Redaktion, 22.07.2025
Immer mehr Menschen fallen auf scheinbar professionelle Online-Tradingplattformen herein – und verlieren dabei oft hohe Geldbeträge. Die Redaktion sprach mit der Saarbrücker Rechtsanwältin Kerstin Bontschev, Expertin für Internet- und Finanzstrafrecht.
Redaktion: Frau Bontschev, was versteht man unter Cybertrading-Betrug?
Bontschev: Cybertrading-Betrug ist eine perfide Form des Anlagebetrugs. Über täuschend echt wirkende Internetplattformen werden Menschen dazu gebracht, Geld in vermeintlich hochrentable Finanzprodukte wie Kryptowährungen oder internationale Aktien zu investieren. Tatsächlich handelt es sich um ein reines Lügenkonstrukt – weder das Geld wird angelegt noch existieren echte Märkte.
Redaktion: Wie läuft so ein Betrug typischerweise ab?
Bontschev: Zunächst werden die Betroffenen mit professionell wirkenden Webseiten und Kontaktaufnahmen durch angebliche Finanzberater in Sicherheit gewogen. Sie sehen scheinbare Gewinne auf ihrem Nutzerkonto und werden zu weiteren Investitionen motiviert. Will jemand das Geld auszahlen lassen, verlangt man plötzlich angebliche Gebühren oder Steuern. Auch diese Zahlungen verschwinden.
Redaktion: Wer gerät besonders häufig ins Visier?
Bontschev: Oft sind es ältere Menschen oder Menschen mit etwas Kapital auf der Seite. Aber auch junge, technikaffine Personen sind betroffen – die Täter passen ihre Masche an die Zielgruppe an. Entscheidend ist, dass die Kommunikation persönlich, freundlich und manipulativ ist. Es geht darum, Vertrauen aufzubauen – um es dann gezielt auszunutzen.
Redaktion: Was raten Sie, um sich zu schützen?
Bontschev: Seien Sie skeptisch gegenüber unrealistisch hohen Gewinnversprechen. Prüfen Sie unbedingt, ob ein Anbieter bei der BaFin oder einer anderen Aufsichtsbehörde registriert ist. Und: Lassen Sie sich nicht drängen – echte Finanzdienstleister agieren transparent und ohne emotionalen Druck. Im Zweifel: Finger weg.
Redaktion: Und wenn das Geld schon weg ist?
Bontschev: Dann bitte sofort zur Polizei und alle Belege sichern – Kontoauszüge, E-Mails, Chatverläufe. Je früher reagiert wird, desto besser. Auch wenn die Chance auf vollständige Rückerstattung gering ist, sind Sperrungen oder Rückbuchungen in Einzelfällen möglich. Wichtig: Niemals weiteres Geld schicken – weder an die Betrüger noch an angebliche Rückholfirmen, die oft zur nächsten Betrugsstufe gehören.
Redaktion: Wie groß ist das Problem aktuell?
Bontschev: Wir sprechen hier nicht mehr von Einzelfällen – das hat inzwischen eine systematische Dimension. Hinter vielen Plattformen stecken gut organisierte, international agierende Netzwerke. Die Dunkelziffer ist hoch, weil sich viele Betroffene schämen. Dabei ist es wichtig, über solche Fälle zu sprechen – nur so können wir sensibilisieren.
Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Bontschev.
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