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Wie Trumps Zölle China zu einem Strategiewechsel zwangen – und zu noch mehr Exporten führten

Chickenonline (CC0), Pixabay
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Noch vor einem Jahr reagierten chinesische Hersteller mit Besorgnis auf die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Der US-Präsident hatte angekündigt, erneut Strafzölle auf chinesische Importe zu erheben, um das wachsende Handelsdefizit der Vereinigten Staaten zu bekämpfen. Die Furcht vor einer neuen Eskalation im Handelskonflikt führte zu einer schnellen Ausweitung der Exporte.

Ein Jahr später hat Trump seine Drohungen wahr gemacht – doch China hat sich erfolgreich angepasst: Die Volksrepublik exportiert heute mehr denn je.

Mit bemerkenswerter Widerstandskraft erzielte die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt allein in den ersten elf Monaten dieses Jahres einen Rekord-Handelsüberschuss von einer Billion US-Dollar – ein Meilenstein, den bislang kein anderes Land erreicht hat.

Diese Entwicklung zeigt, dass der US-Markt für China zwar wichtig, aber keineswegs unersetzlich ist. Sie stärkt auch das Selbstbewusstsein von Staatschef Xi Jinping, der sich im andauernden Zollstreit mit Trump bislang wenig kompromissbereit zeigt. Zwar einigten sich beide Seiten nach einem Treffen im Oktober auf eine fragile Waffenruhe, doch ein umfassendes Abkommen ist nicht in Sicht.

Neue Exportstrategie – alte Wirkung

Der Schlüssel zum chinesischen Exporterfolg liegt in einer konsequent verfolgten Diversifizierungsstrategie. Bereits während Trumps erster Amtszeit begannen chinesische Exporteure, sich weniger auf die USA zu verlassen. Stattdessen wurden Lieferketten umgeleitet und neue Märkte – insbesondere in Europa, Südostasien und Afrika – gezielt erschlossen.

In den ersten elf Monaten des Jahres stiegen Chinas Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahr um 5,7 %, wie aus offiziellen Zolldaten hervorgeht. Während die Exporte in die USA um 18,3 % zurückgingen, verzeichneten Europa (+8,9 %), Südostasien (+14,6 %) und Afrika (+27,2 %) deutliche Zuwächse.

Starke Exporte kaschieren strukturelle Schwächen

Trotz dieser Exporterfolge bleiben wirtschaftliche Probleme im Inland bestehen. Die robuste Außenhandelsbilanz verdeckt strukturelle Schwächen wie schwache Binnennachfrage, geringe Konsumfreude und Überkapazitäten in der Industrie.

Chinas Industriesektor – gestützt durch jahrzehntelange Investitionen – ist zwar hochproduktiv, leidet aber zunehmend unter einem Nachfrageüberhang und intensivem Preiswettbewerb. Dieser zwingt Unternehmen, verstärkt auf Auslandsmärkte zu setzen, was wiederum den internationalen Preisdruck erhöht.

„Made in China 2025“ zeigt Wirkung

Ein wesentlicher Treiber des Exportbooms ist Chinas langfristige Industriepolitik. Im Rahmen der Initiative „Made in China 2025“ hat Peking Milliarden in strategische Branchen investiert – von Halbleitern bis zur Elektromobilität.

Laut der Investmentbank Nomura stiegen die chinesischen Exporte in den letzten fünf Jahren um fast 45 %. Besonders in Entwicklungsländern wächst die Abhängigkeit von preisgünstigen Produkten und Komponenten aus China.

Die staatliche Nachrichtenagentur zitierte kürzlich Wang Jun, Vizedirektor der Zollbehörde, der den Erfolg auf Chinas umfassende Lieferketten, technologische Innovationskraft und die Entschlossenheit der Exporteure zurückführte.

