In einem umstrittenen Schritt hat das US-Verteidigungsministerium den Einsatz von 1.700 Soldaten der Nationalgarde zur Unterstützung der Einwanderungsbehörde ICE (Immigration and Customs Enforcement) genehmigt. Die Soldaten sollen in über einem Dutzend republikanisch geführter Bundesstaaten bei der Bearbeitung von Einwanderungsfällen mitwirken – unter anderem durch DNA-Proben, Fingerabdrücke, Fotoerfassung und den Transport festgenommener Personen.
Nationalgarde ersetzt Marines
Bereits im Juli hatten 200 Marines vorübergehend administrative Aufgaben bei ICE übernommen. Nun wird deren Einsatz schrittweise von Nationalgardisten übernommen. Laut einem Sprecher der Florida Nationalgarde sind seit dem 5. August die ersten 25 Soldaten in verschiedenen ICE-Büros des Bundesstaates im Einsatz.
„Unsere Kräfte übernehmen administrative Aufgaben wie Fingerabdrücke, DNA-Tests, Fotografien und Transportdienste“, so der Sprecher.
Einsätze sind nicht nur in Florida, sondern auch in bis zu 20 weiteren republikanisch regierten Bundesstaaten geplant – darunter Texas, Georgia, Virginia, Missouri und South Carolina. In South Carolina wurden bereits 40, in Louisiana 70 Nationalgardisten angefordert.
Rechtslage erlaubt Einsatz unter Gouverneursbefehl
Der Einsatz der Nationalgarde erfolgt auf Anordnung der jeweiligen Bundesstaaten, nicht direkt durch den Bund. Damit unterliegen die Soldaten nicht denselben rechtlichen Einschränkungen wie reguläre Streitkräfte, etwa dem Posse Comitatus Act, der den Einsatz des Militärs im Inland zu zivilpolizeilichen Zwecken stark begrenzt.
Diese Umgehung der rechtlichen Hürden stößt bei Jurist:innen und Bürgerrechtsorganisationen zunehmend auf Kritik.
Kritik: „Schleichende Militarisierung“ der Einwanderungspolitik
Joseph Nunn, Experte für Sicherheitsrecht beim Brennan Center for Justice, warnt vor einer Verlagerung militärischer Kompetenzen in zivile Bereiche.
„Wenn militärisches Personal zur Unterstützung von Einwanderungsbehörden eingesetzt wird, bindet das Ressourcen, die eigentlich für Katastrophenschutz oder Landesverteidigung vorgesehen sind.“
Zudem bestehe die Gefahr, dass sich die Präsenz der Nationalgarde nicht mehr nur auf Grenzregionen, sondern dauerhaft auf das Landesinnere ausweite. Eine Normalisierung des Militärs im Alltag ziviler Behörden sei ein bedenklicher Trend, so Nunn.
Politischer Hintergrund: Trumps harte Linie
Der erweiterte Militäreinsatz ist Teil der verschärften Einwanderungspolitik unter Präsident Donald Trump, der nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus erneut eine Null-Toleranz-Strategie verfolgt.
Bereits zu Beginn seiner zweiten Amtszeit ließ Trump Tausende Soldaten an die Grenze zu Mexiko verlegen und setzte militärische Kräfte zur Absicherung von Großrazzien sowie zur Eindämmung von Protesten ein.
Mit dem aktuellen Schritt verlagert sich der Fokus nun auf die administrative Unterstützung innerhalb der ICE-Strukturen – ein Schritt, den viele Beobachter als nächste Eskalationsstufe im Umgang mit Migration bewerten.
Fazit
Die Integration von Nationalgardisten in die innerstaatliche Verwaltung von Einwanderungsfällen markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Trennung von militärischer und ziviler Zuständigkeit.
Befürworter sehen darin eine pragmatische Lösung zur Entlastung überlasteter Behörden.
Kritiker warnen vor einem schleichenden Abbau rechtsstaatlicher Prinzipien – und einer Normalisierung des Militärs als Werkzeug innenpolitischer Kontrolle.
Ob es sich bei diesem Einsatz tatsächlich um eine Ausnahmelösung handelt – oder ob hier ein neues Standardinstrument staatlicher Migrationspolitik entsteht – wird sich in den kommenden Monaten zeigen.
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