Donald Trump ist bekannt für laute Ankündigungen und spektakuläre Drohkulissen – doch wenn es um seine Zollpolitik geht, folgt der Paukenschlag oft einer sanften Rücknahme. Ein Muster, das sich jetzt kurz vor seinem selbst ernannten „Liberation Day“ am 2. April erneut abzeichnet: erst maximale Härte androhen, dann überraschend nachgeben – und trotzdem gewinnen.
Trump nutzt dabei ein klassisches Verkaufsprinzip: „Verkaufe die 10, liefere die 6.“
Das heißt: Er kündigt drastische Maßnahmen an, sorgt für Aufregung – um dann mildere Maßnahmen als „vernünftigen Kompromiss“ erscheinen zu lassen. Für Investoren, Unternehmen und Konsumenten ist das zwar nicht ohne Folgen, aber deutlich leichter zu schlucken als befürchtet.
Tarife als Inszenierung
Noch vor wenigen Wochen versprach Trump 25 % Zölle auf alle Produkte aus Mexiko und Kanada, 60 % auf Importe aus China sowie zusätzliche Belastungen für Sektoren wie Pharma, Autos, Halbleiter oder Holz. Doch pünktlich zum Showdown rudert er zurück:
- Autozölle? „Bald.“
- Pharma? „Irgendwann.“
- Holzimporte? „Kommt später.“
- Und zu den angekündigten Rundum-Zöllen sagt Trump nur noch: „Ich werde vielen Ländern Ausnahmen gewähren.“
Es ist, wie Werbelegende Don Draper einmal sagte: „Wenn dir nicht gefällt, was gesagt wird – ändere das Thema.“ Und genau das tut Trump: Er verschiebt die Diskussion von Angst vor wirtschaftlichem Schaden hin zu Erleichterung, dass es doch nicht so schlimm kommt.
Die „einfachen“ Zölle: Fairness statt Fachchinesisch
Besonders beharrt Trump auf sogenannten Reziprozitätszöllen – also Zöllen in gleicher Höhe wie sie andere Länder auf US-Waren erheben. Diese sind politisch leichter vermittelbar, weil sie als „fair“ wahrgenommen werden: „Wenn sie uns 20 % berechnen, dann berechnen wir auch 20 %.“
Das klingt für viele Wähler nachvollziehbarer als sektorale Sonderzölle, deren Ursache und Wirkung sich häufig in wirtschaftlichem Fachjargon verlieren. Selbst Länder wie Indien reagieren bereits darauf: Sie kündigten an, Zölle auf US-Produkte freiwillig zu senken – um Gegenzölle zu vermeiden.
Der Trick mit der Erwartung
Das Prinzip ist simpel: Wer von einem Erdbeben ausgeht, ist über eine laute Türzuziehung fast schon dankbar. Diese Strategie wendet Trump bei nahezu jedem Zollpaket an. Die Angst vor dem ganz großen Knall macht die kleinere Explosion erträglicher – auch wenn sie trotzdem Schaden anrichtet.
Beispiel China: Trump hatte 60 % Zölle versprochen, doch aktuell gelten „nur“ 20 % – plus die bestehenden 25 % auf Stahl und Aluminium. In Summe: immer noch schmerzhaft, aber weit entfernt vom angekündigten Weltuntergang.
Die Realität bleibt bitter
Selbst die entschärften Maßnahmen bleiben teuer: Für Unternehmen, für Konsumenten, für Lieferketten. Die Verbraucherstimmung in den USA ist laut Conference Board auf den niedrigsten Stand seit Januar 2021 gesunken – auch wegen der Zölle.
Zudem geraten viele Unternehmen in Schwierigkeiten: Lieferanten, die bislang auf China setzten, müssen umdisponieren – oft zu höheren Preisen. Eine Entwicklung, die sich bald in den Regalen niederschlagen dürfte.
Fazit: Der „Tariff Man“ bleibt sich treu
Trump bleibt überzeugt: Zölle sind kein taktisches Druckmittel – sie sind sein politisches Lieblingsinstrument. Auch wenn er sie zur Not kosmetisch entschärft, bleibt der Kurs klar: mehr Abschottung, weniger Globalisierung.
Doch der wirtschaftliche Preis steigt – für Verbraucher wie für Unternehmen. Und je mehr Trump „verkaufbare“ Zölle einführt, desto mehr wird deutlich: Auch eine „sechs von zehn“ kann wehtun – vor allem, wenn sie sich Monat für Monat wiederholt.
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