Deutschlands Strafverfolgungsbehörden arbeiten am Limit. Wie die Bild am Sonntag unter Berufung auf eine aktuelle Auswertung des Deutschen Richterbundes (DRB) berichtet, sind sowohl Staatsanwaltschaften als auch Gerichte weiterhin massiv überlastet.
Fast eine Million unerledigte Fälle
Im Jahr 2024 gingen bei den Staatsanwaltschaften bundesweit rund 5,5 Millionen neue Verfahren ein – bereits das zweite Jahr in Folge auf diesem hohen Niveau. Zum Jahresende blieben davon fast eine Million Fälle unbearbeitet. Damit ist die Zahl der offenen Verfahren seit 2020 um rund 240.000 angestiegen.
Der Richterbund warnt, dass diese Entwicklung die Funktionsfähigkeit der Strafjustiz gefährdet. Verfahren ziehen sich länger hin, und Opfer wie Beschuldigte müssten immer öfter mit erheblichen Verzögerungen leben.
Ursachen für die Überlastung
Fachleute nennen mehrere Gründe für den wachsenden Rückstau:
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Zunahme komplexer Fälle, etwa im Bereich Cyberkriminalität oder organisierter Kriminalität.
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Personalmangel bei Staatsanwaltschaften und Gerichten.
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Mehr Bürokratie und Dokumentationspflichten, die Zeit binden.
Forderung nach einer Personaloffensive
Der Deutsche Richterbund fordert deshalb eine bundesweite Personaloffensive. Nur durch deutlich mehr Stellen für Richter, Staatsanwälte und Justizangestellte lasse sich die Lage langfristig entspannen. „Ohne zusätzliche Fachkräfte droht die Justiz an ihre Grenzen zu stoßen“, warnt der Verband.
Folgen für Rechtsstaat und Gesellschaft
Eine dauerhafte Überlastung hat auch gesellschaftliche Konsequenzen. Verzögerte Prozesse können das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat schwächen. Außerdem besteht die Gefahr, dass Straftaten wegen Überlastung nicht konsequent verfolgt werden – mit negativen Auswirkungen auf Sicherheit und Prävention.
Politische Dimension
Die Justizministerien von Bund und Ländern verweisen zwar auf laufende Programme zur Stellenaufstockung. Kritiker bemängeln jedoch, dass die Maßnahmen bislang nicht ausreichen, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden.
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