Ausführliche Analyse des Kapitels „Wirtschaft, Industrie, Tourismus“ aus dem Koalitionsvertrag 2025.

Kapitel 1.1 – Wirtschaft, Industrie, Tourismus: Ausführliche Analyse

 Überblick & Zielsetzung

Dieses Kapitel bildet einen zentralen Baustein des Koalitionsvertrags, denn es legt fest, wie Deutschland seine wirtschaftliche Stärke sichern und ausbauen will. Im Fokus stehen die Standortattraktivität, industrielle Wertschöpfung, die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft, sowie Bürokratieabbau und Innovationsförderung.

 Wesentliche Inhalte & Analysen

1. Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland

Die Koalition sieht sich mit internationalen Herausforderungen konfrontiert: geopolitische Spannungen, Digitalisierung, Klimawandel und globale Wettbewerbsverlagerungen. Um darauf zu reagieren, soll Wirtschaftspolitik strategisch, verlässlich und planbar gestaltet werden.

Kernmaßnahmen:

• Industriepolitische Strategie: Ziel ist ein robuster, widerstandsfähiger Industriestandort.

• Fokus auf Wertschöpfungsketten und Schlüsseltechnologien (z. B. Halbleiter, Wasserstoff, Batterien, künstliche Intelligenz).

• Staatliche Förderung soll gezielter, strategischer und an europäische Beihilferahmen angepasst erfolgen.

Kommentar:
Der Fokus liegt klar auf Wettbewerbsfähigkeit im globalen Vergleich, was angesichts der Deindustrialisierungsängste in Deutschland nachvollziehbar ist. Es fehlt jedoch die Diskussion um Arbeits- und Sozialstandards im globalen Wettbewerb.

 2. Innovations- und Mittelstandsförderung

Der Mittelstand wird als „Rückgrat der Wirtschaft“ beschrieben. Deshalb sollen:

• Steuerliche Forschungsförderung ausgebaut werden.

• Zugang zu Risikokapital und Wagniskapitalfonds erleichtert werden.

• Start-ups besser mit mittelständischen Unternehmen vernetzt werden.

Kommentar:
Diese Maßnahmen sind konsequent, aber nicht neu – vergleichbare Ankündigungen gab es in früheren Verträgen. Entscheidend wird sein, ob der Bürokratieabbau tatsächlich gelingt, um die Wirkung zu entfalten.

3. Entlastung und Bürokratieabbau

Die Koalition kündigt ein:

• „Entlastungsgesetz Wirtschaft“ an,

• will das Vergaberecht vereinfachen,

• und einen Digitalisierungsschub bei Genehmigungsverfahren umsetzen.

Kommentar:
Dies ist besonders relevant für Investitionen und Genehmigungen im Bereich Energie, Industrie und Infrastruktur. Ob ein solches Gesetz ausreicht, ist offen – in der Praxis scheitert Bürokratieabbau oft an Umsetzung und föderaler Komplexität.

4. Standortfaktor Energiepreise

Energiepreise werden als Wettbewerbsnachteil identifiziert. Die Koalition verspricht:

• zeitlich befristete Strompreisstützungen für energieintensive Unternehmen,

• eine Verlängerung und Neugestaltung des Strompreis-Komponentenmodells,

• und setzt auf den schnellen Ausbau von erneuerbaren Energien.

Kommentar:
Der Spagat zwischen Transformation und bezahlbarer Energie ist zentral. Das Vorhaben ist ambitioniert – allerdings sind Details zur Finanzierung und EU-Kompatibilität (Stichwort Beihilferecht) vage gehalten.

5. Transformation zur klimaneutralen Industrie

Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg sollen kein Widerspruch sein. Geplant sind:

• Förderung für klimafreundliche Produktionsprozesse (z. B. Wasserstoff, Kreislaufwirtschaft).

• Entwicklung klimaneutraler Leitmärkte in Deutschland und der EU.

Kommentar:
Es wird ein großer Balanceakt: Die Koalition muss sowohl Innovationen fördern, als auch Arbeitsplätze in klassischen Branchen sichern. Wichtig wird sein, die soziale Dimension der Transformation mitzudenken.

6. Tourismuswirtschaft

Der Tourismus soll:

• klimafreundlich und digital weiterentwickelt werden.

• Deutschland als Reiseziel stärken.

• Kultur- und Veranstaltungsbranche stabilisieren (nach der Coronakrise).

Kommentar:
Ein relativ kurzer Abschnitt, aber mit Signalwirkung für eine Branche, die seit der Pandemie wirtschaftlich angeschlagen ist. Auch hier steht die Modernisierung im Fokus, aber konkrete Förderinstrumente bleiben vage.

Einordnung & Bewertung

Fazit zu Kapitel

Das Kapitel zur Wirtschafts-, Industrie- und Tourismuspolitik betont Standortsicherung, Resilienz und Klimaneutralität. Die Koalition präsentiert eine wirtschaftsfreundliche, zukunftsorientierte Agenda, aber entscheidend wird die konkrete Umsetzung sein – gerade bei Strompreisen, Genehmigungsverfahren und Mittelstandsförderung.