Hintergrund
Im Streit um die Vollstreckung eines Bankkontos aus einem Verbraucherdarlehensvertrag hat das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden, dass die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Stuttgart zurückverwiesen wird. Die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil war erfolgreich, da das Landgericht die Zulässigkeit des Einspruchs fehlerhaft verneint hatte.
Der Streit um die Zustellung
Im Zentrum des Verfahrens steht die Frage, ob die Ersatzzustellung des Vollstreckungsbescheids an die Beklagte ordnungsgemäß erfolgt ist. Laut den Mahnakten wurde der Vollstreckungsbescheid am 29.06.2024 durch Einwurf in den Briefkasten an der Adresse B.straße, R. zugestellt. Die Beklagte bestritt jedoch, zu diesem Zeitpunkt noch dort gewohnt zu haben, und legte Widerspruch ein. Sie erklärte, seit September 2023 nicht mehr an dieser Adresse zu leben und sich ordnungsgemäß umgemeldet zu haben.
Das Landgericht Stuttgart hatte dennoch den Einspruch der Beklagten als unzulässig verworfen, ohne die tatsächlichen Wohnverhältnisse näher zu prüfen. Dies bewertete das Oberlandesgericht als Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten.
Formale Anforderungen an die Zustellung
Die Richter am Oberlandesgericht betonten, dass eine Ersatzzustellung nach § 178 ZPO nur möglich sei, wenn die Adresse tatsächlich der Lebensmittelpunkt des Empfängers sei. Ein Briefkasten mit Namen allein begründet noch keine Wohnung im rechtlichen Sinne. Da die Beklagte nachweislich seit September 2023 umgezogen war und dies mit einer Ummeldebescheinigung belegte, konnte die Zustellung nicht als ordnungsgemäß angesehen werden.
Das Oberlandesgericht folgte damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), die verlangt, dass die tatsächliche Wohnsituation bei der Ersatzzustellung berücksichtigt wird. Die bloße Existenz eines Briefkastens reicht nicht aus, um die Zustellung zu begründen.
Kein Beweis durch Zustellungsurkunde
Das Gericht stellte klar, dass eine Zustellungsurkunde nicht den Beweis des tatsächlichen Wohnens erbringen kann. Die Zustellperson nimmt keine Prüfung der Wohnverhältnisse vor und beurkundet diese somit auch nicht. Damit ließ das Gericht die Argumentation der Klägerin, die Beklagte müsse den Gegenbeweis führen, nicht gelten.
Zurückverweisung und vorläufige Vollstreckbarkeit
Da das Landgericht die Zulässigkeit des Einspruchs fehlerhaft verneint und keine tatsächliche Prüfung des Anspruchs vorgenommen hatte, wurde die Sache zur erneuten Verhandlung an die erste Instanz zurückverwiesen. Dies entspricht dem Grundsatz, dass die Parteien nicht um eine Tatsacheninstanz gebracht werden sollen, wenn die Angelegenheit noch nicht inhaltlich geprüft wurde.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, eine Revision wurde nicht zugelassen, da keine grundsätzliche Rechtsfrage betroffen ist.
Fazit
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat klargestellt, dass die Beweiskraft der Zustellungsurkunde nicht automatisch die tatsächliche Wohnsituation des Empfängers umfasst. Die Rückverweisung gibt dem Landgericht die Möglichkeit, die tatsächlichen Umstände zu klären und den Anspruch inhaltlich zu prüfen.
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