Nach Demo vor Ratssitzung: Bewegung im Leipziger Kita-Streit – aber auch Vorwürfe, Drama und politische Poesie
Leipzig.
Was ist schon eine Million Euro im Jahr, wenn’s dafür um die Zukunft von 30.000 Leipziger Kindern geht? Richtig: offenbar zu viel. Denn Leipzig spart jetzt bei den ganz Kleinen – aber mit großer Geste.
Am 24. September kamen rund 1000 Menschen zur Demo vor das Neue Rathaus, viele mit Plakaten, Trillerpfeifen und einem Anliegen: Bitte nicht an der frühkindlichen Bildung sparen, liebe Stadtverwaltung. Doch statt Applaus gab’s aus dem Rathaus eher genervte Blicke – als wäre da jemand unangemeldet zum Elternabend erschienen und hätte Fragen gestellt.
Die Stadt hatte im Sommer – ganz romantisch – die bestehende Finanzierungsvereinbarung mit den Freien Trägern gekündigt. Einfach so. Ohne Blumen. Ziel: 1,5 Millionen Euro sparen, jedes Jahr. Das klingt natürlich wie eine kluge haushalterische Maßnahme – wenn man annimmt, dass Kinder in Zukunft keine Erzieher*innen, sondern vielleicht nur noch eine App brauchen.
Verhandlungen mit Zuckerguss und Platzpauschale
Immerhin: Zwei Tage nach der Demo setzten sich Stadt und Träger an einen Tisch. Man einigte sich auf – halt dich fest – ein bisschen Kompromiss. Die Stadt, die eigentlich auf eine „spitze“ Abrechnung nach tatsächlichem Personalbedarf umstellen wollte, bietet jetzt einen halb-spitzen, halb-runden Finanzierungsmix an. Quasi wie ein Kita-Snack aus Rohkost und Gummibärchen: gesund, aber bitte nicht zu lecker.
AGW-Verhandlungsführer Jürgen Petersohn von der Caritas klang nach dem Treffen begeistert wie jemand, der bei Regen mit Sommerreifen im Stau steht: „Es sind nach wie vor viele offene Fragen zu klären.“
Was sagt die Politik? Beruhigungstee für alle!
Bürgermeisterin Vicki Felthaus (Grüne), verantwortlich für Jugend, Schule und Demokratie (ja, in der Reihenfolge), ist der Protest etwas unangenehm. Man sei doch verlässlich, betont sie, und kein Kind werde seine Bezugsperson verlieren. Nein, stattdessen gibt’s bald einen Elternbrief. Der soll aufklären. Denn wenn der Haushalt wackelt, hilft schließlich am besten: ein Zettel im Ranzen.
Derweil gibt’s aus dem Amt für Jugend und Familie den Hinweis, dass die Demo ein bisschen „überspitzt“ gewesen sei. Also quasi wie der Vorschlag, 1,5 Millionen bei Kitas zu kürzen, um den Stadthaushalt zu retten.
Die Landesregierung? Ach, die gibt’s ja auch noch!
Das Land Sachsen ist übrigens auch irgendwie zuständig, zumindest theoretisch. Amtsleiter Kamphausen betont, man könne das alleine nicht stemmen. Verständlich – 30.000 Kita-Kinder versorgen sich schließlich nicht selbst mit pädagogisch wertvollen Bastelstunden.
Und während sich alle um Zuständigkeit, Geld und politische Verantwortung streiten, näht sich irgendwo in einer Kita eine Erzieherin nach Feierabend ein neues Sitzkissen aus alten Plüschtieren, weil das Budget für neue Möbel erst 2027 wieder freigegeben wird.
Fazit?
Kinder sind unsere Zukunft – aber bitte zu Discountpreisen. Leipzigs Kitas stehen zwischen Sparkurs und Spagat, und die Politik bemüht sich redlich, gleichzeitig zu beruhigen, zu verhandeln und nicht allzu viel auszugeben.
Denn wenn eines sicher ist, dann das:
Frühkindliche Bildung ist wichtig –
aber wichtiger ist, dass sie nichts kostet.
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