Vor 24 Jahren, nach den verheerenden Anschlägen vom 11. September 2001, stand die Welt geschlossen hinter den Vereinigten Staaten. Fast jedes Land – von Argentinien bis zur damaligen Bundesrepublik Jugoslawien – bekundete Solidarität. Der russische Präsident Wladimir Putin war einer der ersten ausländischen Staatschefs, die dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush ihr Beileid und Unterstützung anboten. Die NATO rief zum ersten Mal in ihrer Geschichte Artikel 5 aus: Ein Angriff auf ein Mitglied ist ein Angriff auf alle.
Doch dieses weltweite Bündnis, geboren aus Trauer, ist im Laufe der Jahre zerbröckelt.
Die langen Kriege im Irak und in Afghanistan, der Aufstieg des Populismus in den USA, protektionistische Wirtschaftspolitik und die Wiederbelebung des Mottos „America First“ – all das hat die Beziehungen belastet. Und Donald Trump hat als Präsident diese Entwicklungen maßgeblich beschleunigt.
Ein einsamerer Platz
In Trumps Welt wirkt Amerika isolierter denn je. Seine „transaktionale“ Diplomatie – bei der Interessen über Werte gestellt werden – sowie die Einführung der höchsten US-Zölle seit fast einem Jahrhundert haben die globale Ordnung neu gezeichnet. Demokratische Grundsätze treten dabei zunehmend in den Hintergrund, zugunsten von Macht, Geld und Deals.
Verlorene Freunde
Sogar langjährige Verbündete wie Kanada sind betroffen. Die einst stabile Partnerschaft ist durch einen Handelskrieg belastet – kanadische Bars haben aus Protest amerikanischen Bourbon aus dem Sortiment genommen.
Auch Indien und Russland orientieren sich neu. Kurz vor dem 9/11-Jahrestag trafen sich Chinas Präsident Xi Jinping, Russlands Putin und Indiens Premier Modi zu einem freundschaftlichen Gipfel in Shanghai – Modis erster Besuch in China seit sieben Jahren. Trump reagierte auf Truth Social mit Spott: „Sieht so aus, als hätten wir Indien und Russland an das tiefste, dunkelste China verloren.“
Ein neuer globaler Kurs
China tritt zunehmend als Gegengewicht zu den USA auf, während viele ehemalige US-Partner den Glauben an Washingtons Verlässlichkeit verlieren. Indien, einst als zentraler Verbündeter im asiatisch-pazifischen Raum betrachtet, wurde durch US-Zölle von 50 % vor den Kopf gestoßen – trotz angekündigter Gespräche zwischen Trump und Modi.
Sogar Länder wie Ägypten, die Türkei und Vietnam – traditionell enge Partner der USA – nahmen am Treffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit teil, zusammen mit Nordkorea und dem Iran.
Trump allein ist nicht Schuld an diesen geopolitischen Verschiebungen – Chinas globaler Ehrgeiz und Putins autoritärer Kurs begannen lange vor seiner Zeit. Doch seine Politik hat viele Entwicklungen beschleunigt und einige sogar angestoßen.
NATO unter Druck, neue Fronten entstehen
Während seiner zweiten Amtszeit hat Trump die NATO erneut in Frage gestellt. Europäische Staaten reagieren, indem sie ihre Verteidigungsausgaben erhöhen und eigenständiger handeln – in dem Wissen, dass sie sich auf die USA nicht mehr uneingeschränkt verlassen können.
Trump hat außerdem durch seine Unterstützung des umstrittenen Ex-Präsidenten Brasiliens sowie seine Vorwürfe gegen Südafrika wegen angeblicher Diskriminierung weißer Bürger diplomatische Brücken abgerissen. Militärschläge gegen iranische Atomanlagen und ein mutmaßliches Drogenschiff aus Venezuela zeigen seine Bereitschaft, auch militärisch Stärke zu demonstrieren.
Die Beziehung zu Putin bleibt widersprüchlich. Obwohl Trump während seiner Kampagne einen Frieden in der Ukraine in Aussicht stellte, verschärft Russland den Krieg weiter. Das geplante Gipfeltreffen in Alaska wurde im August abgebrochen – neue Verhandlungen sind nicht in Sicht.
9/11 – Erinnerung und Realität
Am 11. September wird Präsident Trump an einer Gedenkfeier im Pentagon teilnehmen – einem der Orte, an dem Flugzeuge damals einschlugen. Fast 3.000 Menschen starben bei den Anschlägen in New York, Pennsylvania und Washington D.C.
Noch immer sagen laut Umfragen viele Amerikaner, dass 9/11 das Land dauerhaft verändert hat.
Am Abend plant Trump den Besuch eines Baseballspiels der New York Yankees – wie einst George W. Bush im Oktober 2001, der mit einem symbolträchtigen ersten Pitch das Land zur Normalität zurückführen wollte.
Was bleibt – und was verloren ging
Manches hat sich in den letzten 24 Jahren kaum verändert: Die Yankees kämpfen erneut um den Titel. Doch vieles ist nicht mehr wie früher.
Rudy Giuliani, damals als „Amerikas Bürgermeister“ gefeiert, wurde mittlerweile die Anwaltslizenz entzogen – wegen seiner Rolle bei Trumps Versuch, die Wahl 2020 zu kippen. Dennoch kündigte Trump an, ihm die Presidential Medal of Freedom verleihen zu wollen.
Die Taliban regieren wieder in Afghanistan. Und der internationale Terrorismus ist nicht besiegt – er bleibt eine Bedrohung.
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