Jeder vierte Deutsche ist bereits Opfer von Online-Betrug geworden. Ob Fake-Shops, Scamming oder Identitätsdiebstahl – die Maschen sind vielfältig. Rechtsanwalt Jens Reime erklärt, warum das Internet für Betrüger ein ideales Spielfeld ist, welche Rechte Betroffene haben – und worauf man dringend achten sollte.
Herr Reime, laut aktueller Umfrage im Auftrag der Schufa ist fast jeder vierte Erwachsene in Deutschland bereits Opfer von Online-Betrug geworden. Überrascht Sie diese Zahl?
Jens Reime: Leider nicht. Die Zahl ist sogar eher konservativ geschätzt. Viele Fälle werden gar nicht zur Anzeige gebracht – entweder aus Scham, weil Betroffene sich überrumpelt fühlen, oder weil sie die Schäden selbst tragen. Online-Betrug ist inzwischen Teil des digitalen Alltags geworden, und die Täter werden immer professioneller
Was sind die häufigsten Maschen?
Die meisten Verbraucher fallen nach wie vor auf Fake-Shops herein. Das sind scheinbar seriöse Online-Shops, die entweder gar keine Ware liefern oder minderwertige Produkte versenden. Hinzu kommen Scamming-Fälle – etwa angebliche Liebesbeziehungen oder Notlagen per E-Mail oder Messenger, die Geldüberweisungen erschleichen sollen. Auch Abo-Fallen, in denen man in langfristige Verträge hineingerät, sind weit verbreitet. Besonders heikel ist aber der Identitätsdiebstahl – da geht es um Missbrauch persönlicher Daten mit oft enormem finanziellen Schaden.
Was passiert, wenn meine Daten in falsche Hände geraten – zum Beispiel Bankdaten oder Passwörter?
Dann wird es ernst. Wer etwa über einen Fake-Shop seine Kontodaten oder Kreditkartennummer eingibt, kann innerhalb weniger Minuten betrogen werden. Besonders kritisch wird es, wenn mit den gestohlenen Daten Verträge abgeschlossen oder Konten eröffnet werden. Der Schaden liegt hier nicht selten im fünfstelligen Bereich – und es dauert Monate, bis Betroffene ihre Identität wieder „zurückerobert“ haben. Leider wissen viele Menschen nicht, wie schnell sie selbst in die Haftung geraten können, wenn sie zu leichtfertig mit Daten umgehen.
Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Betroffene?
Zunächst einmal: Unbedingt Anzeige erstatten. Auch wenn der Täter im Ausland sitzt – die Anzeige ist wichtig, um spätere zivilrechtliche Ansprüche durchsetzen zu können. Im Fall von Fake-Shops kann man unter Umständen über das Zahlungsinstitut oder die Bank eine Rückbuchung erreichen. Bei Abo-Fallen sollte man schnell widersprechen und nichts ungeprüft unterschreiben. Und wer Opfer von Identitätsdiebstahl wird, muss so schnell wie möglich seine Daten sichern, Passwörter ändern, betroffene Institute informieren – und sich juristische Hilfe holen.
Viele Nutzer setzen laut Umfrage auf starke Passwörter und ändern ihre Logins nach einem Betrugsfall. Reicht das aus?
Ein guter Anfang, aber nicht genug. Viele nutzen Passwörter wie „Sommer2025!“ – das wirkt auf den ersten Blick sicher, ist aber leicht zu knacken. Wichtiger ist eine Kombination aus langen, einzigartigen Zeichenfolgen, am besten mit Zwei-Faktor-Authentifizierung. Noch wichtiger ist aber das Verhalten: Keine Kontodaten per E-Mail oder Messenger weitergeben, bei Shops auf Impressum, Zahlungsmethoden und Bewertungen achten, und bei jeder „zu guten“ Gelegenheit lieber einmal zu viel googeln.
Was raten Sie konkret Verbrauchern, die sich im Netz unsicher fühlen?
Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl – und informieren Sie sich. Wenn eine Webseite seltsam wirkt oder ein Angebot zu günstig erscheint, steckt oft eine Falle dahinter. Nutzen Sie offizielle Warnlisten, etwa vom Verbraucherschutz oder der Polizei. Und wenn doch etwas passiert ist: Holen Sie sich rechtzeitig rechtlichen Beistand. In vielen Fällen lassen sich weitere Schäden vermeiden – wenn man schnell reagiert.
Herr Reime, vielen Dank für das Gespräch.
Jens Reime: Sehr gern – und bleiben Sie misstrauisch. Im Netz ist das leider oft der beste Schutz.
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