Noch deutlicher formulierte es der nationalistische Kommentator Hu Xijin: „Die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Produkte lässt sich nicht durch Protektionismus auslöschen. Qualität und niedrige Preise sind unschlagbar – und Chinas Lieferkette weltweit einzigartig.“

Umgehung und Transithandel

Allerdings vermuten Ökonomen, dass ein Teil der Exportsteigerung auf sogenannte Transshipments zurückzuführen ist – also auf Umwege über Drittstaaten wie Vietnam, wo Produkte weiterverarbeitet und dann in die USA exportiert werden. Diese Umleitungen erschweren die Durchsetzung amerikanischer Strafzölle und werfen Fragen zur Nachhaltigkeit des aktuellen Wachstums auf.

Zwar erwarten viele Analysten eine weiterhin robuste Exportleistung im kommenden Jahr, doch dürfte sich das Wachstumstempo verlangsamen.

Zichun Huang, China-Expertin bei Capital Economics, geht in einer aktuellen Analyse davon aus, dass Chinas Handelsüberschuss 2026 weiter zunehmen wird – vor allem, weil Exporte durch Umleitungen gestärkt werden, während schwache Binnennachfrage die Importe dämpft.

Internationale Reaktionen und neue Risiken

Der massive Exportüberschuss ruft zunehmend internationalen Widerstand hervor. Schon jetzt haben Länder wie die EU, Indien und Brasilien Vorwürfe wegen Dumping-Praktiken gegen China erhoben. Die Europäische Union verhängte zuletzt Zölle auf chinesische Elektroautos.

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron übte bei seinem jüngsten Besuch in China scharfe Kritik: Die Handelsungleichgewichte mit Europa seien „nicht länger tragbar“, erklärte er – und kündigte mögliche weitere Gegenmaßnahmen an.

Binnenwirtschaft bleibt schwach

Parallel zur starken Außenhandelsbilanz bleibt Chinas Binnenwirtschaft angeschlagen. Der Immobiliensektor – lange eine tragende Säule des Wachstums – steckt seit fünf Jahren in der Krise. Millionen Menschen, deren Vermögen im Immobilienmarkt gebunden ist, halten sich mit Konsum zurück.

Hinzu kommen hohe Jugendarbeitslosigkeit und ein unzureichendes Sozialsystem, was die Konsumfreude weiter dämpft. Die Importe, ein Gradmesser für die Inlandsnachfrage, stiegen im bisherigen Jahresverlauf lediglich um 0,2 %.

Deflation ist ein weiteres Problem: Überkapazitäten und ruinöser Preiskampf – etwa in der E-Mobilität, im Onlinehandel und bei Baumaterialien – führten zu einem anhaltenden Preisverfall. Peking greift zwar punktuell ein, doch grundlegende Entspannung ist nicht in Sicht.

Export bleibt letzte Wachstumsstütze

In dieser wirtschaftlich schwierigen Lage sind Exporte für China zur wichtigsten Wachstumsquelle geworden. Die Regierung hält sich mit großangelegten Konjunkturprogrammen bislang zurück, setzt aber auf gezielte steuer- und geldpolitische Impulse.

Auf der Zentralen Wirtschaftskonferenz CEWC, die am Donnerstag endete, bezeichnete die Regierung die wirtschaftliche Lage als Mischung aus „alten Problemen und neuen Herausforderungen“. Neben der schwachen Inlandsnachfrage benannte sie geopolitische Risiken und strukturelle Ungleichgewichte als zentrale Belastungen.

Für das kommende Jahr kündigte Peking eine „proaktive Fiskalpolitik“ und eine „maßvoll lockere Geldpolitik“ an. Im März soll zudem der nächste Fünfjahresplan vorgestellt werden. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass der Fokus auf technologischer Stärke, industrieller Qualität und nationaler Sicherheit liegen wird – mit Schwerpunkten in Luft- und Raumfahrt, Verkehr, Cybertechnologie und Rüstungsindustrie.

 

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