Auf dem Papier sieht die US-Wirtschaft stabil aus:
- 4,3 % Wachstum im dritten Quartal
- Inflation unter 3 %
- Arbeitslosigkeit auf Vollbeschäftigungsniveau
- Aktienkurse auf Rekordhoch
Doch für Millionen Amerikaner fühlt sich das Jahr 2025 wirtschaftlich alles andere als gut an – und 2026 verspricht keine wesentliche Besserung.
Zwei Welten: Die Realität der K-förmigen Wirtschaft
Das Phänomen wird „K-förmige Wirtschaft“ genannt: Während gut situierte Haushalte florieren, kämpfen breite Bevölkerungsschichten mit steigenden Lebenshaltungskosten, wachsenden Schulden und stagnierenden Löhnen.
- Marcus Satterfield, alleinerziehender Vater aus Virginia Beach, musste das Weihnachtsbudget halbieren. Seine Kreditkarten sind überzogen, er denkt über Nebenjobs nach, um Essen zu kaufen.
- Helen Nerviano, 76-jährige Rentnerin in Arizona, lebt mit ihrem kranken Ehemann – die Pflegekosten und Inflation treiben sie in Richtung Insolvenz.
„Es ist ein endloser Kampf“, sagt Nerviano. „Ich muss Dinge an der Kasse wieder zurücklegen. Ich kann es mir einfach nicht leisten.“
Der Schein trügt: Hinter den makroökonomischen Zahlen
Trotz positiver Gesamtindikatoren zeigt ein genauer Blick auf die Wirtschaft:
- Kaufkraftverlust: Löhne steigen, aber nicht genug, um mit der Inflation mitzuhalten.
- Kreditausfälle:
- Kreditkarten-Delinquenz auf 14-Jahreshoch (12,41 %)
- Verbraucherkonkurse auf 5-Jahreshoch
- Studentenkredite: Rekordausfälle, vor allem bei über 50-Jährigen
- Verschuldung: Haushaltsverschuldung auf Rekordhöhe von 18,6 Billionen Dollar
- Jobmarkt: Die meisten Branchen befinden sich in einer Einstellungspause. Es dauert Monate, bis Jobs gefunden werden.
Fazit: Der wirtschaftliche Aufschwung kommt bei vielen Menschen nicht an.
Die Mittelschicht gerät unter Druck
Laut Moody’s-Ökonom Justin Begley spürt besonders die untere und mittlere Einkommensschicht den Druck:
„Nur jetzt beginnen ihre Löhne langsam, mit der Inflation Schritt zu halten – während sich wohlhabende Haushalte längst angepasst haben.“
Gleichzeitig steigen die Fixkosten unaufhörlich:
- Stromrechnungen, wie bei Satterfield, um über 70 % höher als gewohnt
- Lebensmittel, Mieten, Versicherungen, Medikamente – alles teurer
Gibt es Hoffnung für 2026?
Trotz allem gibt es verhaltene Signale der Hoffnung:
- Unternehmen senken Preise: Viele Konsumgüteranbieter und Bauunternehmen bieten erstmals seit Jahren wieder Preisnachlässe an.
- Zinswende: Die US-Notenbank könnte weitere Zinssenkungen vornehmen.
- Geplante Steuererleichterungen:
- Steuerfreiheit für Trinkgelder und Überstunden
- Erhöhter Kinderfreibetrag
- Senkung von Sozialabgaben
Diese Maßnahmen könnten insbesondere untere Einkommensgruppen entlasten, so Begley – auch wenn sie keinen Arbeitsplatz ersetzen.
Ein Gamechanger? Rücknahme der Trump-Zölle
Die weitreichenden Zölle unter Präsident Trump verteuern zahlreiche Alltagsprodukte – von Kleidung bis Lebensmitteln. Eine Rücknahme könnte:
- Preisdruck senken
- Unternehmen entlasten
- Wirtschaftliches Vertrauen stärken
Begley betont: „Eine Reduzierung der Zölle wäre ein echter Gewinn für die gesamte Volkswirtschaft.“
Ausblick
Obwohl viele Amerikaner mit Schulden, Existenzsorgen und Zukunftsängsten in das neue Jahr starten, bleibt bei manchen ein Rest von Optimismus.
„Ich überlege, für Uber zu fahren“, sagt Satterfield. „Es geht darum, meine Tochter zu versorgen – auch wenn das bedeutet, weniger Zeit mit ihr zu verbringen.“
Der wirtschaftliche Winter dauert an – und ob 2026 echte Erleichterung bringt, hängt von vielen Faktoren ab. Die K-förmige Realität bleibt.
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