Das Leben war vorbei. Alles war geregelt. Die Papiere unterschrieben, Organspende geklärt, kein Testament nötig – es gab ja nichts zu vererben. Kein großes Erbe, keine Konten, keine Häuser. Nur ein Körper, der müde war.
Und doch blieb eine Frage offen, wie sie wohl irgendwann jeden einmal heimsucht, wenn es still wird im Kopf:
Was bleibt von mir auf dieser Welt?
Eine Frage nach dem Sinn, nach dem Abdruck, den man hinterlässt – vielleicht in einem Herzen, vielleicht nur in einem Moment.
Ich weiß nicht, wer es war – wer da oben plötzlich entschieden hat:
„Den wollen wir noch nicht.“
Aber irgendjemand hat es gesagt. Irgendjemand hat mich gehalten. Und so blieb ich. Hier unten.
Vielleicht, um Unruhe zu stiften – bei denen, die lügen, betrügen, sich bereichern an Schwachen. Vielleicht, um einfach wieder Mensch zu sein, auch wenn der Körper neu anfangen musste.
Denn das Leben nach dem Tod – oder nach dem Beinahe-Tod – ist kein Spaziergang. Du wachst nicht auf und bist, wer du warst.
Du bist ein Baby in deinem eigenen Körper.
Jeder Handgriff will gelernt sein, jeder Schritt ist ein kleiner Triumph.
Aber:
Der Kopf funktioniert.
Und das ist Gold wert.
Ich lerne wieder zu laufen – 20 Meter am Stück, und ich bin stolz darauf. Ich kann mich wieder alleine waschen, rasieren, und ja, sogar wieder ein bisschen arbeiten. Keine Großtaten, keine Weltrettung. Aber Beteiligung. Dasein. Selbstbestimmung.
Ich habe das Leben neu schätzen gelernt.
Die Sonne fühlt sich wärmer an als vorher. Der Morgenkaffee schmeckt bewusster.
Aber ich habe auch gelernt, Menschen anders zu sehen. Manche, die ich Freunde nannte, waren Zweckfreunde. Freundlich, solange sie etwas brauchten – ein Projekt, eine Leistung, ein Nutzen.
Jetzt, wo ich nichts mehr zu bieten schien, waren sie weg.
Und das ist okay.
Ich sortiere mein Leben. Räume auf, auch in meinem Freundeskreis.
Wenige bleiben übrig – aber diese wenigen sind echt.
Ich bin wieder da.
Nicht ganz wie früher, aber lebendig.
Und das ist mehr, als ich je erwartet hatte.
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