Inmitten des eskalierenden Handelskriegs zwischen den USA und China kündigten beide Länder ein erstes „Eisbrecher“-Treffen in Genf an. US-Finanzminister Scott Bessent und der Chefunterhändler für Handel, Jamieson Greer, werden sich diese Woche mit Chinas ranghöchstem Wirtschaftsvertreter in der Schweiz treffen.
Die Ankündigung ließ die US-Aktienmärkte aufatmen: Die S&P 500 Futures stiegen um etwa 1 %, nachdem die Märkte an zwei aufeinanderfolgenden Tagen Verluste verzeichnet hatten.
Strategischer Austausch in der Schweiz
Das Treffen markiert eine mögliche Wende im Handelsstreit, der die globale Wirtschaft seit Monaten belastet. Bessent und Greer sollen neben den Gesprächen mit chinesischen Vertretern auch die schweizerische Präsidentin Karin Keller-Sutter treffen, um über bilaterale Handelsabkommen zu sprechen.
Obwohl die amerikanischen Behörden nicht explizit bestätigten, wer auf chinesischer Seite teilnehmen wird, gilt Vizepremier He Lifeng als wahrscheinlicher Gesprächspartner. Er ist als Chinas Wirtschafts-Zar und Chefunterhändler bekannt.
Hintergrund: Ein festgefahrener Handelskonflikt
Seit Trump am 2. April einen 10 %-Tarif auf die meisten Importwaren ankündigte und ab dem 9. Juli deutlich höhere Sätze plant, hat sich der Handelskrieg zwischen Washington und Peking verschärft. China reagierte mit Gegenzöllen von 125 % auf amerikanische Produkte und bot lediglich Ausnahmen für bestimmte Waren an.
Zusätzlich zu den 145 %-Zöllen auf chinesische Produkte hat Trump 25 %-Zölle auf Autos, Stahl und Aluminium sowie ähnliche Maßnahmen gegen Kanada und Mexiko eingeführt. Dies führte zu einem deutlichen Rückgang der Handelsaktivitäten, was das US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal 2025 erstmals seit drei Jahren ins Minus rutschen ließ.
Verhandlungen mit 17 Ländern – China außen vor
Am selben Tag hatte Bessent vor dem Kongress erklärt, dass die Trump-Regierung mit 17 wichtigen Handelspartnern über mögliche Abkommen verhandele – China sei jedoch bislang nicht darunter. Diese Diskrepanz verdeutlicht die verhärtete Front zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt.
Trump selbst zeigte sich vor einem Treffen mit dem kanadischen Premierminister Mark Carney am selben Tag optimistisch, dass in den nächsten zwei Wochen erste Handelsabkommen abgeschlossen werden könnten. „Zeit wird zeigen, was möglich ist“, sagte Trump und deutete gleichzeitig an, dass China kein schnelles Einlenken erwarten dürfe.
Wirtschaftliche Folgen: Ein Desaster für beide Seiten
Die Strategie, die US-Handelsbilanz durch Zölle auszugleichen, scheint sich ins Gegenteil zu verkehren: Das US-Handelsdefizit erreichte im März ein Rekordhoch. Grund dafür sind verstärkte Importe, da Unternehmen versuchten, den angekündigten Zöllen zuvorzukommen. Insbesondere die Pharmaindustrie verzeichnete eine sprunghafte Zunahme der Einfuhren.
Trumps Taktik: Sicherheit durch Handelspolitik
Finanzminister Bessent verteidigte Trumps Vorgehen: „Wirtschaftliche Sicherheit ist nationale Sicherheit. Präsident Trump setzt sich im In- und Ausland für ein starkes, wohlhabendes Amerika ein.“ Gleichzeitig räumte er ein, dass die derzeitige Situation mit gegenseitigen Strafzöllen wirtschaftlich „nicht nachhaltig“ sei und faktisch einem Handelsembargo gleiche.
Internationale Reaktionen: EU und andere Staaten auf Distanz
Auch die Europäische Union sieht die Entwicklungen mit Sorge: Ein hochrangiger EU-Vertreter kündigte an, dass die 27 Mitgliedstaaten Gegenmaßnahmen ergreifen würden, sollte kein Abkommen mit den USA zustande kommen. Andere Staaten suchen bereits intensivere Handelsbeziehungen mit der EU als Alternative zu den USA.
Ein erster Schritt zur Entspannung?
Ob das Treffen in Genf den Durchbruch bringt, bleibt abzuwarten. Experten warnen, dass sowohl die USA als auch China ihre Positionen nicht aufweichen wollen, um nicht als Verlierer dazustehen. Trump selbst sagte: „Es braucht zwei zum Tango. Aber ich habe schon viele unmögliche Dinge möglich gemacht.“
Analysten hoffen, dass die Gespräche zumindest den Weg für weitere Verhandlungen ebnen könnten. In jedem Fall wäre eine diplomatische Annäherung ein dringend nötiger Schritt, um die weltweiten Lieferketten zu stabilisieren und die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.
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