Sonstige Entscheidungen 13 Kap 1/16 Porsche Automobil Holding SE, Volkswagen AG

13 Kap 1/​16

18 OH 2/​16 Landgericht Hannover

Beschluss

In dem Musterverfahren

ARFB Anlegerschutz UG (haftungsbeschränkt), vertreten durch den Geschäftsführer Ralf Kathmann, Steinhäuser Straße 20, 76135 Karlsruhe,

Musterklägerin,

Prozessbevollmächtigte:
TILP Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Einhornstraße 21, 72138 Kirchentellinsfurt,
Geschäftszeichen: 900001/​14 TI/​ZwU

gegen

1. Porsche Automobil Holding SE, vertreten durch den Vorstand
Hans Dieter Pötsch (Vorstandsvorsitzender), Dr. Manfred Döss,
Dr. Johannes Lattwein und Lutz Meschke, Porscheplatz 1, 70435 Stuttgart,

2. Volkswagen AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. Oliver Blume, Berliner Ring 2, 38440 Wolfsburg,

Musterbeklagte,

Prozessbevollmächtigte zu 1:
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Hengeler Müller, Bockenheimer Landstraße 24, 60323 Frankfurt,
Geschäftszeichen: 66825785v2; 68238117 vl; 628110206 vl

Prozessbevollmächtigte zu 2:
Göhmann Rechtsanwälte, Ottmerstraße 1 – 2, 38102 Braunschweig,
Geschäftszeichen: 01907-11 BE/​SW

hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Wiese, die Richterin am Oberlandesgericht Dencks und den Richter am Oberlandesgericht Keppler am 20. Februar 2023 beschlossen:

Die Gegenvorstellung der Musterklägerin gegen den Beschluss des Senats vom 20. Dezember 2022 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Gegenvorstellung der Musterklägerin ist unbegründet. Die angegriffene Feststellung unter Rn. 40 des Musterentscheids trifft zu.

1. a) Dem Vortrag der Musterklägerin liegt in der Sache durchgehend zu Grunde, dass sie den fraglichen Beschluss vom 26. Oktober 2008 als solchen nicht bestreitet, sondern sich darauf beruft, dass eine entsprechende Entscheidung in der Sache schon früher getroffen worden sei: Der angebliche Vorstandsbeschluss sei ein reines „Verdeckungsmanöver“ gewesen (Musterklagebegründung Rn. 497), der Beschluss zur Anteilsaufstockung und das Ziel des Abschlusses eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages sei „in der Sache (…) materiell schon längst gefasst“ worden (Musterklagebegründung Rn. 498). Auch mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2017 geht sie ausdrücklich davon aus, dass an „diesem Wochenende“ ein entsprechender Vorstandsbeschluss „getroffen“ wurde (a.a.O., Rn. 170).

b) Dieser Vorstandsbeschluss geht zudem inhaltlich über dasjenige hinaus, was nach dem Vortrag der Musterklägerin in der Sache bereits längst beschlossen gewesen sei. Dass die Ziele bereits früher festgelegt worden seien, steht dem Verständnis des Vortrags der Musterklägerin nicht entgegen, der Vorstand der Musterbeklagten zu 1 habe am 26. Oktober 2008 den näher bezeichneten Beschluss gefasst. Die Musterklägerin und die Beigeladenen haben zwar behauptet, die Musterbeklagte zu 1 habe bereits seit längerem die Absicht gehabt bzw. das Ziel verfolgt, die Beteiligung an der Musterbeklagten zu 2 auf jedenfalls über 75 % der Stammaktien aufzustocken und einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag zu schließen, was unter anderem unter Rn. 53 des Musterentscheids dargestellt ist. Sie haben aber nicht behauptet, dass diese Absicht bereits früher dahingehend konkretisiert gewesen wäre, dass die Beteiligung abhängig von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen noch im Jahr 2009 auf 75 % der Stammaktien erhöht werden sollte. Im Gegenteil haben sie behauptet, die von den Vorständen der Musterbeklagten zu 1 seit Sommer 2008 initiierten Projekte „Shuffle“ und „Blitz“ hätten unter anderem den Zeitpunkt der Anteilsaufstockung und die Überwindung des Widerstands des Landes Niedersachsen gegen einen Beherrschungsvertrag zum Gegenstand gehabt (Musterklagebegründung, Rn. 497 ff.). Andere Überlegungen unter anderem der sog. Pfinztalrunde hätten einen weniger ambitionierten Zeitplan verfolgt (Musterklagebegründung, Rn. 330).

Die mit der Pressemitteilung vom 26. Oktober 2008 kommunizierte Entscheidung hatten die Vorstandsmitglieder der Musterbeklagten zu 1 damit auch nach dem Vortrag der Musterklägerin jedenfalls hinsichtlich der konkreten zeitlichen Umsetzung der Übernahmeabsicht und insbesondere der Anteilsaufstockung als Zwischenschritt dahin nicht „schon lange vor dem 26. Oktober 2008“ getroffen (vgl. näher dazu auch unter Rn. 223 des Musterentscheids).

In dem Musterentscheid ist entsprechender Vortrag ohnehin unter Rn. 217 ff. berücksichtigt.

2. Soweit die beigeladene HWO GmbH mit Schriftsatz vom 14. Juni 2016 (Rn. 159) vorgetragen hatte, der Vorstand der Musterbeklagten zu 1 habe am 26. Oktober 2008 „weder die kommunizierte Zielsetzung, noch die Umsetzung einer solchen Zielsetzung beschlossen“, steht auch dies der getroffenen Feststellung nicht entgegen. Schon die Begründung dieses Vortrags in dem folgenden Absatz verdeutlicht, dass sich auch dieser Vortrag nur auf die allgemeine, vermeintlich bereits am 3. März 2008 festgelegte Zielsetzung und die „Vorbereitung“ ihrer Umsetzung bezog (so ausdrücklich unter Rn. 162).

Bei anderem Verständnis wäre dieser Vortrag im Übrigen durch den dann insoweit abweichenden Vortrag der Musterklägerin in der Musterklagebegründung überholt, bzw. wegen Widerspruchs hierzu nach § 14 Satz 2 KapMuG unbeachtlich.

Nichts anderes folgt aus dem Vortrag der beigeladenen HWO GmbH mit Schriftsatz vom 10. Juli 2017 unter Rn. 135 ff.

 

Wiese                      Dencks                      Keppler

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