Im aufsehenerregenden Strafprozess gegen den früheren Signa-Gründer Rene Benko und seine Ehefrau Nathalie Benko steht das Urteil kurz bevor. Am Innsbrucker Landesgericht haben sich die Schöffen am Mittwochnachmittag zur Urteilsberatung zurückgezogen – ein entscheidender Moment in einem Verfahren, das seit Wochen breite Öffentlichkeit und Wirtschaftswelt gleichermaßen fesselt.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft dem ehemaligen Immobilienmagnaten vor, Vermögenswerte im Zuge der Signa-Insolvenz beiseitegeschafft und damit Gläubiger geschädigt zu haben. Benko sitzt seit Wochen in Untersuchungshaft in Innsbruck. Er weist sämtliche Vorwürfe zurück.
Vorwurf: Bargeld und Luxusuhren heimlich versteckt
Laut Anklage soll Benko 120.000 Euro in bar sowie elf wertvolle Luxusuhren, Manschettenknöpfe, Uhrenarmbänder und weitere Gegenstände im Gesamtwert von rund 250.000 Euro in einem Tresor deponiert haben. Dieser befand sich laut Ermittlungen in einem Haus von Angehörigen – offenbar, um der Insolvenzmasse entzogen zu werden.
Die Staatsanwaltschaft hält dies für einen klassischen Fall der gläubigerschädigenden Verfügung. Sollte das Gericht ihrer Argumentation folgen, drohen sowohl Benko als auch seiner Frau ein bis zehn Jahre Haft.
Der Gerichtstag: Schlussplädoyers und neue Wendungen
Am Mittwoch kam es im Verhandlungssaal zu einem letzten Schlagabtausch zwischen Anklage und Verteidigung:
Anklage: „Keine Beweise für angebliche Geschenke“
Die WKStA betonte, es gebe keinen Nachweis dafür, dass Benko die im Tresor verwahrten Uhren seinen Söhnen geschenkt habe, wie die Verteidigung behauptet.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft seien sowohl Bargeld als auch Uhren eindeutig Benkos Eigentum und bewusst außer Reichweite der Insolvenzverwalter gebracht worden.
Verteidigung: „Kein belastender Beweis – Zweifel müssen zum Freispruch führen“
Benko-Anwalt Norbert Wess konterte entschieden. Keiner der Vorwürfe sei durch Beweise gedeckt. Das gesamte Konstrukt der Anklage basiere auf Vermutungen.
Überraschend legte Wess im Schlussplädoyer eidesstattliche Erklärungen von Benkos Mutter und Schwester vor. Sie versichern darin, Benko habe tatsächlich mehrere Uhren verschenkt – darunter auch an seine Söhne. Damit versuchte die Verteidigung, die Eigentumsfrage der Luxusgegenstände neu zu rahmen.
Urteil möglicherweise noch am Abend
Nach den Schlussworten zog sich der Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Heide Maria Paul zur Beratung zurück. Beobachter rechnen damit, dass das Urteil noch am Mittwoch verkündet wird.
Der Prozess gilt als symbolträchtiges Verfahren im Schatten der Signa-Pleite, einer der größten Unternehmenszusammenbrüche im deutschsprachigen Raum. Ein Schuldspruch könnte rechtliche und wirtschaftliche Nachwirkungen weit über den Gerichtssaal hinaus haben.
Ob der prominente Unternehmer als schuldiger Strippenzieher oder als Opfer einer Indizienkette aus dem Saal geht, entscheidet sich in den nächsten Stunden – die Spannung bleibt hoch.
Kommentar hinterlassen