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Zwischen Hoffnung und Angst: Bulgariens Dörfer blicken mit Sorge auf den Euro-Start

stux (CC0), Pixabay
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In Bulgarien wächst kurz vor der Einführung des Euro die Verunsicherung – vor allem in ländlichen Regionen. In dem Dorf Chuprene im Nordwesten des Landes hat Ladenbesitzerin Biljana Nikolowa bereits begonnen, Preise doppelt auszuzeichnen: in Lew und in Euro. Doch statt Klarheit sorgt das oft für Streit. Kundinnen und Kunden sähen den niedrigeren Euro-Betrag, rechneten nicht um und fühlten sich getäuscht. „Die Leute sind verwirrt und glauben, ich würde sie anlügen“, sagt die 53-Jährige, die ihr Geschäft seit mehr als zwei Jahrzehnten führt. Zeitweise habe sie sogar erwogen, den Laden im Januar vorübergehend zu schließen, bis sich die Lage beruhigt.

Chuprene zählt nur rund 400 Einwohner und liegt nahe der serbischen Grenze am Fuße des Stara-Planina-Gebirges. Doch die Sorgen dort stehen stellvertretend für viele kleine Orte im Land. Trotz politischer Turbulenzen – die jüngste Regierung trat Anfang des Monats zurück – soll Bulgarien am 1. Januar dem Euro-Raum beitreten und dessen 21. Mitglied werden. Fast 19 Jahre nach dem EU-Beitritt ist der Schritt wirtschaftlich vorbereitet, emotional jedoch umstritten.

Angst vor steigenden Preisen und sinkender Kaufkraft

Die Skepsis kommt nicht von ungefähr. Zwar hat Bulgarien in den vergangenen Jahren deutliche wirtschaftliche Fortschritte erzielt: Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist in etwa zehn Jahren von rund einem Drittel des Durchschnitts der Eurozone auf nahezu zwei Drittel gestiegen. Dennoch bleibt das Land laut Eurostat jenes EU-Mitglied mit dem höchsten Anteil an Menschen, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind.

„In kleinen Gemeinden ist die Angst besonders groß, ärmer zu werden“, erklärt Boryana Dimitrova vom Meinungsforschungsinstitut Alpha Research. Viele Menschen verfügten über kaum Rücklagen. Hinzu kämen strukturelle Faktoren: eine überdurchschnittlich alte Bevölkerung, geringere Finanzkompetenz und der Umstand, dass Einkäufe häufig bar bezahlt werden.

Inflation verschärft die Unsicherheit

Zusätzlich belastet die Preisentwicklung bei Lebensmitteln das Vertrauen. Nach Angaben des bulgarischen Statistikamtes stiegen die Lebensmittelpreise im November im Jahresvergleich um fünf Prozent – mehr als doppelt so stark wie im Durchschnitt der Eurozone. Diese Entwicklung nährt die Befürchtung, der Euro könne Preiserhöhungen weiter beschleunigen.

Auch jüngere Geschäftsinhaber kämpfen mit der Situation. Kamelia, Betreiberin eines weiteren kleinen Ladens in Chuprene, berichtet von widersprüchlichen Meinungen im Dorf. „Die einen sagen, mit dem Euro wird alles besser, die anderen erwarten das Gegenteil“, sagt sie. Die Region gilt als wirtschaftlich besonders schwach: Die Arbeitslosenquote liegt bei 18,7 Prozent, während sie landesweit im Jahr 2024 bei 4,2 Prozent lag.

Wenig Vertrauen in den Wandel

Eine pensionierte Lehrerin, die im Laden einen Kaffee trinkt, zeigt sich hingegen überzeugt, dass die Umstellung negative Folgen haben wird. „Ich weiß, dass wir ärmer werden“, sagt sie. Ab Januar werden Lew und Euro zwar eine Zeit lang parallel im Umlauf sein, doch das Wechselgeld müssen Händler bereits in Euro herausgeben – eine zusätzliche Umstellung für viele.

Unternehmen können sogenannte Münz-Starterkits erwerben. Nach Angaben von Dimitar Radev, dem Gouverneur der bulgarischen Nationalbank, ist die Nachfrage danach hoch. Zeitweise sei in kleineren Städten und im Postsystem der Eindruck entstanden, es gebe nicht genug Euro-Münzen – obwohl objektiv keine Knappheit bestand. „Das zeigt, wie wichtig eine enge Abstimmung und schnelle Reaktionen sind“, betonte Radev.

Ein historischer Schritt mit offenem Ausgang

Der Euro-Beitritt gilt offiziell als Meilenstein für Bulgarien. In den Dörfern des Landes wird er jedoch weniger als historischer Erfolg wahrgenommen, sondern als Risiko für den ohnehin knappen Alltag. Ob sich die Befürchtungen bewahrheiten oder ob sich Vertrauen und Stabilität einstellen, wird sich erst in den Monaten nach der Einführung zeigen. Sicher ist schon jetzt: Für viele Menschen beginnt das neue Jahr mit Unsicherheit statt Zuversicht.

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