Die Britinnen und Briten müssen sich auf eine spürbare Mehrbelastung einstellen. Ein neuer Bericht der Haushaltsbehörde Office for Budget Responsibility (OBR) zeigt, dass die Regierung in London eine der umfangreichsten Steueranhebungen der jüngeren Geschichte vorbereitet. Der Umfang ist bemerkenswert: 26 Milliarden Pfund pro Jahr sollen ab den kommenden Jahren zusätzlich in die Staatskassen fließen – ein Betrag, der alle bisherigen Spar- und Steuerpakete der letzten Dekade in den Schatten stellt.
Steuererhöhungen durch die Hintertür: Das Einfrieren der Freibeträge
Im Zentrum der geplanten Maßnahmen steht eine Taktik, die in Großbritannien längst zum Klassiker geworden ist: das Einfrieren der persönlichen Freibeträge bei der Einkommensteuer. Seit Jahren kritisieren Experten, dass diese „kalte Steuererhöhung“ Millionen Menschen trifft, ohne dass die Regierung offiziell die Steuersätze erhöhen muss.
Der Mechanismus dahinter ist simpel und effektiv:
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Steigen die Löhne leicht,
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bleiben die Freibeträge gleich,
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rutschen Arbeitnehmer unweigerlich in höhere Steuerklassen.
Laut OBR wird dieser Effekt in den kommenden Jahren so stark sein wie seit den 1970er-Jahren nicht mehr. Für viele Familien bedeutet das: Weniger Netto trotz gleicher Lebenshaltungskosten – in Zeiten hoher Inflation besonders schmerzhaft.
Mehr Abgaben auf Glücksspiel: Eine Zielgruppe im Fokus
Ein weiterer Baustein der Steuerpläne betrifft die boomende britische Glücksspielindustrie. Das Land ist einer der weltweit größten Märkte für Online-Betting, Casinos und Sportwetten. Die Regierung will hier die Abgaben anheben – offiziell, um „schädliche Verhaltensweisen einzudämmen“, inoffiziell aber vor allem, um die sprudelnde Einnahmequelle stärker auszuschöpfen.
Verbraucherschützer warnen, dass eine höhere Steuerbelastung auf Glücksspielanbieter erfahrungsgemäß nicht bei den Unternehmen hängen bleibt – sondern indirekt auf die Kunden abgewälzt wird. Besonders Menschen mit geringem Einkommen, die statistisch häufiger spielen, könnten betroffen sein.
E-Autos im Fadenkreuz: Kilometerabgabe ab 2028
Für besonders viel Aufsehen sorgt die geplante Einführung einer kilometerabhängigen Abgabe für Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeuge ab April 2028. Damit hebt Großbritannien erstmals die steuerliche Privilegierung von E-Autos teilweise auf.
Hintergrund ist die schwindende Mineralölsteuer – eine der wichtigsten Einnahmequellen des Staates. Da immer mehr Autofahrer elektrisch unterwegs sind, brechen Milliardenbeträge weg. Mit der neuen Abgabe will die Regierung rund 25 Prozent dieses Einnahmeverlusts ausgleichen.
Die Folgen:
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E-Autos bleiben weiterhin günstiger im Betrieb als Diesel und Benziner,
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aber der Kostenvorteil dürfte deutlich schrumpfen.
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Für Pendler im ländlichen Raum könnte die neue Abgabe besonders teuer werden.
Analysten sprechen bereits von einem „Paradigmenwechsel“ in der Verkehrspolitik – weg von der Förderung, hin zur fiskalischen Neutralität.
Politische Brisanz: Kritik aus allen Lagern
Das Paket setzt die konservative Regierung massiv unter Druck.
Während Schatzkanzler und Premierminister argumentieren, dass eine stabilere Haushaltspolitik essenziell sei, warnen Sozialverbände, Ökonomen und Oppositionspolitiker:
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„Ein massiver Belastungsschub für die arbeitende Mitte“
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„Ein riskantes Spiel in einer fragilen Konjunktur“
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„Ein Schlag ins Gesicht für Menschen, die gerade erst die Inflation verkraftet haben“
Vor allem das Einfrieren der Steuerfreibeträge gilt als politisch heikel – es trifft praktisch alle Erwerbstätigen, auch diejenigen, die bereits jetzt finanziell am Limit sind.
Ein kritisches Fazit
Die geplanten Steuermaßnahmen bedeuten für Millionen Briten eine reale Einkommenssenkung – in einer Zeit, in der viele Haushalte durch Energiepreise, Inflation und stagnierende Löhne ohnehin stark belastet sind.
Für die Regierung bleibt das Dilemma:
Ohne höhere Einnahmen drohen steigende Schulden,
mit höheren Steuern droht politischer Flurschaden.
Sicher ist: Das Vereinigte Königreich steuert auf die umfassendste Steuererhöhungsrunde seit Jahrzehnten zu. Die echte Bewährungsprobe kommt 2028 – wenn sich zeigt, ob die Menschen bereit sind, die Rekord-Abgabenlast mitzutragen.
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