Kaum gegründet, schon weg: Sahra Wagenknecht verlässt das eigene politische Schiff, bevor es richtig Fahrt aufgenommen hat. Der Rückzug der Namensgeberin vom Vorsitz des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kommt nicht überraschend – er ist vielmehr typisch für eine politische Karriere, die stets zwischen großer Geste und kleinem Durchhaltevermögen pendelt.
Beim Bundesparteitag im Dezember will sie nicht mehr für den Vorsitz kandidieren. Stattdessen zieht sie sich auf einen ideologischen Hochsitz zurück: Als Chefin einer eigens eingerichteten Grundwertekommission will sie künftig über die politische Reinheit ihrer Partei wachen – ein bisschen Theorie, ein bisschen Moral, aber bitte ohne die lästigen Zwänge des politischen Alltags.
Vom Leuchtturm zur Leerstelle
Dass ihr Nachfolger Fabio De Masi heißt, ein profilierter, aber öffentlich weitgehend unbekannter Europaabgeordneter, passt ins Bild: Die Galionsfigur verschwindet, der Apparat bleibt. Die Bewegung, die auf ihre Person zugeschnitten war wie ein Maßanzug, soll nun irgendwie ohne sie glänzen – viel Erfolg damit.
Was bleibt, ist der Eindruck einer Inszenierung: Wagenknecht inszeniert sich gern als Stimme der Vernunft, der sozialen Gerechtigkeit, der Klartext-Politik – doch sobald es unbequem wird oder das Projekt Verantwortung verlangt, zieht sie sich auf Positionen zurück, bei denen sie niemand festnageln kann.
Politische Verantwortung? Lieber nicht.
Ob Fraktionsführung bei der Linken, Bundestagsmandat oder Parteigründung – Wagenknecht war stets dort sichtbar, wo es mediale Wirkung gab. Jetzt, wo es um den Aufbau und die Führung einer echten Partei geht, reicht ihr ein Nebenbüro mit Grundsatzpapieren.
Fahnenflucht trifft es also ganz gut. Und typisch ist es leider auch.
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