Design aus Kalifornien, Produktion in China – das Erfolgsrezept von Apple gerät ins Wanken. Doch ein Rückzug aus dem Reich der Mitte scheint für den US-Konzern kaum machbar.
Jedes iPhone trägt den stolzen Hinweis: „Designed in California“. Doch was elegant und technologisch fortschrittlich wirkt, wird in der Realität zu großen Teilen in China gefertigt. Rund 90 Prozent der weltweit über 220 Millionen jährlich verkauften iPhones stammen laut Schätzungen aus chinesischen Fabriken – ein unverzichtbarer Bestandteil von Apples globalem Erfolg.
Doch die geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China – erneut angeheizt durch neue Strafzölle von Ex-Präsident Donald Trump – setzen Apple zunehmend unter Druck. Die bisher gefeierte globale Lieferkette erweist sich plötzlich als strategische Schwachstelle.
Vom Hoffnungsträger zur Abhängigkeit
In den späten 1990er-Jahren, als Apple kurz vor der Insolvenz stand, bot China eine lebensrettende Perspektive: günstige Produktionskosten, ein wachsender Arbeitsmarkt und eine Regierung, die sich dem globalen Handel öffnen wollte. Apple nutzte die Chance, baute enge Beziehungen zu chinesischen Zulieferern auf und etablierte mit Foxconn – einem taiwanesischen Hersteller mit Werken in China – eine der effizientesten Produktionsketten der Welt.
China profitierte enorm: Apple brachte Know-how, westliches Prestige und hunderttausende Arbeitsplätze. Unternehmen wie Beijing Jingdiao, einst unbedeutend, wuchsen dank Apple zu industriellen Schwergewichten heran. Inzwischen befinden sich 150 der 187 wichtigsten Apple-Zulieferer in China.
Trumps neue Zölle – Symbolpolitik mit Folgen
Trotz kurzfristiger Ausnahmen für Smartphones und Laptops droht Apple neues Ungemach. Die US-Regierung fordert eine Rückverlagerung kritischer Produktionen in die Vereinigten Staaten. Doch Experten sprechen von einem „Fantasieprojekt“: Weder Kosten noch logistische Bedingungen lassen eine Rückkehr der iPhone-Produktion in großem Maßstab zu.
Zwar hat Apple begonnen, Teile seiner Fertigung nach Indien und Vietnam zu verlagern – doch auch diese Länder geraten ins Visier der US-Zollpolitik. „Es gibt keine realistische Alternative zu Asien, und auch dort steigen die Hürden“, sagt Eli Friedman, früher Mitglied von Apples akademischem Beirat.
Konkurrenz aus dem eigenen Ökosystem
Ironischerweise hat Apple mit dem Aufbau seiner chinesischen Lieferkette den Aufstieg der Konkurrenz mit ermöglicht. Firmen wie Huawei, Xiaomi und Vivo nutzen die gewachsene Infrastruktur – und holen rasant auf. 2024 musste Apple den Spitzenplatz auf dem chinesischen Smartphone-Markt abgeben. Ein schwächelnder Binnenkonsum, politische Restriktionen wie AirDrop-Beschränkungen und fehlende KI-Funktionen durch das ChatGPT-Verbot setzen dem Unternehmen zusätzlich zu.
Was nun?
Apple investiert inzwischen massiv in den USA – zuletzt 500 Milliarden Dollar –, doch das allein wird den politischen Druck nicht mindern. China bleibt weiterhin zentral für Apples Fertigung, auch wenn das Unternehmen langfristig unabhängiger werden will.
„Die größte Krise ist fürs Erste abgewendet“, sagt Friedman mit Blick auf die jüngsten Ausnahmeregelungen. „Aber entspannen kann sich Apple deswegen noch lange nicht.“
Fazit: Apple steckt in einem Dilemma: Die Abhängigkeit von China ist strukturell tief verankert, doch geopolitische Spannungen und wirtschaftlicher Wandel fordern neue Antworten. Der Spagat zwischen zwei Weltmächten wird für den Technologieriesen zur härtesten Prüfung seiner Geschichte.
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