Jahrelang verfolgte Starbucks das Ziel, an jeder Straßenecke in Städten wie New York und Los Angeles präsent zu sein – jetzt ändert sich das grundlegend.
Der einst scheinbar grenzenlose Expansionskurs ist vorbei. Was früher sogar Witzvorlage war – etwa in einer The Onion-Schlagzeile von 1998 („Ein neuer Starbucks eröffnet in der Toilette eines bestehenden Starbucks“) – ist heute eine strategische Sackgasse geworden.
Filialflut wird zur Last
Das Modell, urbane Gegenden zu überfluten, um Berufspendler am Morgen abzufangen, hat sich in Zeiten von Homeoffice, hoher Konkurrenz und steigenden Kosten als problematisch erwiesen. Der neue CEO Brian Niccol, zuvor bei Chipotle, stoppt diesen Kurs. Im Zuge eines 1-Milliarde-Dollar-Umbauprogramms wurden rund 400 Filialen in großen Städten geschlossen.
In New York machte Starbucks 42 Standorte dicht – etwa 12 % aller Filialen in der Stadt. In Los Angeles waren es über 20, weitere Schließungen gab es u. a. in Chicago (15), San Francisco (7) und Minneapolis (6). In Manhattan hat Dunkin’ Starbucks mittlerweile als größte Kette abgelöst.
Rückkehr zur „Third Place“-Philosophie
Niccol will Starbucks als „Third Place“ – Ort zwischen Zuhause und Arbeit – neu erfinden. Dabei prüfte das Unternehmen über 18.000 Standorte in den USA und Kanada und schloss Filialen, die „unterdurchschnittlich performten oder nicht den Markenstandards entsprachen“.
2026 sollen neue Filialen entstehen – auch in Großstädten –, jedoch mit überarbeitetem Design und verbesserter Atmosphäre.
Opfer des eigenen Erfolgs
Starbucks revolutionierte das Kaffeetrinken in den USA. Doch genau das Konzept, für das die Marke einst gefeiert wurde, wird ihr jetzt zum Verhängnis. Kleine Spezialitätenröstereien, Ketten wie Gregory’s oder Joe’s Coffee sowie der Boom von Bubble-Tea- und Smoothie-Läden setzen Starbucks unter Druck.
„Die urbane Konkurrenz ist explodiert“, sagt Arthur Rubinfeld, einstiger Stararchitekt der Starbucks-Expansion. Heute lohne es sich, schwächere Filialen zu schließen – um besser laufende Standorte zu stärken.
Wachstum in Vororten statt Innenstädten
Starbucks richtet den Blick nun stärker auf Vororte: Drive-through-Filialen, niedrigere Löhne und günstigere Mieten versprechen dort mehr Gewinn.
Zusätzlich zu den wirtschaftlichen Faktoren kamen Herausforderungen wie:
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Bevölkerungsrückgang in Städten nach der Pandemie (erst ab 2023 teils umgekehrt)
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Homeoffice-Trend, der Innenstädte entleert
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Sicherheitsprobleme: Starbucks will nicht länger unfreiwillig als öffentliche Toilette fungieren
2022 klagte Ex-CEO Howard Schultz über „eine mentale Gesundheitskrise“ im Land, die sich in den Filialen widerspiegle. Inzwischen gilt: Kein Aufenthalt und keine Toilettennutzung ohne Kauf.
Zwischen Wandel und Unsicherheit
Um das Ruder herumzureißen, renoviert Starbucks 1.000 Filialen – mit Sofas, Tischen und Steckdosen. Doch Analysten warnen: Die Probleme sind tiefergehend.
Sharon Zackfia (William Blair): „Starbucks will zwei Kundengruppen gleichzeitig bedienen – die, die schnell ihren Kaffee holen wollen, und die, die verweilen möchten. Das ist schwer zu balancieren.“
Fazit: Die Neuausrichtung kommt langsamer voran als erhofft. Die Aktie verlor 2025 rund 6 %. Der einst unaufhaltsame Kaffee-Gigant muss sich neu erfinden – fernab der Großstadt, aber mitten in einem kulturellen und strukturellen Umbruch.
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