Mit einem Urteil vom 18. Juni hat der Supreme Court der Vereinigten Staaten das umstrittene Gesetz aus Tennessee bestätigt, das geschlechtsangleichende medizinische Behandlungen wie Pubertätsblocker und Hormontherapien für Minderjährige verbietet. In einer 6:3-Entscheidung votierten die konservativen Richter für das Gesetz – ein schwerer Rückschlag für trans Jugendliche und ihre Familien.
Roberts: Entscheidung gehört ins Parlament, nicht vor Gericht
In der Mehrheitsmeinung schrieb Chief Justice John Roberts, das Gesetz verletze nicht die Gleichbehandlungsgrundsätze des 14. Verfassungszusatzes. Die Frage, ob solche Behandlungen erlaubt sein sollten, sei „eine politische Entscheidung“, die von gewählten Vertretern – nicht von Richtern – getroffen werden müsse.
Sotomayor: „Das Gericht verlässt trans Kinder in ihrer Not“
Die liberale Richterin Sonia Sotomayor verlas ihre scharfe, emotionale Gegenrede direkt im Gericht – ein seltenes Signal tiefster Missbilligung. Sie warf der Mehrheit vor, trans Kinder „dem politischen Zeitgeist zu opfern“. Auch Justice Ketanji Brown Jackson warnte, dass das Gericht fundamentale verfassungsmäßige Schutzrechte ignoriere.
Medizinische Gemeinschaft widerspricht Entscheidung
Zahlreiche medizinische Fachverbände wie die American Academy of Pediatrics und die American Medical Association unterstützen geschlechtsangleichende Therapien für Jugendliche, wenn sie medizinisch indiziert sind. Doch das Gericht verwies auf Entwicklungen in Europa, wo Länder wie Großbritannien restriktiver mit solchen Behandlungen umgehen.
ACLU: Rückschlag, aber Kampf geht weiter
Die American Civil Liberties Union (ACLU) nannte das Urteil einen „schmerzhaften Rückschlag“. Anwalt Chase Strangio, der als erster offen trans Anwalt vor dem Supreme Court auftrat, betonte, das Urteil lasse noch Raum für rechtliche Anfechtungen anderer Gesetze.
Politische Brisanz in Wahljahr
Der Fall hat weitreichende politische Auswirkungen. Die Trump-Regierung hatte sich gegen die Biden-Administration gestellt und Tennessee unterstützt. Ex-Präsident Trump macht den Widerstand gegen trans Rechte seit Monaten zu einem Kernpunkt seiner Wahlkampfstrategie.
Mit dem Urteil stärkt der Supreme Court konservativen Bundesstaaten den Rücken, die seit 2022 vermehrt Gesetze gegen trans Jugendliche erlassen – von Schulvorschriften über Sportbeteiligung bis hin zu medizinischen Verboten. Die Entscheidung markiert einen bedeutenden Wendepunkt in Amerikas Umgang mit Geschlechtsidentität – und in der Rolle des höchsten Gerichts als Schutzinstanz für Minderheiten.
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