In den USA beschäftigt derzeit ein Fall aus dem Bundesstaat Maryland das höchste Gericht des Landes. Eltern verklagen eine Schulbehörde, weil sie ihre Kinder nicht von bestimmten LGBTQ+-inklusiven Kinderbüchern befreien dürfen, die im regulären Unterricht eingesetzt werden.
📚 Worum geht es?
Die Schulbehörde des Bezirks Montgomery County – einem der größten und vielfältigsten in den USA – hat im Schuljahr 2022/23 mehrere Bilderbücher in das Unterrichtsprogramm aufgenommen, die Vielfalt und Inklusion thematisieren. Darunter:
- „Prince & Knight“, in dem sich ein Prinz in einen männlichen Ritter verliebt
- „Uncle Bobby’s Wedding“, das die Hochzeit eines gleichgeschlechtlichen Paares zeigt
- „Pride Puppy“, in dem Kinder mit ihrem Hund eine Pride-Parade besuchen
- „My Rainbow“, über ein transgender Kind und seine Familie
Die Schulen argumentieren, dass diese Bücher nicht sexuelle Inhalte, sondern Respekt und Empathie vermitteln – ganz wie klassische Märchen.
🛐 Warum klagen Eltern?
Einige Eltern sehen in den Büchern einen Verstoß gegen ihre Religionsfreiheit gemäß dem ersten Zusatzartikel der US-Verfassung. Sie stammen unter anderem aus islamischen, katholischen und orthodox-christlichen Familien und fordern das Recht, ihre Grundschulkinder vom Unterricht mit diesen Büchern abmelden zu dürfen, ähnlich wie es bei Sexualkunde in höheren Klassen erlaubt ist.
Als die Schule die Abmeldemöglichkeit wegen organisatorischer Probleme zurückzog (zu viele Abwesenheiten, soziale Ausgrenzung einzelner Kinder), kam es zur Klage.
Ein Elternpaar schreibt:
„Unser Sohn wird durch diese Bücher mit Vorstellungen über Geschlecht und Sexualität konfrontiert, die unseren islamischen Werten widersprechen. Das ist mit unserem Erziehungsauftrag unvereinbar.“
⚖️ Was sagt die Justiz?
Ein Berufungsgericht wies die Klage ab: Allein das Hören anderer Meinungen verletze noch nicht die Religionsfreiheit. Es liege keine Zwangssituation vor.
Die Eltern sehen das anders – sie argumentieren, die Bücher seien faktisch „verpflichtende Lehre“, weil Kinder die vermittelten Botschaften aufnehmen müssten, auch ohne aktive Erklärungen durch Lehrkräfte.
Nun wird der Fall „Mahmoud v. Taylor“ vor dem Supreme Court verhandelt. Eine Entscheidung wird bis Ende Juni 2025 erwartet.
🧠 Worum geht es gesellschaftlich?
- Befürworter der Bücher sagen: Öffentliche Schulen müssen Vielfalt abbilden – auch für Kinder aus LGBTQ+-Familien.
- Kritiker warnen: Ein Urteil zugunsten der Eltern könnte dazu führen, dass jeder Unterricht infrage gestellt wird – von Evolution bis zu Bildern unverschleierter Frauen.
Lehrerverbände, Bildungsexperten und Bürgerrechtsorganisationen wie die ACLU warnen vor einem Dammbruch, der den Alltag an Schulen massiv erschweren könnte.
🔍 Fazit
Der Supreme Court muss entscheiden, wo die Grenze zwischen religiöser Freiheit und Bildungsauftrag liegt. Der Fall steht symbolisch für einen wachsenden kulturellen und politischen Konflikt in den USA:
Wie viel Vielfalt ist zumutbar – und wie viel Ausgrenzung darf religiöse Erziehung verlangen?
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