Herr Blazek, das Oberlandesgericht Frankfurt hat jüngst einen Mann zu Schadensersatz verurteilt, weil er Geld aus einem Betrugsfall noch am Tattag abgehoben hat. Was war der Hintergrund?
Blazek: In dem Fall ging es um eine Frau, die Opfer eines perfiden Telefonbetrugs geworden ist. Ein angeblicher Bankmitarbeiter hat sie dazu gebracht, mehrere Überweisungen freizugeben – vermeintlich, um betrügerische Buchungen zu stornieren. Eine dieser Überweisungen in Höhe von 9.500 Euro landete auf dem Konto des späteren Beklagten.
Dieser hat das Geld noch am selben Tag abgehoben – teils am Automaten, teils über etwa 20 bis 30 Transaktionen an Supermarktkassen, um Bargeld zu erhalten. Nach eigener Aussage habe er das für einen „Freund“ getan, der sein Tageslimit ausgeschöpft habe.
Das klingt nach einer typischen Geschichte, wie sie bei sogenannten „Finanzagenten“ vorkommt. Was hat das Gericht entschieden?
Blazek: Genau, das OLG Frankfurt hat klar festgestellt: Der Beklagte hat sich leichtfertig der Geldwäsche schuldig gemacht und muss der Geschädigten den vollen Schaden ersetzen.
Er hätte erkennen müssen, dass mit dieser Transaktion etwas nicht stimmt – schon weil er eine hohe Summe für einen Unbekannten abheben und weitergeben sollte. Das Gericht hat ihm ausdrücklich vorgehalten, dass er selbst sagte, die Sache sei ihm „suspekt“ gewesen.
Was bedeutet in diesem Zusammenhang „leichtfertige Geldwäsche“?
Blazek: Leichtfertig handelt jemand, der grob die Augen vor der Möglichkeit verschließt, dass das Geld aus einer Straftat stammen könnte. Es muss also nicht nachgewiesen werden, dass der Betroffene sicher wusste, dass es sich um „schmutziges Geld“ handelt – es reicht, wenn er es bei normaler Vorsicht hätte erkennen müssen.
Im Alltag heißt das: Wer für andere Personen fremdes Geld entgegennimmt oder abhebt, ohne den Hintergrund zu prüfen, kann schnell in den Bereich der Geldwäsche geraten – selbst, wenn er sich subjektiv als „Opfer“ fühlt.
Das Gericht hat auch die Art der Abhebungen – 20 bis 30 Einzeltransaktionen an Supermarktkassen – als verdächtig bewertet. Warum?
Blazek: Solche gestaffelten Kleinabhebungen sind ein klassisches Mittel, um Geldflüsse zu verschleiern. Wenn jemand am gleichen Tag mit erheblichem Aufwand, sogar mit mehreren Uber-Fahrten, Bargeld generiert, liegt der Verdacht nahe, dass hier Spuren verwischt werden sollten.
Das OLG hat deutlich gemacht, dass dieses Verhalten den Schluss zulässt: Der Beklagte wollte – oder nahm zumindest billigend in Kauf – den kriminellen Ursprung des Geldes zu verdecken.
Welche Lehre ziehen Sie aus diesem Urteil für den Alltag?
Blazek: Ganz klar: Wer sein Konto oder seine Bankkarte für Dritte nutzt, macht sich schnell strafbar oder schadensersatzpflichtig. Viele lassen sich gutgläubig dazu überreden, für „Freunde“ oder Online-Bekannte Geld weiterzuleiten. Aber sobald sich herausstellt, dass das Geld aus einer Straftat stammt, steht man selbst im Feuer.
Das Urteil des OLG Frankfurt zeigt, dass Gerichte keine Nachsicht haben, wenn Warnsignale übersehen werden – insbesondere bei hohen Summen und auffälligen Bargeldbewegungen.
Herr Blazek, vielen Dank für das Gespräch.
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