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Russland zeigt Härte: Fünf Jahre Straflager für Wahlbeobachtung – denn Transparenz geht ja mal gar nicht

OpenClipart-Vectors (CC0), Pixabay
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Man stelle sich vor: Da geht einer hin, beobachtet Wahlen, dokumentiert, was schief läuft, und macht dann auch noch den Fehler, das öffentlich zu sagen. In Russland eine glatte Provokation! Grigori Melkonjanz, ein international bekannter Wahlbeobachter und Kovorsitzender der Organisation Golos, muss nun fünf Jahre im Straflager verbringen – denn Wahlbeobachtung ist schließlich kein Kavaliersdelikt.

Richterin Jewgenija Nikolajewa war da ganz im Sinne der Staatsmacht konsequent: Die Gründung und Mitarbeit bei einer „unerwünschten Organisation“ sei eben kein Spaß. Schließlich haben Wahlen in Russland gefälligst reibungslos und ohne neugierige Blicke abzulaufen – oder zumindest so auszusehen.

Der Verbrecher: Ein Mann, der die Wahrheit sagte

Melkonjanz‘ Verbrechen? Er hat den Fehler gemacht, den Job seiner Wahlbeobachterorganisation Golos ernst zu nehmen. Diese 2000 gegründete NGO hat sich den Luxus erlaubt, Wahlmanipulationen öffentlich zu machen. So etwas kommt in Russland natürlich nicht gut an – schließlich könnten die Menschen ja anfangen zu glauben, dass nicht immer alles nach Plan läuft.

Die Staatsanwaltschaft wollte sogar sechs Jahre Haft – vermutlich als Belohnung für die Dreistigkeit, in einem Land, in dem Wahlen fast so zuverlässig sind wie die Moskauer Staus, die Finger in die Wunde zu legen. Melkonjanz blieb trotz der Urteilsverkündung gefasst und rief seinen Unterstützern zu:

„Ich verzage nicht, verzagt ihr auch nicht.“

Tja, vielleicht hätte er einfach statt Wahlbeobachtung eine eigene Reality-Show über die russische Demokratie drehen sollen – mit einem Titel wie „Putins Wahllotto: Die Kugel fällt, die Wahl steht!“

Golos: Der unbequeme Beobachter

Golos ist seit über 20 Jahren ein Dorn im Auge der russischen Regierung – allein schon, weil die Organisation sich die Frechheit herausnimmt, Wahlen ernsthaft beobachten zu wollen. Dafür wurde sie prompt als „ausländischer Agent“ eingestuft – eine Etikette, die in Russland mehr über die Regierung aussagt als über die betroffenen NGOs.

Als besonders dreist gilt wohl die Tatsache, dass Melkonjanz auch noch mit dem europäischen Wahlbeobachternetzwerk ENEMO zusammengearbeitet hat. Das steht nämlich auf der schwarzen Liste. Wer hätte gedacht, dass der Austausch mit internationalen Kollegen in Russland als staatsgefährdend gilt?

Putin: „Wahlbeobachtung? Das geht zu weit!“

Offenbar herrscht im Kreml die Überzeugung, dass Wahlen ein bisschen wie Überraschungseier sind: Man weiß nie, was drin ist – und genau das soll auch so bleiben. Dass Melkonjanz sich da einmischt, ist ungefähr so willkommen wie ein Westimport auf dem Roten Platz.

Man könnte meinen, die russische Regierung hält Wahlbeobachter inzwischen für gefährlicher als Oppositionspolitiker – schließlich könnten sie ja tatsächlich aufdecken, dass nicht immer alles ganz koscher abläuft.

Straflager statt Transparenz

Melkonjanz sitzt seit Mitte 2023 in Untersuchungshaft – und da die Zeit dort im Verhältnis eins zu eineinhalb angerechnet wird, muss er „nur noch“ 2,5 Jahre im Straflager verbringen. Man kann fast erleichtert sein: Die russische Justiz hat ja bekanntlich ein Herz für effiziente Strafumsetzung.

Die Botschaft ist klar: Wer in Russland die Wahrheit über Wahlen ans Licht bringt, landet schneller im Straflager, als ein Wahlprotokoll geschönt werden kann. Und Golos? Die werden wohl weiter im Visier bleiben – schließlich könnte die Organisation ja auf die irrige Idee kommen, weiterhin auf die Einhaltung demokratischer Standards zu pochen.

Man kann sich gut vorstellen, wie die nächste Wahl in Russland abläuft:

  • Kandidaten? Unbekannt.

  • Wahlbeteiligung? Über 100 Prozent.

  • Wahlsieger? Überraschung: Putin.

  • Wahlbeobachter? Im Straflager.

Transparenz ist eben nur dann willkommen, wenn sie die vorgegebene Wahrheit bestätigt – alles andere ist dann doch etwas zu demokratisch für die russische Realität.

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