Noch vor wenigen Tagen sprach Donald Trump von einer „neuen goldenen Ära“ für Amerika. Kurz darauf warnte er Eltern davor, dass ihre Kinder künftig mit weniger Spielzeug auskommen müssten – und dass es teurer werde. Dieses abrupte Umschwenken steht sinnbildlich für den zunehmend bröckelnden Mythos seines Versprechens, Amerika „wieder reich zu machen“.
Am Mittwoch zeigte sich das besonders deutlich: Neue Zahlen des US-Handelsministeriums offenbarten, dass die US-Wirtschaft im ersten Quartal 2025 um 0,3 % geschrumpft ist – ein ernüchterndes Signal und der erste spürbare Rückschlag in Trumps zweiter Amtszeit. Zwar ist das allein noch kein Anzeichen für eine akute Krise, aber es untergräbt Trumps zentrale Erzählung: dass er als erfolgreicher Unternehmer die Wirtschaft im Griff habe.
Gerade diese Erzählung war für viele Wähler ein Hauptgrund, ihn 2024 erneut zu wählen – neben seiner harten Migrationspolitik. Doch wenn der Nimbus des „Wirtschaftsgenies“ bröckelt, bröckelt auch seine politische Grundlage.
Der wirtschaftliche Rückschlag überschattet seine ersten 100 Tage im Amt, die das Weiße Haus bislang als historische Erfolgsgeschichte inszenieren wollte. Stattdessen mehren sich die Warnsignale: Steigende Inflationserwartungen, sinkende Konsumentenstimmung, Einbrüche an den Börsen – all das nährt das Gefühl, dass Amerika wirtschaftlich schwierige Zeiten bevorstehen. Und solche Erwartungen können sich schnell selbst erfüllen, wenn Verbraucher und Unternehmen vorsichtiger werden.
Auch geopolitisch drohen Folgen: Sollte Trumps Rückhalt im eigenen Land bröckeln, schwächt das seine Verhandlungsposition in internationalen Handelsgesprächen. Warum sollten ausländische Staatschefs großzügige Zugeständnisse machen, wenn sie den Eindruck haben, Trump steht unter Druck?
Seine Reaktion? Die übliche Schuldumkehr: Auf seiner Plattform „Truth Social“ machte Trump kurzerhand Joe Biden verantwortlich. „Das ist Bidens Aktienmarkt, nicht meiner“, schrieb er. Auch die schlechten Wirtschaftszahlen seien „nicht durch die Zölle verursacht“. Doch das wirkt wenig überzeugend – schließlich war es Trump selbst, der mit dem sogenannten „Befreiungstag“ seine Handelspolitik durch aggressive Zölle völlig neu aufstellte.
Die Folge: Unternehmen importierten auf Vorrat, aus Angst vor weiteren Handelsbarrieren – was die offiziellen Wirtschaftsdaten verzerrt. Viele dieser Maßnahmen trafen die eigenen Bürger: Die Rentenfonds vieler Amerikaner litten, die Preise für Konsumgüter stiegen – ein harter Schlag besonders für Menschen mit niedrigem Einkommen.
Gerade im Handelskonflikt mit China wird deutlich, wie weit Wunsch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Während Trump sich rühmt, Chinas Wirtschaft „in die Knie zu zwingen“, zeigt sich bisher kein diplomatischer Fortschritt. Stattdessen drehten laut Trump ganze Frachtschiffe um, die Konsumgüter für den US-Markt geladen hatten – was er als Erfolg verkaufte.
In einem aufschlussreichen Moment sagte er dazu: „Vielleicht haben Kinder dann zwei Puppen statt 30 – und die kosten ein paar Dollar mehr.“ Diese flapsige Bemerkung offenbart eine gefährliche Realitätsferne. Denn die Abhängigkeit der US-Verbraucher von günstigen Importen, etwa bei Kleidung oder Elektronik, ist enorm.
Natürlich kann man argumentieren, dass eine stärkere Binnenwirtschaft langfristig gesünder wäre. Doch für einen Präsidenten, der sich mit Milliardären umgibt und sich gerne als Held der kleinen Leute inszeniert, ist es politisch riskant, Eltern steigende Preise und leere Regale zuzumuten.
Unterdessen bleibt das Weiße Haus im Verteidigungsmodus. Pressesprecherin Karoline Leavitt beschuldigte Amazon sogar, sich politisch gegen Trump zu stellen, nachdem ein Bericht auftauchte, der die wahren Kosten der Zölle für Verbraucher offenlegen sollte.
Währenddessen wurde der Präsident in Kabinettssitzungen mit Lob überschüttet. „Ihre ersten 100 Tage übertreffen alles, was es jemals gab“, sagte Justizministerin Pam Bondi. Doch die Diskrepanz zwischen solcher Inszenierung und der wirtschaftlichen Realität wächst.
Der frühere Finanzminister Larry Summers brachte es auf den Punkt: „Das waren vermutlich die wirtschaftlich erfolglosesten ersten 100 Tage eines Präsidenten im letzten Jahrhundert.“
Was bleibt, ist das Gefühl einer Regierung, die sich selbst belügt – und eines Präsidenten, dessen ökonomisches Kartenhaus bedenklich ins Wanken gerät. Wenn Trump in Michigan erklärt: „Unsere goldene Ära hat gerade erst begonnen“, wirkt das mehr denn je wie eine Behauptung aus einer anderen Realität.
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