Zwei Tochtergesellschaften des österreichischen Baukonzerns STRABAG ziehen wegen gescheiterter Offshore-Windkraftprojekte vor Gericht – allerdings nicht in Deutschland, sondern in den USA. Laut Berichten deutscher Medien fordern die Unternehmen rund 335 Millionen Euro Schadenersatz inklusive Zinsen vom deutschen Staat.
Gerichtsverfahren in Washington eingeleitet
Die Erste und Zweite Nordsee-Offshore-Holding GmbH, beide Tochterfirmen von STRABAG, haben ein Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren vor dem Bezirksgericht in Washington, D.C. eingeleitet. Mit diesem Schritt soll ein internationales Urteil durchgesetzt werden, nachdem ein Schiedsgericht der Klage bereits stattgegeben hatte.
Investitionen durch Gesetzesänderungen entwertet
Hintergrund des Rechtsstreits sind mehrere Windparkprojekte in der Nordsee, die durch veränderte gesetzliche und regulatorische Vorgaben zum Scheitern verurteilt gewesen seien. Laut STRABAG seien dadurch die Investitionen der betroffenen Tochterunternehmen „großteils wertlos“ geworden.
Rechtsgrundlage: Energiecharta-Vertrag
STRABAG stützt sich in seiner Klage auf den Energiecharta-Vertrag (ECT), ein seit 1998 bestehendes internationales Abkommen, das Investoren Schutz bei grenzüberschreitenden Energieprojekten bieten soll. Der Vertrag erlaubt es Unternehmen, Staaten vor internationalen Schiedsgerichten zu verklagen.
Bereits im Dezember 2024 hatte das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) STRABAG in einem Schiedsspruch Recht gegeben und Deutschland zur Zahlung von etwa 240 Millionen Euro zuzüglich Zinsen verurteilt.
Juristische Uneinigkeit in Europa
Das deutsche Bundeswirtschaftsministerium hatte sich im Verfahren auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs berufen, wonach der Energiecharta-Vertrag gegen EU-Recht verstoße. Deutschland ist inzwischen aus dem ECT ausgetreten.
Kritik von ATTAC und Forderung nach österreichischem ECT-Ausstieg
Kritik an dem Vorgehen äußerte die NGO ATTAC, die sich gegen die Globalisierung wendet. Die Organisation fordert auch den Austritt Österreichs aus dem Energiecharta-Vertrag – ein Schritt, den die EU bereits im Mai 2024 beschlossen hat. Während Deutschland den Vertrag inzwischen verlassen hat, ist Österreich diesem laut ATTAC bislang nicht gefolgt.
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