Vier Monate nach Beginn seiner zweiten Amtszeit verschärft Präsident Donald Trump den Ton gegenüber der Justiz drastisch. Seine Regierung und Unterstützer gehen gezielt gegen Richter vor, die seine Maßnahmen blockieren – durch politische Kampagnen, Gesetzesinitiativen und öffentliche Angriffe.
Ein beispielloser Konflikt zwischen Exekutive und Justiz
Trump reagiert zunehmend aggressiv auf gerichtliche Entscheidungen, die seine Einwanderungspolitik und andere Maßnahmen einschränken. Bis Ende April wurden laut Congressional Research Service rund 250 Klagen gegen die Trump-Regierung eingereicht. Mindestens 25 landesweite einstweilige Verfügungen haben seine Vorhaben vorübergehend gestoppt.
Konservative Aktivisten fordern nun:
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Impeachment einzelner Richter, darunter James Boasberg.
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Kürzung des Justizbudgets um 2 Milliarden Dollar.
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Neue Gesetze, die es Bundesrichtern verbieten würden, landesweite Urteile zu erlassen.
Einflussreiche Gruppen wie das „Article III Project“ mobilisieren massiven Druck auf den Kongress, mit zehntausenden Mails, Anrufen und Social-Media-Aktionen.
Verfassungskrise oder notwendige Reform?
Beide Seiten des politischen Spektrums sprechen von einer Verfassungskrise – jedoch mit gegensätzlicher Deutung:
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Kritiker werfen Trump vor, die Gewaltenteilung zu untergraben, indem er Gerichtsentscheidungen missachtet.
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Anhänger sehen eine Justiz, die die Exekutive übergeht und ihre Kompetenzen überschreitet.
Ex-Präsidentenberater Steve Bannon prognostiziert einen „katastrophalen Sommer“ mit einem zentralen Streitpunkt: die Rolle der Gerichte.
Rechtsstaat in Gefahr: Angriffe auf rechtsstaatliche Grundprinzipien
Besonders brisant ist die Diskussion um habeas corpus, das Recht auf gerichtliche Überprüfung von Inhaftierungen. Trumps Stellvertreter Stephen Miller deutete an, dass die Regierung über eine Aussetzung dieses Grundrechts nachdenke – ein Schritt, der laut Verfassung nur im Fall von Aufstand oder Invasion erlaubt ist.
Verfassungsrechtler widersprechen deutlich: Nur der Kongress dürfe dieses Recht aussetzen. Ein Alleingang des Präsidenten wäre verfassungswidrig.
Gerichte wehren sich – und werden angegriffen
Richter berichten von Einschüchterungsversuchen, bis hin zu anonym gelieferten Pizzen an ihre Privatadressen. Der Oberste Richter John Roberts warnte bereits im Dezember vor wachsender Gewalt gegen die Justiz.
Trump beschimpfte das Gerichtssystem am 11. Mai als „radikalisiert und inkompetent“ und verlangt, dass Richter nicht mehr über jeden Fall illegaler Einwanderung entscheiden. Mehrere Urteile von republikanisch ernannten Richtern, darunter auch von Trump selbst eingesetzte, haben seine Maßnahmen jedoch ebenfalls gestoppt.
Ein prominenter Fall: Das Oberste Gericht forderte die Rückführung eines fälschlich abgeschobenen US-Bewohners aus El Salvador – die Trump-Regierung ignorierte das Urteil zunächst.
Ein gefährlicher Präzedenzfall
Ehemalige Bundesrichter wie John Jones III warnen: Wenn die Exekutive anfängt, Entscheidungen der Justiz gezielt zu ignorieren oder sich über sie hinwegzusetzen, steht das System der „checks and balances“ selbst auf dem Spiel.
„Wenn das Weiße Haus eine klare Anordnung des Supreme Court ignoriert, dann befinden wir uns mitten in einer echten Verfassungskrise“, so Jones.
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