Ein kleiner Haken in einer E-Mail, große Wirkung für Millionen Prime-Video-Nutzer: Das Landgericht München I hat dem Streaming-Giganten Amazon untersagt, Werbung ohne Zustimmung der Kunden in sein Streamingangebot einzubauen. Das Urteil geht auf eine Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) zurück – und ist ein bedeutendes Signal für Verbraucherrechte in der digitalen Welt.
Was war passiert?
Amazon hatte seine Kunden am 3. Januar 2024 per E-Mail darüber informiert, dass bei Prime Video ab dem 5. Februar 2024 in „begrenztem Umfang“ Werbung vor oder während Filmen und Serien erscheinen könne. Gleichzeitig wurde eine neue Option vorgestellt: Für 2,99 Euro pro Monat könne man die Werbung abwählen – wer nichts tue, akzeptiere implizit die Änderung.
Die E-Mail suggerierte, dass kein Handlungsbedarf für die Kunden bestehe – eine Formulierung, die nun juristisch als irreführend eingestuft wurde.
Das sagt das Gericht
Die 33. Zivilkammer des Landgerichts München I, spezialisiert auf Wettbewerbsrecht, entschied eindeutig zugunsten des vzbv. Nach Ansicht des Gerichts handelte Amazon unzulässig, indem der Konzern den bisherigen werbefreien Streamingvertrag einseitig geändert habe.
Die Begründung:
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Die E-Mail vom 03.01.2024 war eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG und beeinflusste die Vertragsbeziehung zwischen Amazon und seinen Kunden.
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Die Botschaft war irreführend, da sie den Eindruck erweckte, Kunden könnten nichts gegen die Werbeeinführung tun.
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Tatsächlich hatte Amazon keine rechtliche Grundlage, um die Werbefreiheit eigenmächtig abzuschaffen – weder in den eigenen Nutzungsbedingungen noch laut Gesetz.
Besonders betont wurde, dass Werbefreiheit ein wesentlicher Bestandteil des Vertrags sei – selbst wenn sie nicht explizit in den AGB zugesichert wurde. Für viele Kunden sei dies ein entscheidender Faktor bei der Wahl eines kostenpflichtigen Streamingdienstes.
Amazon muss richtigstellen
Das Gericht ordnete nicht nur die Unterlassung solcher E-Mails an, sondern verpflichtete Amazon zusätzlich dazu, eine Berichtigung an die betroffenen Kunden zu senden. Sie sollen klar darüber informiert werden, dass die Werbeeinführung ohne ihre Zustimmung rechtswidrig war.
Noch kein rechtskräftiges Urteil – aber richtungsweisend
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Amazon kann Berufung einlegen. Dennoch gilt es bereits jetzt als wegweisend für die digitale Vertragsgestaltung.
Die Entscheidung zeigt: Streaminganbieter können nicht nach Belieben Vertragsinhalte ändern, insbesondere wenn diese Änderungen die Nutzungsqualität empfindlich beeinflussen.
Fazit: Verbraucherrechte gelten auch im Streaming-Zeitalter
Das Urteil ist ein starkes Zeichen dafür, dass Unternehmen Transparenz und Fairness gegenüber ihren Kunden wahren müssen – auch bei digitalen Abo-Diensten. Eine schleichende Einführung von Werbung gegen Aufpreis, ohne aktive Zustimmung der Nutzer, verstößt gegen geltendes Wettbewerbsrecht.
Amazon muss sich nun die Frage gefallen lassen, wie vertrauenswürdig ein Service ist, der heimlich den Vertrag ändert – und ob die Werbefreiheit bei Prime Video nicht von Anfang an fester Vertragsbestandteil war.
Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts München I, 17.12.2025
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