In Marokko ist es am Montag erneut zu Protesten für umfassende Reformen im Bildungs- und Gesundheitssystem gekommen. Dabei wurden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen Dutzende Demonstrierende festgenommen. Es war bereits der dritte Tag in Folge, an dem in mehreren Städten Kundgebungen stattfanden.
Über 60 Festnahmen allein in Rabat
Der Präsident der Marokkanischen Vereinigung für Menschenrechte (AMDH), Hakim Sikouk, teilte mit, dass es allein in der Hauptstadt Rabat zu „mehr als 60 Festnahmen“ gekommen sei.
Auch in anderen Städten – darunter Casablanca, Agadir, Oujda und Meknès – seien Menschen in Gewahrsam genommen worden. Genaue Zahlen lagen zunächst nicht vor.
Nach Berichten von Beobachtern versuchten die Sicherheitskräfte, die Zusammenkünfte junger Demonstrierender auf öffentlichen Plätzen zu verhindern. Teilweise seien Straßen abgesperrt und Kundgebungen aufgelöst worden.
Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit
Die Demonstrierenden fordern seit Tagen höhere Investitionen in Bildung und Gesundheitsversorgung, mehr Transparenz sowie faire Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte und medizinisches Personal.
Viele junge Menschen beklagen geringe Zukunftsperspektiven, überfüllte Schulen und unzureichende Gesundheitsdienste, insbesondere in ländlichen Regionen. „Wir wollen gleiche Chancen und bessere Lebensbedingungen“, sagte eine Teilnehmerin laut einem Bericht des marokkanischen Nachrichtensenders Le360.
Polizei verhindert Versammlungen
Seit dem Wochenende gehen die Sicherheitskräfte mit großer Präsenz gegen Demonstrationen vor. Sie versuchen, Versammlungen zu verhindern, bevor sich größere Menschenmengen bilden.
Videos in sozialen Medien zeigen, wie Polizisten Gruppen junger Menschen umzingeln und einzelne Personen festnehmen.
Menschenrechtsgruppen werfen der Regierung vor, das Recht auf Versammlungsfreiheit einzuschränken. Das Innenministerium in Rabat äußerte sich bislang nicht offiziell zu den Vorwürfen.
Dritter Protesttag in Folge
Die aktuellen Demonstrationen folgen einer Reihe von sozialen Protesten, die in den vergangenen Monaten in verschiedenen Landesteilen aufgeflammt sind. Auslöser sind steigende Lebenshaltungskosten, geringe Einkommen und anhaltende soziale Ungleichheit.
Dass die Proteste nun bereits den dritten Tag in Folge stattfinden, gilt als ungewöhnlich für das Königreich, in dem öffentliche Kundgebungen häufig kurzzeitig oder lokal begrenzt bleiben.
Menschenrechtsorganisationen fordern Deeskalation
Die AMDH und andere zivilgesellschaftliche Gruppen riefen die Behörden dazu auf, friedliche Proteste zuzulassen und Festgenommene umgehend freizulassen. „Die Menschen haben das Recht, ihre Meinung zu äußern“, sagte AMDH-Präsident Sikouk.
Beobachter sehen in den Protesten ein Anzeichen für eine wachsende soziale Unzufriedenheit, vor allem unter jungen Marokkanerinnen und Marokkanern. Ob die Regierung auf die Forderungen eingeht, ist bislang offen.
Kommentar hinterlassen