intern spricht man bereits von „20 plus X“ Abgeordneten, die über diesen Weg in den Bundestag kommen könnten.
Neben Aiwanger selbst gelten Peter Dreier (Landshut), Indra Baier-Müller (Oberallgäu) und Michael Wörle (Augsburg) als Hoffnungsträger der Partei. Doch die Konkurrenz ist stark: In all diesen Wahlkreisen dominierte bei der vergangenen Wahl die CSU. Ob die Freien Wähler tatsächlich die nötigen Mandate gewinnen, wird sich erst am Wahltag zeigen. Doch eines steht fest: Die Grundmandatsklausel bleibt ein entscheidender Faktor im deutschen Wahlsystem – und könnte auch 2025 für Überraschungen sorgen.
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