Die Rede von US-Vizepräsident JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz schlug hohe Wellen: Statt erwarteter Erklärungen zur Ukraine-Strategie der Trump-Regierung nutzte Vance seinen Auftritt für eine scharfe Abrechnung mit den europäischen Partnern. Dabei stellte er nicht Russland oder China als größte Bedrohung für Europa dar – sondern Europa selbst.
„Die wahre Gefahr kommt von innen“
Vance überraschte die Zuhörer mit der Behauptung, dass nicht äußere Bedrohungen wie Russland oder China das Hauptproblem Europas seien, sondern die eigene politische Entwicklung. Er warf den Regierungen der EU-Staaten vor, die Meinungsfreiheit zu unterdrücken, die Kontrolle über Migration zu verlieren und rechtskonservative Parteien systematisch auszuschließen.
„Die Bedrohung, die mir bei Europa am meisten Sorgen macht, ist nicht Russland, nicht China, nicht irgendein äußerer Akteur. Was mir Sorgen macht, ist die Bedrohung von innen – der Rückzug Europas von seinen fundamentalsten Werten“, so Vance vor einem sichtlich irritierten Publikum.
Anstatt sich zur Ukraine-Politik der Trump-Regierung zu äußern, schoss Vance gegen westliche Demokratien und zog skurrile Vergleiche. So behauptete er, dass „das größte Risiko für die Demokratie“ das Unterdrücken unorthodoxer Meinungen sei. Europäische Regierungen sollten sich stattdessen „mehr nach dem Willen ihrer Bürger richten“.
Angriffe auf liberale Werte und Vergleich mit autoritären Regimen
Vance ging noch weiter und setzte europäische Politiker mit autoritären Herrschern gleich: „Wenn europäische Gerichte Wahlen annullieren und hochrangige Beamte mit weiteren Absagen drohen, müssen wir uns fragen, ob wir uns wirklich noch an hohe demokratische Standards halten.“
Er spielte dabei auf die Entscheidung des rumänischen Verfassungsgerichts an, die Präsidentschaftswahlen zu verschieben, nachdem Hinweise auf eine ausländische Einflussnahme entdeckt wurden. Eine Anspielung auf Russland oder China? Fehlanzeige.
Kein Wort zu Russland oder Belarus
Während Vance europäische Demokratien heftig kritisierte, erwähnte er nicht, dass Russland und Belarus seit Jahrzehnten von den gleichen Machthabern regiert werden und nur noch auf dem Papier demokratische Wahlen abhalten.
Dass Vance dennoch eine 30-minütige Privataudienz mit AfD-Chefin Alice Weidel abhielt, zeigt, dass seine Kritik an „Brandmauern“ gegen rechte Parteien nicht nur rhetorisch gemeint war. In Deutschland hatte die AfD zuletzt wegen Kontakten zu rechtsextremen Gruppierungen für Schlagzeilen gesorgt.
Trump lobt Vance – Europa reagiert empört
Die Reaktionen auf Vances Rede fielen erwartungsgemäß unterschiedlich aus. Während US-Präsident Donald Trump die Äußerungen als „brillant“ lobte, bezeichnete Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sie als „inakzeptabel“.
„Ich widerspreche der Vorstellung, dass in unserer Demokratie Meinungen unterdrückt werden“, so Pistorius. Deutschland sei eine offene Gesellschaft mit pluralistischer Meinungsbildung, in der auch die AfD frei agieren könne.
Ein neuer transatlantischer Kurs?
Die Rede von Vance unterstreicht einmal mehr, dass die Trump-Regierung keinerlei Interesse an einer traditionellen transatlantischen Partnerschaft hat. Während Europa mit der Bedrohung durch Russland kämpft, scheint Washington mit gezielten Provokationen eine neue geopolitische Realität zu formen – eine, in der Europa auf sich allein gestellt ist.
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