Mit seiner „Operation Midway Blitz“ lässt US-Präsident Donald Trump derzeit in Chicago eine massive Einwanderungsrazzia durchführen – und sorgt damit für Empörung und Angst in der Stadt. Während das Weiße Haus behauptet, es gehe ausschließlich um kriminelle Einwanderer ohne Papiere, berichten Bewohner und lokale Politiker von wahllosen Festnahmen auf offener Straße.
Nach Angaben des Heimatschutzministeriums wurden bisher vier Personen verhaftet, die unter anderem wegen schwerer Sexualdelikte, häuslicher Gewalt und bewaffneten Raubüberfalls angeklagt sein sollen. Namen oder Verurteilungen wurden bislang nicht genannt.
„Das ist nicht normal“
Menschenrechtsgruppen werfen den Behörden vor, unschuldige Bewohner ins Visier zu nehmen. „Diese Entführungen wirken völlig willkürlich. Menschen gehen aus dem Haus und werden von ihren Familien gerissen – das ist nicht normal“, sagte Rey Wences von der Illinois Coalition of Immigrant and Refugee Rights.
Auch die Stadträtin Jeylú Gutiérrez, selbst Migrantin aus Mexiko, sprach von einem Einschüchterungsversuch: „Es geht nicht darum, die schlimmsten Kriminellen zu verhaften. Es geht darum, unsere Gemeinden zu terrorisieren. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern.“
Angst in den Vierteln
Vor allem auf der Südwestseite Chicagos, wo viele mexikanische Einwanderer leben, meiden Anwohner inzwischen die Straßen. „Straßenverkäufer verschwinden, Menschen bleiben zu Hause. Die Angst ist überall spürbar“, berichtete Any Huamani vom Nachbarschaftsrat in Brighton Park.
Rechtsberater klären Betroffene über ihre Rechte auf: Niemand müsse ohne richterlichen Beschluss die Tür öffnen oder Fragen zur Aufenthaltsgenehmigung beantworten. Rund 30 sogenannte „Rapid Response Teams“ in Illinois reagieren mittlerweile auf Anrufe einer Hotline, wenn Sichtungen von ICE-Beamten gemeldet werden.
Politischer Konflikt eskaliert
Chicago und Illinois gelten seit Jahrzehnten als sichere Häfen für Migranten – Sanctuary-Gesetze gelten in der Stadt seit 1985, landesweit seit 2017. Trump hingegen wirft den Demokraten vor, „Verbrecher über gesetzestreue Bürger zu stellen“ und kündigte an, ICE-Ressourcen in Chicago massiv zu verstärken.
Kritik kommt nicht nur von lokalen Politikern. Auch Aktivisten aus Los Angeles, wo ähnliche Razzien laufen, rufen die Menschen in Chicago dazu auf, sich nicht einschüchtern zu lassen. „Wir dürfen nicht weichen, wenn ICE auftritt oder die Nationalgarde patrouilliert. Wir müssen zeigen, dass unsere Gemeinschaft stark und vereint bleibt“, sagte Marisol Marquez von der Organisation Centro CSO.
Ausblick
Während Bundesbehörden von „gezielter Strafverfolgung“ sprechen, wächst in Chicago die Sorge vor einem Klima ständiger Angst. Für viele Migrantenfamilien ist der Alltag bereits jetzt geprägt von Misstrauen, Unsicherheit – und dem Gefühl, politisch instrumentalisiert zu werden.
Mein Gott, der Niedergang des amerikanischen Geistes. Es gibt ihn wirklich. Zermuerbt und fertig vom Alltag.
Wo ist das grosszuegige, relaxte America meiner Kindheit?